Rn 23
§ 1573 IV bezweckt die Sicherung des Ehegatten durch einen Unterhaltsanspruch, wenn sich nach der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit herausstellt, dass diese nicht weiter ausgeübt werden kann (BGH FamRZ 03, 1734). Der geschiedene Ehegatte soll das Risiko des Arbeitsplatzverlustes des anderen nur noch bei Bezug zur Ehe tragen müssen. Die nacheheliche Verantwortung des Unterhaltsschuldners soll begrenzt werden, wenn der Unterhaltsbedürftige zunächst eine wirtschaftliche Sicherung erreicht und später aus persönlichen Gründen und/oder wegen der Arbeitsmarktlage wieder verloren hat. Die Folgen der ungewissen künftigen Entwicklung (betriebsbedingte Arbeitsplatzrisiken, Krankheit oä) muss grds jeder Ehegatte selbst tragen und kann sich nicht auf eine nachwirkende eheliche Solidarität berufen (BGH FamRZ 03, 1734).
I. Nachhaltigkeit.
Rn 24
Der berufstätige Unterhaltsgläubiger trägt das Risiko des Arbeitsplatzverlustes nur, wenn seine Erwerbstätigkeit nachhaltig gesichert ist (BGH FamRZ 85, 791). Maßgebend ist, ob die Erwerbstätigkeit im Zeitpunkt ihrer Aufnahme nach objektiven Maßstäben und allg Lebenserfahrung mit einer gewissen Sicherheit als dauerhaft angesehen werden kann oder ob befürchtet werden muss, dass der Unterhalt begehrende geschiedene Ehegatte sie durch außerhalb seiner Entschließungsfreiheit liegende Umstände in absehbarer Zeit wieder verlieren wird. Dabei sind vom Standpunkt eines objektiven Betrachters aus auch solche Umstände in die Beurteilung einzubeziehen, die zwar schon zu diesem Zeitpunkt bestanden haben, aber erst später zutage getreten sind (etwa latente Krankheit, derentwegen der Arbeitsplatz in absehbarer Zeit wieder aufgegeben werden musste; BGH FamRZ 03, 1734). Hatte der geschiedene Ehegatte die Erwerbstätigkeit schon vor der Scheidung aufgenommen, ist für die Frage einer nachhaltigen Sicherung der Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung der frühestmögliche Zeitpunkt für die Beurteilung der nachhaltigen Sicherung des Unterhalts (BGH FamRZ 85, 53). Nach einer gewissen Zeitspanne (Richtschnur: zwei Jahre) (Köln FamRZ 05, 1912; Karlsr FamRZ 00, 233), in der der geschiedene Ehegatte einer Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, muss zur Vermeidung einer Ausuferung des Unterhaltsanspruchs davon ausgegangen werden, dass inzwischen durch die Erwerbstätigkeit eine nachhaltige Sicherung des Unterhalts eingetreten ist. Im Hinblick darauf, dass der Berechtigte betriebsbedingte Arbeitsplatzrisiken und persönliche Krankheitsrisiken grds selbst zu tragen hat, im Zweifel schon deutlich früher (so auch Hamm FamRZ 99, 230; Ddorf FamRZ 98, 1519). Keine nachhaltige Sicherung ist anzunehmen bei Scheinarbeitsverhältnissen (BGH FamRZ 11, 192), Überschätzung der eigenen Kräfte (Hamm FamRZ 97, 26), Arbeitsverhältnissen auf Probe (BGH NJW 88, 2034), ABM-Plätzen (Frankf FamRZ 87, 1042), befristeten Arbeitsverhältnissen oder Arbeitsplätzen in Krisenbranchen, wenn sie schon bei Antritt verlustbedroht sind. Obliegt es dem Unterhaltsgläubiger, sich auch iR einer Nebenbeschäftigung um einen gesicherten Dauerarbeitsplatz zu bemühen und entscheidet er sich stattdessen für eine Beschäftigung, die absehbar nicht auf Dauer ausgeübt werden kann, so trägt er das Risiko, dass er später (im entschiedenen Fall nach Ablauf von vier Jahren nach Scheidung) eine vergleichbare Anschlussbeschäftigung nicht mehr finden kann (BGH FamRZ 12, 1483).
II. Darlegungs- und Beweislast.
Rn 25
Fallen Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit später weg, muss der Unterhalt begehrende Ehegatte (auch) darlegen und beweisen, dass der Unterhalt nicht bereits nachhaltig gesichert und dass eine nachhaltige Sicherung nicht zu erreichen war (BGH FamRZ 12, 1483; 03, 1734).
III. Umfang des Anspruchs.
Rn 26
Der Umfang des Unterhalts beschränkt sich gem § 1573 IV 2 auf die Differenz zwischen dem vollen Unterhalt und dem erzielten bereinigten Arbeitseinkommen, wenn es dem geschiedenen Ehegatten nur gelungen war, den Unterhalt nachhaltig zu sichern. Dies hat der Tatrichter zu beurteilen (BGH FamRZ 01, 1291). Wegen der aus der Versorgung eines Partners zu berücksichtigenden Einkünfte vgl BGH FamRZ 87, 689.