Gesetzestext
(1) Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern.
(2) Schließen die Ehegatten in einem Ehevertrag Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich, so sind insoweit die §§ 6 und 8 des Versorgungsausgleichsgesetzes anzuwenden.
A. Allgemeines.
Rn 1
Eheverträge sind Rechtsgeschäfte zwischen Verlobten oder Eheleuten zur Regelung ihrer güterrechtlichen Verhältnisse, deren Zustandekommen sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 145 ff richtet (BGH FamRZ 11, 1495). Sie können mit Rücksicht auf die geplante oder bestehende Ehe getroffen werden. Mit ihnen können die sich aus dem Gesetz ergebenden familienrechtlichen Folgen modifiziert oder ausgeschlossen werden. Die Verträge können Regelungen zum Inhalt haben, die die Ehezeit umfassen. Es können aber auch Regelungen für die Trennungszeit oder Scheidungsfolgenvereinbarungen getroffen werden. Zeitlich können sie vor, zu Beginn oder während der Ehe, auch in einer ehelichen Krisensituation oder im Hinblick auf eine bevorstehende Ehescheidung geschlossen werden.
Rn 2
Wird der Vertrag vor der Eheschließung abgeschlossen, kann er mit einem Partnerschaftsvertrag zur Regelung der vermögensrechtlichen Vorgänge vor der Ehe verbunden werden. Während einer ehelichen Krisensituation oder im Hinblick auf eine bevorstehende Ehescheidung können Trennungsvereinbarungen zur Regelung des Unterhalts, der Nutzung der ehelichen Wohnung oder einzelner Vermögensgegenstände getroffen werden. Scheidungsfolgenvereinbarungen sind nach dem FamFG nicht Voraussetzung für eine einvernehmliche Scheidung (§§ 133, 134 FamFG).
Rn 3
Inhaltlich kann sich die Vertragsgestaltung auf die güterrechtlichen Verhältnisse einschl der Vermögensverwaltung, den Versorgungsausgleich, die allg Ehewirkungen oder die gesetzliche Unterhaltspflicht beziehen. Möglich ist auch die Verbindung von Ehevertrag und Erbvertrag (§ 2276 II).
Rn 4
Im Allg werden alle Vereinbarungen der genannten Art Eheverträge genannt (FAFamR/Bergschneider Kap 12 Rz 4). Nach der Legaldefinition des I liegt ein Ehevertrag aber nur dann vor, wenn durch ihn die güterrechtlichen Verhältnisse geregelt werden oder eine Vereinbarung zum Versorgungsausgleich getroffen wird (II). Die Wirksamkeit eines Ehevertrags kann im familiengerichtlichen Verfahren mit einem Zwischenfeststellungsantrag geklärt werden (BGH FamRZ 24, 512).
B. Wirksamkeit von Eheverträgen im Allgemeinen.
I. Formbedürftigkeit.
Rn 5
Formlos möglich sind Vereinbarungen über den Familienunterhalt (§ 1360), über die scheidungsbedingte Auseinandersetzung gemeinschaftlichen Vermögens, solange nicht im Einzelfall gesetzliche Formvorschriften zu beachten sind, zB § 311b (Ddorf FamRZ 01, 765), die Erteilung der nach §§ 1365, 1369, 1423–1425 erforderlichen Zustimmung zu Verfügungen des anderen sowie solche Vereinbarungen, die auch mit Dritten formlos möglich wären (zB Rückabwicklung von Zuwendungen, gesellschaftsrechtliche, arbeitsrechtliche Regelungen).
Rn 6
Formbedürftig sind dagegen die Regelung der Unterhaltspflicht nach Ehescheidung, die vor der Scheidung getroffen wird (§ 1585c), der güterrechtlichen Verhältnisse (§§ 1408 I, 1410), über den Versorgungsausgleich (§§ 1408 II, 1410, 7 VersAusglG), hinsichtlich Ausschluss oder Einschränkung der Überlassung der Vermögensverwaltung (§ 1413) sowie über den Zugewinnausgleich während eines Ehescheidungsverfahrens (§ 1378 III 2, vgl dort Rn 12 ff), auch in Form eines konstitutiven oder deklaratorischen Schuldanerkenntnisses (Hamm FamFR 13, 511). Die Abänderung eines wirksamen formbedürftigen Ehevertrages ist selbst formbedürftig, auch dann, wenn der Regelungsgegenstand als solcher keinen Formvorschriften unterliegt; Nichtbeachtung führt gem § 139 zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages (Bremen FamRZ 11, 304). Als Folge der Formbedürftigkeit können außerhalb der Vertragsurkunde liegende, eine ergänzende Vertragsauslegung rechtfertigende Umstände nur berücksichtigt werden, wenn der von einem Vertragspartner behauptete rechtsgeschäftliche Wille der Beteiligten in der formgerechten Urkunde einen wenn auch nur unvollkommenen oder andeutungsweisen Ausdruck gefunden hat, sog ›Andeutungstheorie‹ (BGH NJW-RR 02, 1513 [BGH 29.05.2002 - XII ZR 263/00]; Brandbg 19.2.21 – 13 UF36/20, juris).
II. Vertragsfreiheit und deren Einschränkung.
Rn 7
Auch für Eheverträge gilt der aus der Privatautonomie (Art 2 GG) abgeleitete Grundsatz der Vertragsfreiheit. Bei familienrechtlichen Verträgen besteht deshalb keine lediglich auf die Einseitigkeit der Lastenverteilung gegründete tatsächliche Vermutung für die subjektive Seite der Sittenwidrigkeit (BGH 21.11.12 – XII ZR 48/11 = FamRZ 13, 269; Frankf 21.10.22 – 8 UF 170/20, juris). Der Grundsatz der Vertragsfreiheit wird jedoch durch den Grundsatz der nachehelichen Solidarität (§ 1353) eingeschränkt. Veranlasst durch die Rspr des BVerfG (FamRZ 01, 343; FamRZ 01, 985) hat der BGH Prüfkriterien zur Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle aufgestellt (BGH FamRZ 04, 531). Diese sind auch auf Scheidungsfolgenvereinbarungen (Jena FamRZ 07, 2079) und alt...