Rn 15
Die aus einer anderen Rechtsnorm resultierende Nichtigkeit muss sich auf einen abtrennbaren Teil des Rechtsgeschäfts beziehen. Erforderlich ist ein teilbares Rechtsgeschäft. Teilbarkeit liegt vor, wenn der nach Entfernung (›Herausstreichen‹) des nichtigen Teils verbleibende Rest als selbstständiges Rechtsgeschäft bestehen kann (BGH NJW 62, 913 [BGH 09.02.1962 - IV ZR 90/61]; 96, 774 [BGH 11.10.1995 - VIII ZR 25/94]; 01, 817 [BGH 14.11.2000 - XI ZR 248/99]). Für den fortbestehenden Teil müssen der Rechtsbindungswille (BGH NJW 99, 351 [BGH 13.11.1998 - V ZR 379/97]) und die essentialia negotii gegeben sein. Eine Teilbarkeit ist grds anzunehmen, wenn der Nichtigkeitsgrund einen unwesentlichen Teil des Rechtsgeschäfts oder ein zusammengesetztes Rechtsgeschäft betrifft (Staud/Roth Rz 60).
Rn 16
Eine objektive Teilbarkeit besteht, wenn einzelne Bestimmungen eines Rechtsgeschäfts unwirksam sind und die wirksamen Regelungen als selbstständiges Rechtsgeschäft existenzfähig wären (BGH NJW 96, 774 [BGH 11.10.1995 - VIII ZR 25/94]). Denkbar ist dies bei einer nichtigen Gewährleistungs- (Erman/Arnold Rz 18) oder Schiedsklausel (BGH DB 84, 825), aber auch einer wirksamen Gerichtsstandsklausel (RGZ 87, 10), bei einem gesellschaftsrechtlichen Ausschließungsrecht (BGHZ 105, 221; 107, 357) oder bei einer gemischten Schenkung mit einem formnichtigen unentgeltlichen und einem entgeltlichen Teil (RGZ 148, 240), bei wirksamen Mieterhöhungsverlangen über einzelne von mehreren trennbaren Baumaßnahmen (BGH NZM 20, 795 [BGH 17.06.2020 - VIII ZR 81/19]). Überschreitet ein Vertreter seine Vertretungsmacht, kann der Vertrag in einen durch die Vollmacht gedeckten und einen ungedeckten Teil zerlegt werden (BGH NJW 70, 241 [BGH 29.10.1969 - VIII ZR 202/67]; Soergel/Hefermehl Rz 26). Einzelne Gebühren eines Erfolgshonorars, die von einer einheitlichen Erfolgsvoraussetzung abhängen, sind nicht teilbar (BGH NJW 09, 3297 [BGH 23.04.2009 - IX ZR 167/07] Tz 17).
Rn 17
Von einer subjektiven Teilbarkeit wird ausgegangen, wenn am Rechtsgeschäft zumindest auf einer Seite mehrere Personen beteiligt sind und der Nichtigkeitsgrund nur im Verhältnis zu einzelnen Personen vorliegt (BGH NJW 70, 753 [BGH 29.01.1970 - VII ZR 34/68]; 01, 3328). Teilbarkeit besteht bei einem Gesamtschuldverhältnis (RGZ 99, 53 ff; Karlsr NJW-RR 91, 948 [OLG Karlsruhe 03.08.1990 - 10 U 168/89]), bei Mitbürgen (RGZ 138, 272) oder einer Bürgschaft zugunsten mehrerer Gläubiger (BGH NJW 01, 3328f [BGH 12.07.2001 - IX ZR 358/00]), ebenso bei einer Forderungsabtretung durch Gesamtgläubiger (BGH NJW-RR 87, 1260 [BGH 25.06.1987 - IX ZR 199/86]) und bei einem Prozessvergleich (RGZ 141, 108). Eine Teilbarkeit besteht, wenn ein Vertrag im eigenen Namen und zugleich als vollmachtsloser Vertreter im fremden Namen geschlossen wird (BGH NJW 70, 241). Dagegen ist § 139 unanwendbar, wenn die Erklärung eines Gesamtvertreters nichtig ist (BGHZ 53, 214f), mehrere Miteigentümer einer Bruchteilsgemeinschaft bzw Miterben über das Eigentum als Ganzes verfügen (BGH NJW 94, 1471) oder die Zustimmung des Vermieters zum Mieterwechsel angefochten wird (BGH NJW 98, 533 [BGH 03.12.1997 - XII ZR 6/96]).
Rn 18
Quantitative Teilbarkeit liegt bei einer Verkürzung der vereinbarten Vertragsdauer in entspr Anwendung von § 139 vor, so bei einem Bierbezugsvertrag (BGH NJW 85, 2695 [BGH 27.02.1985 - VIII ZR 85/84]), einem Wettbewerbsverbot bzw einer Mandatsschutzklausel (BGH NJW 91, 700 [BGH 25.10.1990 - IX ZR 13/90]; aber 97, 3089), einer überlangen individuellen Staffelmietlaufzeit (BGH NJW 06, 2697), Hinauskündigungsfrist (BGH NJW-RR 07, 1256 Tz 24) sowie der Ankaufverpflichtung eines Erbbaurechts (BGHZ 68, 5); außerdem bei einer Begrenzung des Leistungsumfangs (BGH DB 83, 1812). Sittenwidrige Klauseln sind grds nichtig (BGH NJW 09, 1135 Tz 14, Ausnahme erkennbarer Parteiwille). Auf ein sittenwidrig überhöhtes Entgelt, ist § 139 unanwendbar (BGHZ 68, 207; NJW 01, 817). Eine geltungserhaltende Reduktion ist hier unzulässig (aA Staud/Roth Rz 70). Keine quantitative Teilbarkeit, aber geltungserhaltende Reduktion bei überlanger Frist zur gesellschaftsrechtlichen Ausschließung (Frankf NJW-RR 06, 406).