Gesetzestext
(1) 1Ein geschiedener Ehegatte, der in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen hat, kann von dem anderen Ehegatten Unterhalt verlangen, wenn er diese oder eine entsprechende Ausbildung sobald wie möglich aufnimmt, um eine angemessene Erwerbstätigkeit, die den Unterhalt nachhaltig sichert, zu erlangen und der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist. 2Der Anspruch besteht längstens für die Zeit, in der eine solche Ausbildung im Allgemeinen abgeschlossen wird; dabei sind ehebedingte Verzögerungen der Ausbildung zu berücksichtigen.
(2) Entsprechendes gilt, wenn sich der geschiedene Ehegatte fortbilden oder umschulen lässt, um Nachteile auszugleichen, die durch die Ehe eingetreten sind.
(3) Verlangt der geschiedene Ehegatte nach Beendigung der Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung Unterhalt nach § 1573, so bleibt bei der Bestimmung der ihm angemessenen Erwerbstätigkeit (§ 1574 Abs. 2) der erreichte höhere Ausbildungsstand außer Betracht.
A. Normzweck.
Rn 1
Ausbildungsunterhalt nach § 1575 beinhaltet keinen generellen Ausbildungsfinanzierungsanspruch, sondern dient nur dem Ausgleich ehebedingter Ausbildungsnachteile (BGH FamRZ 01, 350; vgl auch Götz FamRZ 12, 1610). Die Norm ermöglicht eine berufliche Verbesserung, die ohne die Ehe schon früher erreicht worden wäre (BGH FamRZ 85, 782). Es ist zwischen dem Anspruch wegen Ausbildung (I) und wegen Fortbildung oder Umschulung (II) zu differenzieren. § 1575 III bestimmt, dass der durch die Ausbildung erreichte höhere Ausbildungstand bei der Bestimmung der angemessenen Erwerbstätigkeit nach § 1574 II außer Betracht bleibt. Ausbildungsunterhalt gibt es nur als nachehelichen Unterhalt. Für die Mutter eines nachehelichen Kindes billigt das Gesetz ihn iRd § 1615l nicht zu (BGH FamRZ 15, 369).
B. Anspruchsvoraussetzungen.
Rn 2
Vorraussetzungen von § 1575:
- der Ehegatte muss entweder in Erwartung der Ehe oder während der Ehe eine Schul- oder Berufsausbildung nicht aufgenommen oder abgebrochen haben
- er muss die Ausbildung so bald wie möglich nach der Scheidung aufgenommen haben
- die Ausbildung muss notwendig sein, um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu erlangen, die den Unterhalt nachhaltig sichert
- der erfolgreiche Abschluss der Ausbildung muss zu erwarten sein.
I. Anspruch auf Ausbildung.
Rn 3
Die Vorschrift bezweckt den Ausgleich ehebedingter Ausbildungsnachteile, indem die Voraussetzungen zur Erlangung der wirtschaftlichen Selbstständigkeit – auf dem ehebedingt nicht erreichten Niveau – geschaffen werden.
Ausbildung ist im weitesten Sinne zu verstehen. Es muss sich um einen anerkannten Ausbildungsgang handeln, der sich nach einem bestimmten Ausbildungsplan richtet und von einem Ausbilder geleitet wird (BGH FamRZ 87, 795). Die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit stellt keine derartige Ausbildung dar, selbst wenn nach einer mehrjährigen Praxisphase sodann eine Abschlussprüfung abgelegt wird (BGH FamRZ 87, 795). Eine Beschränkung auf die im BAföG aufgeführten Ausbildungsmöglichkeiten besteht nicht. § 1575 I gewährt einen Anspruch auf niveausteigernde Ausbildung, soweit eine derartige Ausbildung nach den persönlichen Verhältnissen des Berechtigten ohne die Eheschließung zu erwarten gewesen wäre. Bei Ausbildungsabbruch vor der Ehe muss nachgewiesen werden, dass dies wegen der Ehe geschah (Frankf FamRZ 85, 712). Insoweit sind konkrete Pläne für die Ausbildungsdurchführung vom Berechtigten darzulegen und ggf zu beweisen. Die bloße Äußerung von Berufswünschen reicht nicht. Bei Ausbildungsabbruch in der Ehe bedarf es eines derartigen Nachweises nicht. Dem Abbruch einer Ausbildung kann eine längere krankheitsbedingte Unterbrechung der Ausbildung gleichgesetzt werden (BGH FamRZ 80, 126).
Rn 4
Aus dem Gebot des Ausgleichs ehebedingter Ausbildungsnachteile folgt, dass es sich um dieselbe (Ddorf FamRZ 14, 1466: Weiterbildung zum Facharzt, die ehebedingt nicht erfolgen konnte) oder eine der abgebrochenen Ausbildung entspr Ausbildung handeln muss. Die Ausbildungsgänge müssen hinsichtlich der sozialen Einordnung des Berufsziels und des Niveaus einander gleichwertig sein, auch wenn eine fachliche Einheit nicht erforderlich ist (Köln FamRZ 96, 867: Gleichwertigkeit von Rechtsanwaltsfachangestellter und Krankenschwester; Frankf FamRZ 95, 879: Medizinstudium für Steuerfachangestellte nicht gleichwertig). Der Bedürftige muss die unterlassene oder abgebrochene Ausbildung oder eine entspr Ausbildung sobald wie möglich aufnehmen. Ein fester Einsatzzeitpunkt ist nicht fixiert. Eine gewisse Überlegungsfrist ist zuzubilligen (Köln FamRZ 96, 867: 14 Monate nach Scheidung nicht mehr ausreichend; Hamm FamRZ 83, 181: ein Jahr nach Scheidung noch ausreichend).
Rn 5
Die Ausbildung muss notwendig und geeignet sein, um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu erlangen, die den Unterhalt nachhaltig sichert (Karls FamRZ 09, 789). Daran fehlt es, wenn nach den ehelichen Lebensverhältnissen die Aufnahme einer unqualifizierten Tätigkeit angemessen und zumutbar ist (BGH FamRZ 01, 350) und durch eine Ausbildun...