Rn 3
Die Vorschrift bezweckt den Ausgleich ehebedingter Ausbildungsnachteile, indem die Voraussetzungen zur Erlangung der wirtschaftlichen Selbstständigkeit – auf dem ehebedingt nicht erreichten Niveau – geschaffen werden.
Ausbildung ist im weitesten Sinne zu verstehen. Es muss sich um einen anerkannten Ausbildungsgang handeln, der sich nach einem bestimmten Ausbildungsplan richtet und von einem Ausbilder geleitet wird (BGH FamRZ 87, 795). Die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit stellt keine derartige Ausbildung dar, selbst wenn nach einer mehrjährigen Praxisphase sodann eine Abschlussprüfung abgelegt wird (BGH FamRZ 87, 795). Eine Beschränkung auf die im BAföG aufgeführten Ausbildungsmöglichkeiten besteht nicht. § 1575 I gewährt einen Anspruch auf niveausteigernde Ausbildung, soweit eine derartige Ausbildung nach den persönlichen Verhältnissen des Berechtigten ohne die Eheschließung zu erwarten gewesen wäre. Bei Ausbildungsabbruch vor der Ehe muss nachgewiesen werden, dass dies wegen der Ehe geschah (Frankf FamRZ 85, 712). Insoweit sind konkrete Pläne für die Ausbildungsdurchführung vom Berechtigten darzulegen und ggf zu beweisen. Die bloße Äußerung von Berufswünschen reicht nicht. Bei Ausbildungsabbruch in der Ehe bedarf es eines derartigen Nachweises nicht. Dem Abbruch einer Ausbildung kann eine längere krankheitsbedingte Unterbrechung der Ausbildung gleichgesetzt werden (BGH FamRZ 80, 126).
Rn 4
Aus dem Gebot des Ausgleichs ehebedingter Ausbildungsnachteile folgt, dass es sich um dieselbe (Ddorf FamRZ 14, 1466: Weiterbildung zum Facharzt, die ehebedingt nicht erfolgen konnte) oder eine der abgebrochenen Ausbildung entspr Ausbildung handeln muss. Die Ausbildungsgänge müssen hinsichtlich der sozialen Einordnung des Berufsziels und des Niveaus einander gleichwertig sein, auch wenn eine fachliche Einheit nicht erforderlich ist (Köln FamRZ 96, 867: Gleichwertigkeit von Rechtsanwaltsfachangestellter und Krankenschwester; Frankf FamRZ 95, 879: Medizinstudium für Steuerfachangestellte nicht gleichwertig). Der Bedürftige muss die unterlassene oder abgebrochene Ausbildung oder eine entspr Ausbildung sobald wie möglich aufnehmen. Ein fester Einsatzzeitpunkt ist nicht fixiert. Eine gewisse Überlegungsfrist ist zuzubilligen (Köln FamRZ 96, 867: 14 Monate nach Scheidung nicht mehr ausreichend; Hamm FamRZ 83, 181: ein Jahr nach Scheidung noch ausreichend).
Rn 5
Die Ausbildung muss notwendig und geeignet sein, um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu erlangen, die den Unterhalt nachhaltig sichert (Karls FamRZ 09, 789). Daran fehlt es, wenn nach den ehelichen Lebensverhältnissen die Aufnahme einer unqualifizierten Tätigkeit angemessen und zumutbar ist (BGH FamRZ 01, 350) und durch eine Ausbildung keine ehebedingten Nachteile des beruflichen Fortkommens auszugleichen sind (BGH FamRZ 85, 782). Ehebedingte Nachteile liegen insb vor, wenn die Schul- oder Berufsausbildung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Eheschließung oder in der Ehe abgebrochen wurde (BGH FamRZ 01, 350). Ziel der Ausbildung bleibt, dass der Bedürftige auch nach der Ausbildung eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben kann und dadurch wirtschaftlich selbstständig wird. Besteht prognostisch keine realistische Beschäftigungschance, entfällt ein Ausbildungsanspruch (BGH FamRZ 86, 553). Das Gleiche gilt, wenn wegen des Alters des Bedürftigen eine Ausbildung nicht mehr sinnvoll ist (BGH FamRZ 87, 691).
Rn 6
Die Ausbildung muss zielstrebig durchgeführt werden. Es kommt auf die Befähigung, den Gesundheitszustand, das Alter und die Einsatzbereitschaft des Bedürftigen an. Die Erfolgsaussicht muss sowohl bei Ausbildungsaufnahme als auch während des weiteren Verlaufs der Ausbildung bestehen. Der Ausbildungsanspruch erlischt mit Ablauf der üblichen Ausbildungszeit (BGH FamRZ 90, 126). Allerdings sind ehebedingte Verzögerungen der Ausbildung zu berücksichtigen (§ 1575 I 2) und können eine Verlängerung der Ausbildungszeit rechtfertigen. Hierzu zählen etwa die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes, Umstellungsschwierigkeiten nach Scheidung, krankheitsbedingte Verzögerungen (BGH FamRZ 80, 126). Entfallen die Voraussetzungen des Anspruchs während der Ausbildung, kann – sofern der Anspruch tituliert ist – Abänderung begehrt werden. Eine Rückzahlung bis dahin gezahlten Unterhalts kann, sofern nicht ausnahmsweise die Voraussetzungen des § 826 vorliegen, nicht verlangt werden. Ein Anspruch auf Finanzierung einer niveausteigernden Zweit- oder Drittausbildung oder einer Promotion besteht nicht, wenn der Bedürftige bereits über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt, die ihm die Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit ermöglicht (BGH FamRZ 87, 795; ggf aber Anspruch auf Weiterbildung, vgl Ddorf FamRZ 14, 1466: Facharzt). Hinsichtlich des Anspruchs auf Finanzierung einer Habilitation vgl BGH FamRZ 12, 1627.
Rn 7
Die Höhe des Ausbildungsunterhalts richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 I). Hinzu kommt bei Leistungsfähigkeit des Unterh...