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Der Begriff ›Alter‹ ist gesetzlich nicht festgelegt. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls (BGH FamRZ 99, 708; 95, 1416). Richtschnur (BGH FamRZ 06, 683) ist das Erreichen der Regelaltersgrenze (vgl § 35 SGB VI; § 48 I 1 DriG; § 51 I 2 BBG), da ab diesem Zeitpunkt allg eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann (BGH FamRZ 14, 1183; 13, 191). Solange die gesetzlichen Regelungen zu den Altersgrenzen nicht aufgrund berufsbezogener Besonderheiten (vgl etwa BGH FamRZ 04, 254: Strahlflugzeugführer) oder der tatsächlichen Erwerbsfähigkeit des Einzelnen der Modifizierung bedürfen (BGH FamRZ 99, 708: vorgezogene Altersrenten für Frauen), gelten sie als Maßstab für das Unterhaltsrecht, und zwar gleichermaßen für den Berechtigten wie den Pflichtigen (BGH NJW 11, 670 [BGH 12.01.2011 - XII ZR 83/08]). Öffentlich-rechtliche oder arbeitsmarktpolitische Gründe für vorgezogene Altersgrenzen als solche sind für das Unterhaltsrecht nicht maßgebend (BGH FamRZ 12, 1483 [Vorruhestandsregelungen]; 99, 708). Hier ist zu prüfen, ob im Einzelfall eine anderweitige (Weiter-)Beschäftigung in Betracht kommt. Allein der Rentenbezug aufgrund des Erreichens einer flexiblen Altersgrenze lässt die Erwerbsobliegenheit nicht entfallen (BGH FamRZ 12, 1483 (für den Verpflichteten); 99, 708). Zu prüfen ist, ob die Wahl der Altersteilzeit bereits in der Zeit des ehelichen Zusammenlebens erfolgte, ob einer arbeitgeberseitigen Kündigung zuvor gekommen wird (Hamm NJW 04, 161; Kobl FamRZ 04, 1573), ob anerkennenswerte gesundheitliche Gründe vorliegen (Kobl NJW-RR 04, 938; Köln FamRZ 03, 602), ob ausreichende Kompensationsleistungen (etwa eine Abfindung des Arbeitgebers) erfolgen (Hamm FamRZ 98, 27), ob eine Konstellation gesteigerter Unterhaltsverpflichtung vorliegt oder der Berechtigte bereits über eigene Einkünfte auf hohem Niveau verfügt (Hamm FamRZ 98, 27).
Auch bei Freiberuflern gilt grds die Regelaltersgrenze (BGH FamRZ 12, 1483; 11, 454). Von dem Grundsatz, dass ab Erreichen der Regelaltersgrenze keine Erwerbsobliegenheit mehr besteht, kann nur in Ausnahmefällen abgewichen werden. Dies gilt etwa, wenn es um die Sicherung des Mindestbedarfs minderjähriger Kinder geht und/oder die Fortführung der Tätigkeit über die übliche Altersgrenze hinaus geplant war. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls (BGH FamRZ 99, 708). Wird nach Erreichen der allgemeinen Altersgrenze und ohne entspr Obliegenheit eine Tätigkeit ausgeübt, bleibt das zusätzlich erzielte Einkommen nicht schon deswegen vollständig unberücksichtigt, weil es überobligationsmäßig erzielt wird. Vielmehr ist der unterhaltsrelevante Anteil des überobligationsmäßig erzielten Einkommens nach Billigkeit zu ermitteln und – ggf neben den eigenen Renteneinkünften – im Wege der Differenz-/Additionsmethode in die Unterhaltsbemessung einzubeziehen (BGH FamRZ 13, 1554; 06, 683; Hamm FamRZ 14, 777).
Ein Anspruch auf Altersunterhalt besteht nicht, wenn die Bedürftigkeit erst nach Durchführung des Versorgungsausgleichs eingetreten ist und der ausgleichspflichtige Ehegatte die – auch nur zeitweise – Kürzung des Versorgungsausgleichs zur Vermeidung der Bedürftigkeit zu beantragen unterlässt (Celle FamRZ 06, 1544). § 1571 ist geschlechtsneutral anzuwenden.