Gesetzestext
(1) Haben die Ehegatten den Bestand und den Wert des einem Ehegatten gehörenden Anfangsvermögens und der diesem Vermögen hinzuzurechnenden Gegenstände gemeinsam in einem Verzeichnis festgestellt, so wird im Verhältnis der Ehegatten zueinander vermutet, dass das Verzeichnis richtig ist.
(2) 1Jeder Ehegatte kann verlangen, dass der andere Ehegatte bei der Aufnahme des Verzeichnisses mitwirkt. 2Auf die Aufnahme des Verzeichnisses sind die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften des § 1035 anzuwenden. 3Jeder Ehegatte kann den Wert der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen.
(3) Soweit kein Verzeichnis aufgenommen ist, wird vermutet, dass das Endvermögen eines Ehegatten seinen Zugewinn darstellt.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Norm beinhaltet im Wesentlichen eine Beweislastregel. IÜ will sie die Eheleute bewegen, eine gemeinsame Inventarisierung der in die Zugewinngemeinschaft eingebrachten Sachen vorzunehmen, um spätere Beweisprobleme zu vermeiden.
B. Verzeichnis über das Anfangsvermögen.
Rn 2
Um die Wirkung des I auszulösen, sind die am Stichtag vorhandenen Vermögensgegenstände gemeinsam aufzulisten und zu bewerten. Dasselbe gilt für die nach § 1374 II im Wege privilegierten Erwerbs hinzu gekommenen Vermögenswerte, die mit Angabe des Tages der Aufnahme in das Vermögen aufzunehmen und zu bewerten sind. Fehlt es an einer Auflistung der einzelnen Vermögensgegenstände, liegt kein wirksames Verzeichnis nach I vor, möglicherweise aber eine Vereinbarung über den Wert des Anfangsvermögens. Ist nur der Bestand ohne Angabe der Werte aufgelistet, bezieht sich die Vermutung nur auf diesen. Wie die Aktiva sind auch die Verbindlichkeiten als den Wert des Anfangsvermögens bestimmend mit aufzulisten. Sind sie im Verzeichnis nicht enthalten, wird vermutet, dass keine Verbindlichkeiten bestanden.
Rn 3
Aus der Verweisung auf § 1035 folgt, dass für die Wirksamkeit des Verzeichnisses dessen Unterzeichnung durch beide Ehegatten oder die Aufnahme durch einen Notar erforderlich ist. Anzugeben ist auch das Datum.
Rn 4
Jeder Ehegatte ist verpflichtet, an der Aufstellung des Verzeichnisses über das jeweils eigene Vermögen mitzuwirken, wobei ihm die Möglichkeit der Einsichtnahme in die vorhandenen Belege gegeben werden muss (Staud/Thiele Rz 5). Auch hat jeder Ehegatte ein berechtigtes Interesse an Einsicht in die Grundakten des anderen (LG Stuttgart NJW-RR 96, 532). Vollstreckt wird der Mitwirkungsanspruch gem §§ 95 I FamFG, 888 ZPO.
Rn 5
Nach II 3 kann jeder Ehegatte den Wert der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten durch Sachverständige feststellen lassen, wobei derjenige die dafür notwendigen Kosten trägt, der diese Form der Wertermittlung beansprucht (Naumbg OLGR 01, 34; Karlsr FamRZ 81, 458 [OLG Karlsruhe 12.02.1981 - 16 UF 218/80]).
C. Wirkung des Verzeichnisses und Beweislast.
Rn 6
Die Vermutung des I gilt nur zwischen den Eheleuten und ggf deren Erben (BGH FamRZ 02, 606), nicht auch ggü Dritten. Bestreitet ein Ehegatte die Richtigkeit des Verzeichnisses, trägt er die Beweislast für die Unrichtigkeit (§ 293 ZPO). Ein fehlendes Verzeichnis begründet die Vermutung, dass weder positives noch negatives Anfangsvermögen vorhanden war. Jeder Ehegatte hat deshalb für sich selbst das Vorhandensein und den Wert seines Anfangsvermögens zu beweisen (BGH FamRZ 91, 1166), der jeweils andere das Vorhandensein negativen Anfangsvermögens (Hambg FamRZ 15, 749). Etwas anderes gilt nur dann, wenn es dem anderen Beteiligten aufgrund besserer Kenntnisse, deren Offenbarung ihm zumutbar ist, unschwer möglich wäre, die Beweisschwierigkeiten zu beheben (BGH FamRZ 02, 606). Behauptet ein Ehegatte, dass das Anfangsvermögen des anderen mit Verbindlichkeiten belastet war, hat der andere deren Fehlen zu beweisen (Karlsr FamRZ 86, 1105). Die substantiierte Behauptung eines negativen Anfangsvermögens des anderen Ehegatten löst dessen sekundäre Darlegungslast aus, so dass es nunmehr ihm obliegt, zu seinen Belastungen vorzutragen. Bleibt ungeklärt, ob negatives Anfangsvermögen vorhanden war, geht dies zu Lasten des behauptenden Ehegatten (BGH FamRZ 03, 1544).