Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Gesetzestext
Die Einkünfte, die in das Gesamtgut fallen, sind vor den Einkünften, die in das Vorbehaltsgut fallen, der Stamm des Gesamtguts ist vor dem Stamm des Vorbehaltsguts oder des Sonderguts für den Unterhalt der Familie zu verwenden.
Rn 1
Der Unterhalt der Familie ist vorrangig aus den in das Gesamtgut fallenden Einkünften, danach aus den Einkünften, die in das Vorbehaltsgut fallen, danach aus dem Stamm des Gesamtguts und zuletzt aus dem Stamm des Vorbehalts- und des Sonderguts aufzubringen. Dieser Umstand hat erhebliche Auswirkungen auf die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen während des Bestehens der Gütergemeinschaft, da das für den Unterhalt relevante Vermögen beiden Ehegatten gleichermaßen gesamthänderisch zur Verfügung steht. Dies gilt ebenso für das beiderseitige Erwerbseinkommen, dh, auch dieses verschmilzt zu einer Einheit (Wendl/Dose § 6 Rz 400). Aus diesem Grunde sind unterhaltsrechtliche Fragen in der Gütergemeinschaft auf der Ebene der Verwaltung des Gesamtgutes zu lösen (BGH FamRZ 90, 851). Bei Bestehen eines Unterhaltsanspruchs von Verwandten bestimmt sich die Unterhaltspflicht iÜ so, als ob das Gesamtgut dem Unterhaltspflichtigen allein gehörte (§ 1604).
Rn 2
Die Vorschrift des § 1420 gilt nicht nur für den Familienunterhalt gem § 1360, sondern auch für den Trennungsunterhalt nach § 1361 (BGH FamRZ 90, 851) bis zur Auseinandersetzung des Gesamtguts (Zweibr FamRZ 98, 239), so dass auch dieser vorrangig aus dem Gesamtgut zu befriedigen ist. Da dieses im Regelfall gemeinschaftlich verwaltet wird, folgt daraus, dass der unterhaltsbedürftige Ehegatte den erforderlichen Unterhalt auch dann nicht einfach dem Gesamtgut entnehmen darf, wenn er im Besitz von Teilen des Vermögensstammes ist, sondern auch in dem Fall der Mitwirkung des anderen bedarf, sofern ihm nicht ausdrücklich oder konkludent das Recht eingeräumt worden ist, das gemeinsame Vermögen zur Deckung des eigenen Unterhaltsbedarfs zu verwenden (München FamRZ 96, 166). Dies gilt auch, wenn Trennungsunterhaltsansprüche nach rechtskräftiger Scheidung verlangt werden (Wendl/Dose § 6 Rz 410).
Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt wird dagegen auch dann nicht durch die Gütergemeinschaft beeinflusst, wenn sie noch nicht auseinandergesetzt ist (Klein Kap 2 Rz 3480).
Rn 3
Auch wenn er nicht im Besitz des Vermögensstammes ist, kann der Unterhaltsberechtigte nicht Zahlung des angemessenen Unterhalts beantragen, da er aus diesem Titel nur in das Sonder- oder Vorbehaltsgut des unterhaltspflichtigen Ehegatten vollstrecken könnte, das aber gerade nicht für den Unterhalt verwendet werden soll (BGH FamRZ 90, 851). Deshalb wäre ein Antrag auf Zahlung des angemessenen Unterhalts unzulässig (Zweibr FamRZ 98, 239; aA Ddorf FamRZ 99, 1348 bei klaren Verhältnissen), anders für die Zeit nach Beendigung des Güterstandes (Oldbg FuR 09, 594).
Rn 4
Beansprucht werden kann stattdessen nur die Mitwirkung des anderen Ehegatten an einer ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 1451), zu der auch die Mitwirkung an solchen Maßnahmen gehört, die zur Verwendung des Gesamtguts für den angemessenen Ehegattenunterhalt erforderlich sind (Oldbg FamRZ 10, 213). Der Antrag muss deshalb ggf auf Zustimmung zu einer solchen Maßnahme gehen, während ein Anspruch auf Zahlung einer Geldrente nicht besteht (zu weiteren Einzelheiten sowie den notwendigen Anträgen vgl Weinreich FuR 99, 49 ff). Ein auf Zahlung gerichteter Unterhaltsantrag ist während des Bestehens der Gütergemeinschaft daher unzulässig (Zweibr FamRZ 1998, 239).
Die Berechnung des Trennungsunterhalts ist bei Eheleuten, die im Güterstand der Gütergemeinschaft leben, von Besonderheiten geprägt: Leben die Beteiligten in Gütergemeinschaft, stehen die in das Gesamtgut fallenden Einkünfte den Ehegatten hälftig zu. Weiterhin wird aus dem Wesen des Gesamtguts abgeleitet, dass im Trennungsunterhaltsverfahren eine fiktive Zurechnung von Einkünften wegen Verstoßes gegen Erwerbsobliegenheiten bei keinem Ehegatten stattfindet. Schließlich wird der Eigenbedarf bei bestehender Gütergemeinschaft aus der Hälfte der beiderseitigen Einkünfte gedeckt, sodass es auf die Wahrung eines Selbstbehaltssatzes nicht ankommt (Oldenbg FamRZ 10, 213).
Verwaltet der unterhaltsberechtigte Ehegatte das Gesamtgut (ausnahmsweise) alleine, dann kann er sich seinen Unterhalt selbst aus dem Gesamtgut entnehmen (Klein Rz 3484).
Ansonsten geht auch der summarische Anspruch auf Unterhalt im Wege einstweiliger Anordnung nicht auf Zahlung einer Geldrente (§ 1361 Abs 4), sondern auf Mitwirkung an einer Verwaltungsmaßnahme nach § 1451, die erforderlich ist, um den für angemessen gehaltenen Unterhalt zu bekommen (Oldbg FamRZ 10, 213; München FamRZ 96, 557).
Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt wird dagegen durch die Gütergemeinschaft auch dann nicht beeinflusst, wenn sie noch nicht auseinandergesetzt ist (Klein Kap 2 Rz 3480). Grds kann der nacheheliche Unterhalt daher nach den allg Regeln berechnet werden (vgl dazu und zu den etwaigen Nachwirkungen der Gütergemeinschaft ausfü...