Gesetzestext
(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. 2Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.
(2) 1Zum Lebensbedarf gehören auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit sowie die Kosten einer Schul- oder Berufsausbildung, einer Fortbildung oder einer Umschulung nach den §§ 1574, 1575.
(3) 1Hat der geschiedene Ehegatte einen Unterhaltsanspruch nach den §§ 1570 bis 1573 oder § 1576, so gehören zum Lebensbedarf auch die Kosten einer angemessenen Versicherung für den Fall des Alters sowie der verminderten Erwerbsfähigkeit.
A. Grundlagen.
Rn 1
Die Norm bestimmt den Bedarf für alle Tatbestände des nachehelichen Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Die Regelung ist inhaltsgleich mit § 1361 I 1 (BGH FamRZ 90, 250). Damit werden die ehelichen Lebensverhältnisse zum zentralen Maßstab für die Höhe jedes Anspruchs auf Ehegattenunterhalt. Durch die Anknüpfung an die ehelichen Lebensverhältnisse soll dem berechtigten Ehegatten den in der Ehe erreichten Lebensstandard grds auch für die Zukunft erhalten und der sozial schwächere Ehegatte vor einem sozialen Abstieg bewahrt werden. Dieser Bedarf stellt die Obergrenze des Anspruchs dar. Der Unterhaltsanspruch kann geringer sein als der Bedarf (nach den ehelichen Lebensverhältnissen), wenn entweder die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eingeschränkt ist, und/oder sich die Bedürftigkeit des Berechtigten durch eigenes Einkommen mindert.
B. Eheliche Lebensverhältnisse.
Rn 2
Nach Auffassung des BGH (FamRZ 84, 149; 82, 576) sind mit diesem Begriff alle Verhältnisse gemeint, die für den Lebenszuschnitt in der Ehe und damit für den ehelichen Lebensstandard bestimmend (prägend) waren. Hierzu gehören zum einen die den Lebensstandard bestimmenden wirtschaftlichen Verhältnisse wie Einkommen und Vermögen, soweit es in die Bedarfsdeckung eingeflossen ist, sowie Belastungen (BGH FamRZ 99, 367). Zum anderen fallen nach der geänderten (Surrogat-)Rechtsprechung des BGH hierunter auch alle sonstigen beruflichen, gesundheitlichen, familiären und ähnl Faktoren, die für den Lebenszuschnitt von Bedeutung waren, insbes die Hausführung und Kinderbetreuung des in der Ehe nichtberufstätigen Ehegatten (BGH FamRZ 01, 986). Nach früherer BGH-Rechtsprechung waren eheprägend auch alle nach der Scheidung eintretenden Umstände, wenn sie zu einer Absenkung des Bedarfs führten (BGH FamRZ 06, 683; 07, 793; 08, 134; 08, 968; FamRZ 10, 111). Darunter fielen alle nach der Scheidung entstandenen Verbindlichkeiten, wenn sie berücksichtigungsfähig sind und alle Unterhaltspflichten, gleichgültig, ob vorrangig, gleichrangig oder nachrangig. Nachdem das BVerfG diese Rspr jedenfalls zur Berücksichtigung des Unterhalts des neuen Ehegatten für verfassungswidrig erklärt hat (BVerfG FamRZ 11, 437), sieht der BGH nunmehr alle nach der Scheidung entstandenen Unterhaltspflichten als nicht eheprägend an, weil diese nicht in der Ehe angelegt sind und auch bei Fortbestand der Ehe nicht entstanden wären (BGH FamRZ 12, 281). Hier dürfte allerdings noch Bedarf zur Differenzierung im Hinblick auf diese Argumentation bestehen. Verbindlichkeiten und Unterhaltspflichten dürften damit unabhängig von deren Entstehungszeitpunkt eheprägend sein, wenn sie auch bei Fortbestand der Ehe entstanden wären. Verbindlichkeiten müssen allerdings im Unterschied zu Unterhaltspflichten berücksichtigungsfähig sein.
Rn 3
Bei der Bemessung des Bedarfs unberücksichtigt bleiben Faktoren, denen ein Bezug zu den ehelichen Lebensverhältnissen fehlt. Bestandteile des Einkommens, die nicht zur Deckung der Lebensführung verwendet wurden (Vermögensbildungsbeiträge) sind nicht bedarfsprägend. Das Gleiche gilt für Einkünfte, die nicht auf einer normalen Entwicklung der Einkünfte beruhen (Karrieresprung) oder Erträge aus späterem Vermögenserwerb (Erbschaft). Allerdings besteht eine Ausnahme dann, wenn diese an sich nicht prägenden Einkünfte mit bedarfssenkenden Entwicklungen nach der Trennung zusammentreffen. In diesen Fällen prägen sie die ehelichen Lebensverhältnisse in der Höhe, die erforderlich ist, um die Bedarfssenkung aufzufangen, im Übrigen bleiben sie nicht prägend (BGH FamRZ 09, 411).
Für die Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse sind grds alle Einkünfte heranzuziehen (BGH FamRZ 86, 780).
C. Maßstab.
Rn 4
Die ehelichen Lebens-, Erwerbs- und Vermögensverhältnisse sind jeweils konkret nach einem objektiven Maßstab festzulegen (BGH FamRZ 93, 789). Der durch die tatsächlichen Gegebenheiten bestimmte Lebensstandard ist maßgeblich (BGH FamRZ 97, 281). Eine Korrektur erfolgt lediglich, wenn sich die Ehepartner in ihrer Lebensführung unangemessen beschränkt oder wenn sie übermäßig aufwendig gelebt haben (BGH FamRZ 82, 151; Bambg FamRZ 94, 1178; Hamm FamRZ 93, 1089). Nunmehr steht dem berechtigten Ehegatten ein Mindestbedarf iHd Existenzminimums von zurzeit 1.200,00 EUR e zu (BGH FuR 10, 286; aA noch FamRZ 03, 363; BGH FamRZ 97, 806). Der Mindestbedarf wirkt sich beim Quotenunterhalt regelmäßig nicht aus. Absol...