Gesetzestext
(1) 1Auf die Ausgleichsforderung eines Ehegatten wird angerechnet, was ihm von dem anderen Ehegatten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet ist, dass es auf die Ausgleichsforderung angerechnet werden soll. 2Im Zweifel ist anzunehmen, dass Zuwendungen angerechnet werden sollen, wenn ihr Wert den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigt, die nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich sind.
(2) 1Der Wert der Zuwendung wird bei der Berechnung der Ausgleichsforderung dem Zugewinn des Ehegatten hinzugerechnet, der die Zuwendung gemacht hat. 2Der Wert bestimmt sich nach dem Zeitpunkt der Zuwendung.
A. Allgemeines.
Rn 1
Unentgeltliche Zuwendungen unter Ehegatten sind idR für einen später durchzuführenden Zugewinnausgleich ohne Bedeutung, weil der Erhöhung des Endvermögens des Zuwendungsempfängers eine entspr Reduzierung desjenigen des Zuwendenden ggü steht. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn einer der Ehegatten nur Verluste erwirtschaftet hat, die einen Zugewinn nicht darstellen (§ 1373 Rn 2), so dass die Zuwendung unberücksichtigt bliebe. Ähnliches gilt, wenn der Zugewinn die Höhe der Zuwendung nicht erreicht. Die Norm hat deshalb Bedeutung dann, wenn die Zuwendung sich mangels positiven Zugewinns iÜ im Zugewinnausgleich nicht oder nicht vollständig neutralisieren würde.
Rn 2
Die Regelung des I 1 ist nicht abdingbar (Staud/Thiele Rz 31). Im Falle beiderseitiger Zuwendungen dürfte es richtig sein, den Saldo zwischen beiden dann nach § 1380 anzurechnen, wenn der Ehegatte mit den höheren Zuwendungen ausgleichspflichtig ist (Schulz/Hauss Kap. 1 Rz 841).
B. Begriff der Zuwendung.
Rn 3
Zuwendungen iSd Norm sind nur rechtsbeständige unentgeltliche, die den Wert von Gelegenheitsgeschenken übersteigen (Köln FamRZ 98, 1515), auch solche, die dem anderen als Anerkennung und Ausgleich für familiäre Leistungen gegeben sind (BGH FamRZ 01, 413), auch die Freistellung von Lasten (BGH FamRZ 82, 246). Ausreichend ist, wenn ein Ehegatte dem anderen den Vorteil mittels eines Dritten verschafft. Verfügungen von Todes wegen bleiben aber wegen § 1371 II außer Betracht (Staud/Thiele Rz 7). Die Unterscheidung zwischen unbenannter Zuwendung und echter Schenkung spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle (BGH FamRZ 83, 351 [BGH 24.02.1983 - IX ZR 42/82]; 82, 246).
Rn 4
Nicht anzurechnen sind nicht beständige Zuwendungen, wie Schenkungen, die wirksam widerrufen wurden oder kondizierte oder nach § 313 zurückgeforderte ehebedingte Zuwendungen, weil dem Ehegatten durch sie letztlich kein Vermögensvorteil verschafft wird. Dasselbe gilt für entgeltliche Leistungen, auch wenn die Gegenleistung gering ist (Staud/Thiele Rz 8). Anderes gilt dagegen für gemischte Schenkungen, für die nur der geschenkte Anteil Zuwendung ist (München FamRZ 87, 67). Wird eine Zuwendung von einem gemeinsamen Konto bezahlt, ist nur der auf den Zuwendenden entfallende Anteil anzurechnen (Köln FamRZ 98, 1514).
Rn 5
Vorausempfänge sind nur freiwillige Leistungen, wie die Übertragung von Anrechten an einem Wertpapierkonto (Karlsr FamRZ 03, 361), aber auch freiwillige, nach § 1360b nicht zurückzufordernde Unterhaltsleistungen, da das Gesetz die Anrechnung nicht auf Leistungen, die der Vermögensbildung dienen, beschränkt (BGH FamRZ 83, 351 [BGH 24.02.1983 - IX ZR 42/82]).
Rn 6
Die Zuwendung muss während des gesetzlichen Güterstandes erfolgt sein, wobei dessen Ende mit den Stichtagen nach §§ 1384, 1387, also dem Tag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages, angenommen wird (MüKo/Koch Rz 11). Für vor der Ehe getätigte Zuwendungen kommt eine Anrechnung nicht in Betracht. Erfolgt die Zuwendung nach der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages, wird sie im Regelfall als Leistung auf die Zugewinnausgleichsforderung an Erfüllung statt anzusehen sein (Staud/Thiele Rz 11).
Rn 7
Ein Vorausempfang ist nur zu berücksichtigen, wenn er vom Ausgleichspflichtigen geleistet wurde. Stammt er vom Ausgleichsberechtigten, kann ein Ausgleich nur nach den allg Regeln der §§ 1372 ff erfolgen, weil er schon begrifflich nicht von einer Ausgleichsforderung abgesetzt werden kann (BGH FamRZ 82, 778).
C. Anrechnung.
Rn 8
Die nach I 1 erforderliche Zuwendungsbestimmung ist ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft, das mindestens zeitgleich mit der Zuwendung als solcher erfolgen muss (hM: Schulz/Hauss Kap 1 Rz 825). Die rechtzeitige Zuwendungsbestimmung bedarf keiner Form und kann konkludent erfolgen. Erfolgt die Zuwendung zum erklärten Zweck der Vermögensauseinandersetzung nach dem Scheitern der Ehe, ist hierin die stillschweigende Bestimmung zu sehen, dass eine Anrechnung auf die Ausgleichsforderung erfolgen soll, wenn der Zuwendungsempfänger nach der Ehe Zugewinnausgleich beansprucht (BGH FamRZ 01, 757).
Rn 9
Nach erfolgter Zuwendung können sich die Ehegatten auch noch dahingehend einigen, dass eine Zuwendung als Vorausempfang angerechnet werden soll, aber nur in der Form eines Ehevertrages, da durch diese Einigung die Zugewinnausgleichsforderung unmittelbar berührt wird (Grüneberg/Brudermüller Rz 6; Schulz/Hauss Kap. 1...