Prof. Dr. Moritz Brinkmann
Rn 13
Hat der Antragende seinem Angebot keine Fristbestimmung beigefügt und lässt sich eine solche auch nicht dem Gesetz entnehmen (zB § 8 II 1, V 1 TzBfG, vgl LAG Düsseldorf BeckRS 20, 13108 Tz 24), kommt es für die Bestimmung des Zeitraums der Annahmefähigkeit gem § 147 darauf an, ob es sich um ein Angebot unter An- oder Abwesenden handelt.
1. Annahme eines Angebots unter Anwesenden, § 147 I.
Rn 14
Unter Anwesenden wird gehandelt, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Abgabe der Willenserklärung mit ihrer Kenntnisnahme unmittelbar zusammenfällt. Dies ist neben dem direkten Gespräch gem § 147 I 2 auch bei Telefongesprächen, Videokonferenzen (NK-BGB/Rademacher/G. Schulze § 147 Rz 11). Bei Kommunikation per E-Mail oder über Online-Plattformen liegt dagegen eine Erklärung unter Abwesenden vor (ebenso für Chats über das Internet Dörner AcP 02, 375). Wird das Angebot ggü einem Empfangsboten abgegeben, so liegt eine Erklärung unter Abwesenden vor, nicht so bei einem Angebot an einen Stellvertreter, selbst wenn dieser vollmachtlos ist (BGH NJW 96, 1062, 1064 [BGH 14.12.1995 - IX ZR 242/94]). Bei der Übergabe von verkörperten Willenserklärungen wird man regelmäßig § 147 II anwenden können (BGH NJW 85, 196 [BGH 17.09.1984 - II ZR 23/84]; Frankf NJW-RR 98, 567 [OLG Braunschweig 12.08.1997 - 4 U 13/97]; Staud/Bork § 147 Rz 2; aA NK-BGB/Rademacher/G. Schulze § 147 Rz 12: Frist nach § 148).
Rn 15
Das Angebot muss ohne jedes Zögern, ob schuldhaft oder nicht, so schnell wie objektiv möglich angenommen werden. Abhängig von den Umständen, insb von der Komplexität des Angebots ist dadurch jedoch keine Antwort in Sekundenschnelle gefordert (Staud/Bork § 147 Rz 5; sehr weitgehend AG Nördlingen ZWE 17, 146, ausnahmsweise sechsmonatige Frist). Bei Störungen der Kommunikation – etwa durch Abbruch der Telefonverbindung – kann der Annehmende durch sofortigen Rückruf noch rechtzeitig die Annahme erklären (MüKo/Busche § 147 Rz 31; NK-BGB/Rademacher/G. Schulze § 147 Rz 11).
2. Annahme eines Angebots unter Abwesenden, § 147 II.
Rn 16
Die gesetzliche Annahmefrist eines Antrags unter Abwesenden, für den keine Fristbestimmung nach § 148 greift, setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Antrags an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie aus der Zeit für die Übermittlung der Antwort an den Antragenden (BGH NJW 96, 919, 921). Die Bestimmung der einzelnen Zeiträume muss aus der objektivierten Perspektive des Antragenden vorgenommen werden: Weiß er, dass der Erklärungsempfänger im Urlaub ist oder wegen starken Arbeitsanfalls, Krankheit oder aus sonstigen Gründen an der Bearbeitung des Angebots gehindert ist, so verlängert sich die Überlegungsfrist (BGH NJW 16, 1441 Tz 21; BGH NJW 08, 1148 Tz 21; BGHZ 145, 139, 142 = NJW 01, 303; BAG BB 03, 1732). Das gleiche gilt, wenn ihm bekannt ist, dass der Angebotsempfänger Auskünfte von Dritten einzuholen hat. Umstände, die der Antragende nicht kannte und auch nicht hätte kennen müssen, verlängern die Frist dagegen nicht. Bei dem angemessenen Zeitraum für die Übermittlung der Antwort ist das vom Antragenden hinsichtlich des Angebots gewählte Kommunikationsmittel zu berücksichtigen. Allerdings wird gerade die E-Mail heute oft weniger aus Beschleunigungsgründen als aus Ersparnisgründen eingesetzt werden (Staud/Bork § 147 Rz 14). Für Verzögerungen bei der Übermittlung des Angebots s § 149. Aus den drei Abschnitten ist eine Gesamtfrist zu berechnen. So kann beispielsweise eine überlange Bearbeitungsdauer durch eine besonders schnelle Übermittlung ausgeglichen werden. Die Bestimmung der Frist unterliegt tatrichterlichem Ermessen und kann daher vom Revisionsgericht nur hinsichtlich der Einhaltung der Ermessensgrenzen nachgeprüft werden (BGH NJW 16, 1441 Tz 22; BAG BB 03, 1732 [BAG 06.02.2003 - 2 AZR 674/01]). Der Beweis der Rechtzeitigkeit obliegt demjenigen, der sich auf den Vertragsschluss beruft (BGH NJW 16, 1441 [BGH 24.02.2016 - XII ZR 5/15] Tz 24).
Rn 17
IE ist danach eine Antwort verspätet, die mehrere Wochen nach einem schriftlichen Kauf- oder Werkvertragsangebot eingeht (LG Hamburg NJW 88, 115, 2 Wochen bei Autokauf; Frankf NJW-RR 98, 567 [OLG Braunschweig 12.08.1997 - 4 U 13/97] zwei Tage bei Angebot unter Anwesenden und Verzicht auf sofortige Annahme; Rostock NJW-RR 98, 526, 6 [OLG Rostock 24.09.1997 - 5 U 23/96] Wochen bei Werkvertrag). Bei nach § 550 1 formbedürftigen Mietverträgen soll die Frist idR zwei bis drei Wochen betragen (BGH NJW 16, 1441 Tz 32; KG NZM 07, 731, 733, hierzu Schultz NZM 07, 509; Pleister/Ehrich ZMR 09, 818). Dagegen kann das Angebot eines Maklers auch noch nach Monaten angenommen werden (München OLGZ 78, 446). Bei Darlehensverträgen ist Annahme nach acht Monaten verspätet (BGH NJW-RR 08, 1436 [BGH 18.12.2007 - XI ZR 324/06] Tz 38). Bei finanzierten und beurkundungsbedürftigen Verträgen, deren Abschluss eine Bonitätsprüfung vorausgeht, kann der Eingang der Annahmeerklärung regelmäßig innerhalb eines Zeitraumes von vier Wochen erwartet werden (BGH NJW 16, 2173 Tz 7; BGH NJW 10, 2873 [BGH 11.06.2010 - V ZR 85/09]). Bei dem vom Schuldner gemachten A...