Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Gesetzestext
(1) Der Überschuss wird nach den Vorschriften über die Gemeinschaft geteilt.
(2) 1Jeder Ehegatte kann gegen Ersatz des Wertes die Sachen übernehmen, die ausschließlich zu seinem persönlichen Gebrauch bestimmt sind, insbesondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräte. 2Das Gleiche gilt für die Gegenstände, die ein Ehegatte in die Gütergemeinschaft eingebracht oder während der Gütergemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtnis oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben hat.
Rn 1
Der Überschuss wird nach I entsprechend den §§ 741 ff aufgeteilt. Sind die Schulden getilgt und die Übernahmerechte ausgeübt, ist das dann noch vorhandene Gesamtgut nach Gemeinschaftsrecht aufzuteilen (I). Zur Teilungsmasse hinzuzurechnen ist dasjenige, was die Eheleute dem Gesamtgut schulden (§ 1476 II). Die Teilung des sich danach ergebenden Überschusses oder Verlustes erfolgt wiederum nach Gemeinschaftsrecht (§§ 1474, 1476 I, 752 ff). Entspr gilt für vorhandene Verluste. Der erst zukünftige Anteil am Gesamtgut kann während des Bestehens der Gütergemeinschaft nicht gepfändet werden (München FamRZ 13, 1404; aA BGH MDR 66, 750 bei fortgesetzter Gütergemeinschaft; BayObLGZ 8, 142)
Rn 2
Nach § 1477 II kann jeder Ehegatte die Sachen entnehmen, die ausschl zu seinem persönlichen Gebrauch bestimmt waren, insb Kleidung, Schmuck oder Arbeitsgerät, aber auch in die Gütergemeinschaft eingebrachte Gegenstände. Dasselbe gilt für von einem Ehegatten allein genutzte Fahrzeuge oder Hobbygeräte. Heraus verlangt werden können schließlich solche Gegenstände, die die Eheleute während des Bestehens der Gütergemeinschaft geerbt, per Vermächtnis oder mit Rücksicht auf ein späteres Erbrecht erworben, geschenkt oder als Ausstattung erhalten haben.
Rn 3
Der Begriff des Erwerbs mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht ist weit zu fassen, so dass einem Übernahmerecht nicht entgegensteht, dass der Erwerber zB an seine auch erbberechtigten Geschwister Ausgleichszahlungen geleistet hat oder dass der Nachlassgegenstand dem Ehegatten erst im Zuge einer Erbauseinandersetzung gegen entspr Ausgleichszahlungen zugefallen ist (BGH FamRZ 98, 817). Dagegen besteht ein Übernahmerecht nicht für Surrogate.
Rn 4
Das Übernahmerecht ist ein Gestaltungsrecht, das durch formlose (München FamRZ 88, 1275), einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung auszuüben ist. Es ist ausgeschlossen, wenn das Gesamtgut nicht ausreicht, bestehende Verbindlichkeiten zu tilgen. Ist der Gegenstand einem Gesamtgutsgläubiger herauszugeben oder ist sein Wert zur Schuldentilgung mit heranzuziehen, so hat das Übernahmerecht hinter der Verpflichtung zur Berichtigung der Gesamtgutsverbindlichkeiten zurückzustehen (Grüneberg/Siede § 1477 Rz 3). Allerdings hat der übernahmeberechtigte Ehegatte die Möglichkeit, die Tilgung der Gesamtgutsverbindlichkeit zu übernehmen und dafür Sorge zu tragen, dass der andere aus der Haftung entlassen wird (BGH FamRZ 85, 903).
Rn 5
Der Begriff des Gegenstandes iSd § 1477 II ist weiter als der Sachbegriff des BGB. Zu ihm zählen auch Rechte, zB Anrechte aus einer Lebensversicherung. War ein Ehegatte bei Beginn der Gütergemeinschaft nur Inhaber eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück und erhält er erst während des Bestehens der Gütergemeinschaft das Eigentum hieran, so wird er bei Beendigung der Gütergemeinschaft behandelt, als habe er das Grundstück eingebracht (Stuttg FamRZ 96, 1474).
Rn 6
Die Übernahme erfolgt nur gegen entspr Wertersatz. Dabei bestimmt sich der Übernahmewert entweder nach dem von den Parteien vereinbarten Zeitpunkt, oder – falls eine Vereinbarung nicht zustande kommt – nach dem Zeitpunkt der Übernahme. Im Falle der Übernahme von Grundeigentum ist dies der der Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch (BGH FamRZ 86, 40). Unerheblich ist dagegen der Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages (Klüber FPR 01, 84, 86). Der Übernahmewert ist ggf durch einen Sachverständigen zu ermitteln, wobei für landwirtschaftlich genutzte Grundstücke die Privilegierung des § 1376 IV nicht gilt (Klüber FPR 01, 84, 86).
Rn 7
Der zu leistende Wertersatz muss nicht unbedingt durch Einzahlungen erfolgen. Möglich ist es auch, eine Verrechnung mit dem Anteil des Ehegatten am Überschuss vorzunehmen, der sich nach Hinzurechnung des zu leistenden Wertersatzes ergibt (BGH FamRZ 88, 926). Aus diesem Grunde ist der Wertersatzanspruch zwar mit der Übernahme fällig, kann aber erst nach endgültiger Auseinandersetzung als Zahlungsanspruch geltend gemacht werden (BGH FamRZ 07, 625). Wegen des Wertersatzanspruches als Folge der Übernahme steht dem anderen Ehegatten ggf ein Zurückbehaltungsrecht zu (Zweibr OLGR 04, 630). Ist noch nicht absehbar, ob der Wert des restlichen Auseinandersetzungsguthabens den der übernommenen Sache erreicht, kann der andere im Rahmen seines Zurückbehaltungsrechts ggf Sicherheitsleistung bis zur Höhe des hälftigen Wertes der übernommenen Sache beanspruchen...