Rn 29
Betreut der Berechtigte ein gemeinschaftliches Kind, sind die Kindeswohlinteressen vorrangig zu berücksichtigen. Es muss verhindert werden, dass der Unterhaltsberechtigte, der das Kind betreut, wegen Einschränkungen oder Wegfalls des Unterhalts zu einer Erwerbstätigkeit gezwungen wird, die sich an sich mit der Kindesbetreuung nicht vereinbaren lässt (BGH FamRZ 84, 986). Sind allerdings die Belange des Kindeswohls gewahrt, besteht Freiraum, den Unterhalt herabzusetzen oder zu versagen. Es ist daher möglich, den Unterhalt auf einen Betrag herabzusetzen, der dem Existenzminimum entspricht, da die Belange des Kindes idR ausreichend gewahrt werden, wenn dem Unterhaltsberechtigten der notdürftige Unterhalt gesichert wird (BGH FamRZ 98, 541; 97, 671).
Rn 30
Dies bedeutet, dass der Unterhalt auf den Mindestbedarf gem Anm A 5 der Düsseldorfer Tabelle begrenzt werden darf. Darauf sind dann allerdings sämtliche dem Unterhaltsberechtigten zuzurechnenden Einkünfte anzurechnen, und zwar auch ein Versorgungsentgelt oder das Erziehungsgeld. Die Anrechnung ist deswegen geboten, weil es sich nicht um eine Bedarfsberechnung, sondern um Sicherstellung des Existenzminimums geht. Ferner ist es möglich, bereits erzieltes Einkommen des Unterhaltsberechtigten in vollem Umfang bedarfsprägend zu berücksichtigen, auch wenn es an sich aus unzumutbarerer Erwerbstätigkeit stammt. Schließlich ist auch zu prüfen, ob angemessene Betreuungsmöglichkeiten für das Kind bestehen, zB durch den Besuch eines Kindergartens, durch Betreuung seitens naher Angehöriger wie Großeltern oder durch den neuen Partner des Berechtigten. Hier ist jedoch besondere Vorsicht geboten. Über die Verwirkung darf nicht über das Umgangsrecht bestimmt werden. Das Umgangsrecht richtet sich nach dem Kindeswohl und nicht nach unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkten. Wenn unter Berücksichtigung des Kindeswohls eine Betreuung durch die Großeltern nicht in Betracht kommt, darf dies auch nicht über die Verwirkung erzwungen werden. Gleiches gilt für die Betreuung durch den neuen Lebenspartner. Wenn der Unterhaltsberechtigte ernst zu nehmende Gründe vorträgt, nach denen die Kinderbetreuung durch den neuen Lebenspartner nicht in Betracht kommt, muss dem Rechnung getragen werden. Ändert sich die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes und damit auch die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten, ist es durchaus möglich, die Verwirkung im Hinblick auf die nunmehr reduzierten Kindeswohlinteressen erneut zu prüfen und iRe Abänderungsverfahrens den Verwirkungsgesichtspunkt im Hinblick darauf stärker durchschlagen zu lassen.