Prof. Dr. Moritz Brinkmann
Rn 15
Da die Beifügung von Bedingungen zu einem Rechtsgeschäft eine wesentliche Komponente der vertraglichen Gestaltungsfreiheit ist, sind Rechtsgeschäfte grds bedingungsfreundlich. Dies gilt auch dann, wenn der Rechtserwerb ins Grundbuch einzutragen ist (Zweibr NJW-RR 08, 1395 [OLG Zweibrücken 01.02.2008 - 3 W 3/08] für bedingtes Sondernutzungsrecht). Gesetzlich von der Bedingungsfreundlichkeit ausgenommen sind wegen des Allgemeininteresses an Rechtsklarheit ua die Auflassung (§ 925 II), die Aufhebung und Änderung des Erbbaurechts (§§ 1 IV, 11 I ErbbRG), die Eheschließung (§ 1311 2) und die Begründung einer Lebenspartnerschaft (§ 1 I LPartG), die Anerkennung der Vaterschaft (§ 1594 III), die Sorgeerklärung (§ 1626b I), die Annahme und Ausschlagung der Erbschaft und des Vermächtnisses (§§ 1947, 2180 II). Grundsätzliche bedingungsfeindlich sind wegen des besonderen Interesses an Rechtssicherheit Prozesshandlungen, bei denen nur innerprozessuale Bedingungen zulässig sind (Zö/Greger vor § 128 Rz 20).
Rn 16
Im Gesellschaftsrecht sind beispielsweise die Zeichnung von Aktien, der Beitritt zu einer Genossenschaft (§ 15 I GenG), die Beitrittserklärungen der Gründer einer GmbH sowie die Übernahme von Stammeinlagen bei der Kapitalerhöhung und die Umwandlung einer Kommanditisten- in eine Komplementärstellung (BGH NJW 87, 3186 [BGH 09.02.1987 - II ZR 119/86]) bedingungsfeindlich. Allerdings kann die Bestellung zum Geschäftsführer einer GmbH nach Ansicht des BGH bedingt erfolgen. Die Rechtsunsicherheit, die durch die Bedingung der Organstellung entsteht, führe nicht zur Unwirksamkeit einer entspr Satzungsgestaltung (BGH ZIP 05, 2255; aM Scholz/Schneider/Schneider GmbHG, § 6 Rz 74; Priester/Mayer/Wicke/Diekmann MünchHdb GesR, Bd 3, § 42 GmbHR Rz 39).
Rn 17
Im Arbeitsvertrag ist die Zulässigkeit von auflösenden Bedingungen im Hinblick auf mögliche Umgehungen des Kündigungsschutzes problematisch. Entsprechend fordert das BAG für die Wirksamkeit einer solchen Bedingung einen sachlichen Grund (BAG DB 92, 948).
Rn 18
Der Grundsatz der Bedingungsfreundlichkeit gilt auch bei einseitigen Rechtsgeschäften. Gerade bei der Ausübung von Gestaltungsrechten sind allerdings im Hinblick auf den Schutz des Erklärungsempfängers Einschränkungen geboten (BGHZ 97, 264). Paradigmatisch ist dies für die Aufrechnung in § 388 S 2 ausgesprochen. Gleiches gilt für die Anfechtungserklärung (BGH WM 61, 157), die Kündigungserklärung (BAG NJW 01, 3335 [BGH 11.07.2001 - XII ZB 128/98]), die Genehmigung nach § 185 II und die Ausübung von Optionsrechten. Da die Bedingungsfeindlichkeit den Geschäftsgegner nur vor unklaren Schwebelagen schützen soll, sind trotz § 388 S 2 und entspr Regeln solche Bedingungen zulässig, bei denen derartige Schwebelagen ausgeschlossen sind (BGHZ 97, 264, 267 = NJW 86, 2245; WM 73, 695), Daher sind auch bei einseitigen Rechtsgeschäften Bedingungen, deren Eintritt vom Willen des anderen Teils abhängt, zulässig (zB Änderungskündigung, die nur für den Fall wirksam sein soll, dass der Empfänger nicht mit einer bestimmten Änderung des Vertragsverhältnisses einverstanden ist, Staud/Bork Vor §§ 158–163 Rz 41). Die Änderungskündigung ist im Arbeitsrecht nach § 2 KSchG zulässig. Aus dem Gesichtspunkt, dass die Schwebelage die Interessen des Erklärungsempfängers nicht übermäßig beeinträchtigt, ist innerhalb eines Prozesses auch die hilfsweise Ausübung von Gestaltungsrechten (Eventualaufrechnung, Eventualanfechtung) zulässig (›innerprozessuale Bedingung‹).