Rn 10
Neben den allgemeinen Grenzen der Vertragsfreiheit (§§ 134, 8 VersAusglG) ist danach iRd Wirksamkeitskontrolle anhand des § 138 zu prüfen, ob zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses iRe Gesamtschau eine Zwangslage in objektiver und subjektiver Hinsicht (konkrete subjektive Unterlegenheit in der Form einer stark ausgeprägten wirtschaftlichen und sozialen Abhängigkeit) gegeben war. Dabei kann der Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch durchaus nach Eheschließung liegen (Karlsr FamRZ 21, 1526). Die objektive Zwangslage kann aus der evident einseitigen, durch die individuelle Lebensplanung nicht gerechtfertigten Lastenverteilung folgen, in subjektiver Hinsicht kann sich die Imparität durch Ausnutzung der sozialen und wirtschaftlichen Abhängigkeit ergeben; auch dann, wenn die einzelnen Regelungen noch wirksam sind, kann der Ehevertrag sich nach einer Gesamtwürdigung als sittenwidrig erweisen (BGH FamRZ 18, 577; 17, 884; 05, 1444; 05, 1567; 06, 1034; 07, 1310), weil das Zusammenwirken aller im Vertrag enthaltenen Regelungen erkennbar auf die einseitige Benachteiligung eines Ehegatten hinweisen. Neben den objektiven ist auch auf die subjektiven Voraussetzungen abzustellen, wobei für die Annahme der Sittenwidrigkeit spricht, wenn der benachteiligte Ehegatte keinen Einfluss auf die Gestaltung des Vertrages hatte und bestehender zeitlicher Druck ausgenutzt wird (BGH FamRZ 17, 884). Allein der Umstand, dass eine Ehe nur unter der Bedingung des Abschlusses eines Ehevertrages geschlossen wird, begründet auch bei einem Einkommensgefälle nicht ohne Weiteres den Schluss auf gestörte Vertragsparität (BGH FamRZ 18, 577; Brandbg MittBayNot 19, 591). Es ist stets auf die individuellen Verhältnisse bei Vertragsschluss losgelöst von der künftigen Entwicklung der Eheleute abzustellen, insb auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse, den geplanten und bereits verwirklichten Zuschnitt der Ehe sowie die Auswirkungen der Regelung auf Ehegatten und Kinder, sowie subjektiv auf die von den Ehegatten verfolgten Zwecke und ihre sonstigen Beweggründe (BGH FamRZ 13, 195). Der Betreuungsunterhalt ist zwar einer vertraglichen Regelung am wenigsten zugänglich, doch ist der Verzicht auf ihn für sich genommen noch nicht sittenwidrig, so wenn sich bei Abschluss des Vertrages noch kein Kinderwunsch oder die Tendenz zu einer Alleinverdienerehe abzeichnet (BGH FamRZ 13, 195), ein Anspruch nach § 1570 ohnehin nicht gegeben wäre und der weitgehende Ausschluss des Unterhaltsanspruchs dem gelebten Ehetyp entspricht (Jena NJW-RR 10, 649). Die kompensationslose Beschränkung des Betreuungsunterhalts auf das Existenzminimum führt allerdings dann zur Nichtigkeit, wenn ein Kinderwunsch nicht auszuschließen war und die Einschränkungen aufgrund der Kinderbetreuung nur einen Ehegatten treffen sollten (Celle FamRZ 19, 356); entspr gilt für zeitliche und betragsmäßige Beschränkungen des nachehelichen Betreuungsunterhalts, wenn sie weder eine Indexklausel enthalten noch an Zahl und Alter der Kinder orientiert sind (Celle, NZFam 21, 591).
Rn 11
Der Anspruch auf Unterhalt wegen Alters oder Krankheit ist zwar auch dem Kernbereich der Scheidungsfolgen zuzurechnen, doch begegnet der Verzicht auf ihn für sich genommen regelmäßig keinen Bedenken, weil bei Vertragsschluss zumeist noch nicht absehbar ist, ob, wann und unter welchen Gegebenheiten ein Ehegatte wegen Krankheit oder Alters unterhaltsbedürftig wird (BGH FamRZ 13, 195). Dasselbe gilt für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs (BGH aaO), der zB dann nicht unwirksam ist, wenn der Begünstigte bei Vertragsschluss eine eigene hinreichend sichere Altersversorgung hat (Brandbg NZFam 16, 897) oder wenn zwischen den Ehegatten zwar ein deutliches Einkommensgefälle bestand, die wirtschaftlich schwächere Ehefrau auf Grund ihrer Erwerbstätigkeit aber wirtschaftlich abgesichert war und eine ausreichende Kompensation durch Lebensversicherungen erfolgt (KG FamRZ 17, 791).
Rn 12
Auch eine objektiv einseitige und durch die ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigte Lastenverteilung muss dann nicht zur Sittenwidrigkeit führen, wenn keine Störung der subjektiven Vertragsparität festgestellt werden kann (Karlsr FamRZ 15, 500). Das Gesetz kennt keinen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen (BGH FamRZ 13, 269; 04, 601; 07, 1309), weshalb aus dem objektiven Zusammenspiel einseitig belastender Regelungen nicht ohne weiteres auf eine verwerfliche Gesinnung des begünstigen Ehegatten geschlossen werden kann. Ein objektiv unausgewogener Vertragsinhalt begründet zwar ein gewisses Indiz für eine unterlegene Verhandlungsposition, doch begründet sie keine tatsächliche Vermutung für die subjektive Seite (BGH FamRZ 13, 195; 09, 198). Hinzukommen müssen vielmehr außerhalb der Vertragsurkunde liegende Umstände, die auf eine soziale oder wirtschaftliche Abhängigkeit schließen lassen (BGH FamRZ 09, 1041 bei kompensationslosem Verzicht auf Versorgungsausgleich durch schwangere Ehefrau; FamRZ 05, 1444; FamRZ 05, 691; FamRZ 06, 1097...