Gesetzestext
(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.
(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die bisher in §§ 1573 V und 1578 I 2 geregelte Unterhaltsbegrenzung ist durch die Unterhaltsreform neu konzipiert und in einer einzigen Vorschrift neu gestaltet worden. Seit Jahren ist die Unterhaltsbegrenzung Gegenstand von BGH-Entscheidungen. Einerseits hat der BGH klare Grundlagen zur Prüfung einer Unterhaltsbegrenzung entwickelt, die an ehebedingten Nachteilen anknüpfen. Andererseits sorgen die letzten Entscheidungen insbesondere im Hinblick auf die Billigkeitsabwägung und die Bedeutung der Ehedauer eher für Unklarheiten. Für die Prüfungsreihenfolge ist folgendes zu beachten: Als erstes ist zu prüfen, ob der Unterhaltsberechtigte ehebedingte Nachteile erlitten hat. Ist dies nicht der Fall, ist als nächstes festzustellen, ob dem Unterhaltsberechtigten zumutbar ist, sich mit dem Unterhaltsniveau zufrieden zu geben, dass er mit seinen eigenen Einkünften erzielen kann. Maßstab für die Billigkeitsprüfung sind das Alter des Unterhaltsberechtigten, die Ehedauer, die finanziellen Verhältnisse, die Lebensleistung, die der bedürftige Ehegatte für die Ehe erbracht hat, Erwerbsunfähigkeit, Dauer des bisherigen Unterhaltsbezuges (streitig, ob auch solche Zeiträume einbezogen werden dürfen, in denen eine Unterhaltsbegrenzung nicht in Betracht kam – dafür BGH FuR 10, 561 – dagegen BGH FuR 10, 342), Gestaltung von Kindererziehung und Erwerbstätigkeit während der Ehe und der Umstand, ob der Unterhalt durch Vereinbarung oder gerichtliche Entscheidung geregelt ist. Letzteres soll höheres Vertrauen auf den Fortbestand des Unterhalts begründen. All diese Umstände sind abzuwägen (modifizierte Rspr ab BGH FuR 10, 561, wobei ein Regel-Ausnahme-Verhältnis gegeben ist. Die Ausnahme ist die Unterhaltsbegrenzung. Hat der Unterhaltsberechtigte ehebedingte Nachteile erlitten, kommt insoweit eine Unterhaltsbegrenzung grds nicht in Betracht, ist aber nicht generell ausgeschlossen, sondern in Ausnahmefällen möglich (BGH FamRZ 13, 109). Grundsätzlich sind also die ehebedingten Nachteile durch den Unterhalt auszugleichen. Verlangt der Unterhaltsberechtigte darüber hinausgehenden Unterhalt, ist im Hinblick darauf zu prüfen, ob es ihm zumutbar ist, sich mit dem ihm aufgrund des Ausgleichs ehebedingter Nachteile zustehenden Unterhalt und den eigenen Einkünften nach umfassender Abwägung der oben genannten Umstände zufrieden zu geben. Zuletzt ist zu prüfen, welche Übergangszeit der Berechtigte benötigt, um sich auf die Unterhaltskürzung einzustellen. Der BGH knüpft mit diesen Erwägungen ganz unmissverständlich an den Wortlaut der neuen Begrenzungsvorschrift an. Gleichwohl handelt es sich bei den ersten Entscheidungen um Entscheidungen, die zum alten Recht ergangen sind. Auch bei den bisherigen Billigkeitsabwägungen dürfte es nämlich ausschließlich auf ehebedingte Nachteile ankommen. Letztlich sind danach zwar maßgeblich die Ehedauer, die Gestaltung von Haushaltsführung und Kinderbetreuung und sonstige Umstände. Entscheidend ist jedoch, dass der Gedanke des Gesetzgebers, der ihn zu der Konzeption dieser Begrenzungsvorschriften bewogen hat, inzwischen durch die Surrogatsrechtsprechung des BGH überholt ist. Der Gesetzgeber hatte bei der Unterhaltsbegrenzung vor allem den haushaltsführenden und kinderbetreuenden Ehegatten im Auge, der bereits schon auf der getroffenen Rollenwahl wegen der Abhängigkeit von dem alleinverdienenden Ehegatten schutzwürdig war. Die dadurch begründete Abhängigkeit allein sollte jedoch nicht ausreichen. Vielmehr musste noch hinzukommen, dass die Verflechtung durch die zunehmende Ehedauer ein Maß erreicht hat, das dem Unterhaltsberechtigten eine Art Unterhaltsgarantie zukommen lassen sollte. Allein dafür war die Ehedauer maßgebend. Die Surrogatsrechtsprechung hat insoweit zu einer Änderung geführt, als Einkünfte des Unterhaltsberechtigten, die er möglicherweise erst mehrere Jahre nach der Ehe erzielt, die ehel...