Prof. Dr. Moritz Brinkmann
Rn 3
Der Antrag kann nur so angenommen werden, wie er ist. Eine klar und unzweideutig ausgedrückte (BGH NJW-Spezial 20, 557 [BGH 03.07.2020 - VII ZR 144/19]; Celle NZBau 23, 35 ›Änderungswünsche‹) Abweichung der Annahme vom Angebot bedeutet daher die Ablehnung des Angebots iSv § 146 (BGH NJW 12, 3505 [BGH 06.09.2012 - VII ZR 193/10]; NJW-RR 93, 1036 [OLG Düsseldorf 13.05.1993 - 10 U 163/92]. S aber § 2 KSchG zur Annahme der Änderungskündigung unter Vorbehalt) und begründet gem 150 II die widerlegliche Vermutung, dass ein neuer Antrag zu den modifizierten Bedingungen gemacht werden soll. (Zum Verhältnis der Regelung zum Nachverhandlungsverbot im Vergaberecht, § 15 III VOB/A [§ 24 Nr 3 aF] Hamm NJW-RR 07, 820 [OLG Hamm 05.12.2006 - 24 U 58/05]). Dieser Antrag bedarf seinerseits der Annahme (BGH NJW 90, 1846 [BGH 24.04.1990 - XI ZR 267/89]; Koblenz IBR 11, 563, 564 [OLG Koblenz 17.12.2010 - 10 U 1370/09]). Auf den Zugang der Annahmeerklärung wird man bei § 150 II seltener verzichten können als nach § 150 I. Schweigen genügt nur unter den bei § 148 Rn 3 dargestellten Voraussetzungen. Führen die Parteien den Vertrag nach dem Zugang der modifizierenden Annahme durch, so ist zu ermitteln, welche Bedingungen gelten sollen. Jedenfalls wenn die Abweichungen wesentliche Gesichtspunkte betreffen, ist einer Theorie des letzten Wortes eher zu folgen als bei kollidierenden AGB (Rn 6), sodass im Zweifel der Vertrag unter den modifizierten Bedingungen zustande kommt (BGH NJW 05, 1653, 1656 [BGH 24.02.2005 - VII ZR 141/03]). IRe Mieterhöhungsverlangens führt nach § 558b I die eingeschränkte Annahme durch den Mieter abweichend von § 150 II zu einer wirksamen tw Einigung (BGH NJW-RR 22, 952 [BGH 06.04.2022 - VIII ZR 219/20], Rz 28).
Rn 4
Auch unwesentliche oder geringfügige Abweichungen genügen, um die abändernde Annahme als Ablehnung zu qualifizieren (BGH NJW 01, 222 [BGH 18.10.2000 - XII ZR 179/98]; anders Art 19 II CISG). Auch Abweichungen, die dem Gegner günstig sind, sind erheblich. Abweichungen infolge Versprechens oder Verschreibens lassen sich im Wege der Auslegung korrigieren, Zweifel gehen zu Lasten des Annehmenden (Celle NJW-RR 04, 1165 [OLG Brandenburg 10.05.2004 - 12 W 3/04]). Der abweichende Vertragswille muss eindeutig und für den anderen Teil erkennbar zum Ausdruck gebracht werden (BGH NJW 14, 2100 [BGH 14.05.2014 - VII ZR 334/12]; BGH WM 83, 313 [BGH 18.11.1982 - VII ZR 223/80]; krit Korch NJW 14, 3553 ff).
Rn 5
Die Auslegung der (abändernden) Annahme kann ergeben, dass eine Annahme des Angebots verbunden mit dem Antrag auf Abschluss eines Änderungsvertrags gewollt ist (Staud/Bork Rz 10). Str ist, ob die Anforderung einer größeren Menge als der ursprünglich angebotenen hierunter fällt (Staud/Bork Rz 11 grds nein; Jauernig/Mansel Rz 2 grds ja). Richtigerweise ist durch Auslegung der Annahmeerklärung zu bestimmen, ob der Annehmende nur an der gewünschten Gesamtmenge interessiert ist oder ob er auch an einer Teilmenge Interesse hat. Umgekehrt ist durch Auslegung des Angebots zu ermitteln, ob die Annahme einer geringeren Menge Ablehnung und neuer Antrag oder Annahme ist.