Gesetzestext
Haben die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand ausgeschlossen oder geändert oder haben sie eine Vereinbarung über den Güterstand aufgehoben oder geändert, so können sie hieraus einem Dritten gegenüber Einwendungen
1. |
gegen ein Rechtsgeschäft, das zwischen einem der Ehegatten und dem Dritten vorgenommen worden ist, nur herleiten, wenn das Vorhandensein eines Ehevertrages dem Dritten bei Vornahme des Rechtsgeschäfts bekannt gewesen oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, oder |
2. |
gegen ein rechtskräftiges Urteil, das zwischen einem der Ehegatten und dem Dritten ergangen ist, nur herleiten, wenn das Vorhandensein eines Ehevertrages dem Dritten bei dem Eintritt der Rechtshängigkeit des Rechtsstreits bekannt gewesen oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. |
A. Allgemeines.
Rn 1
Da durch Eheverträge die Verpflichtungs- und Verfügungsbefugnisse der Ehegatten, ihre Haftung für Verbindlichkeiten und sogar die dingliche Zuordnung von Vermögensgegenständen berührt sein können, können sie Auswirkungen auch auf das Außenverhältnis zu Dritten haben, weshalb es des Schutzes dieser Dritten bedarf.
Rn 2
Die Vorschrift wurde aufgrund des Gesetzes zur Abschaffung des Güterrechtsregisters und zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes vom 31.10.22 (BGBl. I S 1966), in Kraft getreten am 1.1.23 geändert. Nach dem mit der Gesetzesänderung beschlossenen Wegfall des Güterrechtsregisters fällt auch der durch die Eintragung begründete Vertrauenstatbestand weg. Die neue Regelung zur Wirkung gegenüber Dritten bei dem Ausschluss oder der Änderung des gesetzlichen Güterstandes oder bei der Aufhebung oder der Änderung einer Vereinbarung über den Güterstand orientiert sich weitgehend an Art 28 der Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates v 24.6.16 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands (EuGüVO) und an der Verordnung (EU) 2016/1104 des Rates v 24.6.2016 zur Durchführung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen güterrechtlicher Wirkungen eingetragener Partnerschaften (EuPartVO). Abweichend von diesen Vorschriften wurde, um klarzustellen, dass nur grobe Fahrlässigkeit zu der in der Vorschrift vorgesehenen Sanktion führt, eine an § 523 Abs 2 S 1, § 524 Abs 2 S 1 angelehnte Formulierung gewählt. Parallel zu den Regelungen in der EuGüVO und EuPartVO wird ab dem Tag der Abschaffung des Güterrechtsregisters auch für das innerdeutsche Recht dem Schutz des Rechtsverkehrs ein klarer Vorrang vor dem Schutz der Ehegatten voreinander eingeräumt. Die Formulierung der Vorschrift entspricht allerdings vergleichbaren Regelungen im BGB, auf eine exakte Übernahme des Wortlauts von Art 28 der EuGüVO und EuPartVO wurde zugunsten einer einheitlichen Formulierung im BGB verzichtet (BTDrs 20/2730, 14).
Rn 3
Für die Übergangszeit bis zum 31.12.27 gilt Art 229 § 64 EGBGB.
Rn 4
[nicht besetzt]
B. Kenntnis vom Ehevertrag.
Rn 5
Es wird auf die Kenntnis bzw die grob fahrlässige Unkenntnis des Dritten von dem Vorhandensein eines Ehevertrages abgestellt. Es ist nicht erforderlich, dass dem Dritten der genaue Inhalt des Ehevertrages oder der zwischen den Ehegatten vereinbarte Güterstand bekannt ist. Eine Kenntnis von dem Vorhandensein eines Ehevertrages ist bereits anzunehmen, wenn die güterrechtliche Modifikation des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft bekannt ist, da diese nur über einen Ehevertrag vereinbart werden kann. Damit kann der Ehegatte dem Vertragspartner Einwendungen entgegenhalten, wenn diesem das Vorhandensein eines Ehevertrages bekannt oder grob fahrlässig unbekannt geblieben ist. Dem Vertragspartner obliegt es, bei Kenntnis von dem Vorhandensein eines Ehevertrages weitere Nachfragen zu dem Inhalt und den güterrechtlichen Modifikationen zu stellen (BTDrs 20/2730, 14).
Rn 6–8
[nicht besetzt].
C. Grob fahrlässiges Handeln.
Rn 9
Der Vertragspartner eines Ehegatten handelt im Allgemeinen grob fahrlässig, wenn er die erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in ungewöhnlich großem Maße verletzt und dasjenige unbeachtet lässt, was im gegebenen Falle jedem hätte einleuchten müssen (vgl BGH, Urt v 11.5.53 – IV ZR 170/52 –, BGHZ 10, 14). Ist zB bekannt, dass jemand in Gütergemeinschaft lebt, so drängt sich für den Vertragspartner eines Ehegatten auf, nach güterrechtlichen Vereinbarungen und Verfügungseinschränkungen zu fragen. Der Vertragspartner handelt jedenfalls dann nicht grob fahrlässig, wenn er bei dem Ehegatten seines Vertragspartners nachfragt (BTDrs 20/2730, 14).