Prof. Dr. Moritz Brinkmann
I. Bindung an das Angebot.
1. Grundsatz.
Rn 9
Der wirksame Antrag ist für den Antragenden grds bindend. Ab dem Moment des Zugangs der Erklärung (§ 130 I 2) kann er seine Erklärung nicht widerrufen, es sei denn, er hat die Bindung durch einseitiges Rechtsgeschäft nach Hs 2 ausgeschlossen. Zur Bindung an das Angebot bei einer eBay-Auktion vgl Vor §§ 145 ff Rn 54.
2. Erlöschen der Bindung.
Rn 10
Die Bindung endet mit dem Ablauf der gem §§ 147, 148 zu bestimmenden Annahmefrist. Bei Angeboten iRe Vergabeverfahrens ist § 10 VOL/A 2009 zu berücksichtigen (zum Eintritt der Bindungswirkung BGH NZBau 17, 176 [BGH 29.11.2016 - X ZR 122/14] Tz 27). Tod oder Geschäftsunfähigkeit des Antragenden hindern die Bindung an das Angebot grds nicht, § 153. Für den Antragsempfänger vgl § 153 Rn 7. Bei nicht voraussehbarer Änderung der Umstände kann der Antragende allerdings unter den Voraussetzungen von §§ 313, 314 ausnahmsweise das Angebot widerrufen (Ddorf NJW-RR 91, 311; ausf zum Verhältnis zu der Haftung aus § 311a II Tettinger ZGS 06, 452).
II. Ausschluss der Bindung (Hs 2).
Rn 11
Die von Hs 1 vorgesehene Bindungswirkung kann vom Antragenden durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeschlossen werden. Diese Erklärung muss dem Empfänger spätestens gleichzeitig mit dem Angebot zugehen, ein späterer Bindungsausschluss ist unwirksam (NK-BGB/Rademacher/G. Schulze Rz 15). Der Ausschluss der Bindung erfolgt mit Klauseln wie ›freibleibend‹ (BGH NJW 96, 919), ›ohne Obligo‹ oder ›freibleibend, entspr unserer Verfügbarkeit‹ (BGH NJW 84, 1885 [BGH 08.03.1984 - VII ZR 177/82]), zu deren Auslegung jeweils die gesamten Umstände des Einzelfalls heranzuziehen sind. Abhängig davon kann eine derartige Klausel auch schon den fehlenden Rechtsbindungswillen des Erklärenden ausdrücken (BGH NJW 96, 919 [BGH 02.11.1995 - X ZR 135/93]), sodass es sich bei der Erklärung nur um eine invitatio handelt (Rn 6), die den Erklärenden allerdings zur Ablehnung eines etwa angegebenen Angebots verpflichten kann, wenn er nicht gebunden sein will (RGZ 102, 229). Schließlich kann den genannten Klauseln auch die Wirkung zukommen, dass der Antragende seine Bindung an den Vertrag sogar noch unmittelbar nach Wirksamkeit der Annahme aufheben kann (offengelassen in BGH NJW 84, 1885 [BGH 08.03.1984 - VII ZR 177/82]). Dogmatisch handelt es sich dann um einen Widerrufsvorbehalt, kombiniert mit einem befristeten vertraglichen Rücktrittsrecht (Staud/Bork Rz 27, 32; s iÜ die Kommentierungen zu § 346 HGB). Durch Klauseln wie ›so lange der Vorrat reicht‹ oder ›Zwischenverkauf vorbehalten‹ wird die Bindung an den Antrag an eine auflösende Bedingung, § 158 I, geknüpft (Hambg BB 60, 383). Es ist zulässig, den Widerruf der Bindungswirkung selbst widerruflich auszugestalten, wenn nämlich nicht schon der Widerruf der Bindungswirkung zum Erlöschen des Angebots geführt hat (BGH NJW-RR 04, 953 [BGH 26.03.2004 - V ZR 90/03]).