Prof. Dr. Moritz Brinkmann
I. Eintritt und Ausfall der Bedingung.
Rn 21
Tritt bei der aufschiebenden Bedingung das Ereignis ein, so beendet dies automatisch die Schwebelage. Bei Verpflichtungsgeschäften entsteht in diesem Moment der Anspruch, seine Fälligkeit richtet sich nach § 271. Bei Verfügungsgeschäften finden im Moment des Bedingungseintritts Rechtserwerb und -verlust statt. Die Wirkungen des Rechtsgeschäfts treten auch dann ein, wenn eine der Parteien nicht mehr am Rechtsgeschäft festhalten will (BGHZ 127, 129, 133 = NJW 94, 3228). Der Eintritt der Bedingung hat keine Rückwirkung, eine schuldrechtliche Rückbeziehung ist allerdings nach § 159möglich. Ein Ausfall der Bedingung liegt vor, wenn endgültig feststeht, dass sie nicht mehr (rechtzeitig) eintreten kann. Bei Bedingungen, die auf ein unmögliches Ereignis gerichtet sind, liegt insofern von Anfang an ein Ausfall vor. Auch der einseitige Verzicht desjenigen, der aus dem Bedingungseintritt einen Vorteil hätte, soll jedenfalls bei Verfügungen zulässig sein und zum endgültigen Bedingungsausfall führen (BGHZ 138, 195, 200 = NJW 98, 2360; NJW 94, 3227, str). Bei Verpflichtungsgeschäften handelt es sich um eine von beiden Seiten vorzunehmende Vertragsänderung.
Rn 22
Bei der aufschiebenden Bedingung führt der Ausfall zur endgültigen Wirkungslosigkeit des Rechtsgeschäfts. Bei der auflösenden Bedingung ist im Gegenteil das Rechtgeschäft zunächst voll wirksam, mit Ausfall der Bedingung wird es endgültig wirksam. Tritt umgekehrt die Bedingung ein, so treten die Rechtsfolgen des Rechtsgeschäfts sofort und ohne weitere Zwischenakte gem § 158 II Hs 2 außer Kraft. Wurde vor Bedingungseintritt auf den auflösend bedingten Anspruch geleistet, so löst der Eintritt der Bedingung daher einen Anspruch aus § 812 I 1 Var 1 des Leistenden aus (Staud/Bork Rz 22).
II. Schwebezustand vor Eintritt oder Ausfall der Bedingung.
Rn 23
Auch das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft ist schon vor Bedingungseintritt vollendet (BGHZ 127, 129). Es liegt daher bis zum Bedingungseintritt keine schwebende Unwirksamkeit vor, lediglich sind die Rechtsfolgen des Rechtsgeschäfts bis zum Eintritt des Ereignisses hinausgeschoben. Daher kommt es für die übrigen Wirksamkeitsvoraussetzungen des Rechtsgeschäfts auf den Zeitpunkt seiner Vornahme an und nicht etwa auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts (MüKo/Westermann Rz 39). Eine nachträglich eintretende Verfügungsbeschränkung, zB aus § 81 I InsO, ist deshalb unschädlich (BGH NZI 06, 229 [BGH 17.11.2005 - IX ZR 162/04]). Der aufschiebend bedingte Anspruch ist nach § 883 I 2 vormerkungsfähig, vererblich, abtretbar und kann nach §§ 765 II, 1113 II, 1204 II durch akzessorische Sicherungsrechte besichert werden. Auch die Anordnung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung eines bedingten Anspruchs ist in den Grenzen von § 916 II ZPO zulässig (MüKo/Westermann § 160 Rz 7). Wird vor Bedingungseintritt geleistet, so steht dem Leistenden vorbehaltlich des § 814 ein Anspruch aus § 812 I 1 Var 1 zu (MüKo/Westermann Rz 40). Die Verjährung des Anspruchs beginnt frühestens mit dem Eintritt der Bedingung, denn erst zu diesem Zeitpunkt entsteht der Anspruch.
Rn 24
Der auflösend bedingte Anspruch ist bis zum Eintritt der Bedingung unbeschränkt durchsetzbar. Allerdings ist die dolo agit-Einrede (s § 242 Rn 49) zu beachten (vgl BGHZ 10, 75). Bei auflösend bedingten Dauerschuldverhältnissen kann sich aus den Umständen ergeben, dass das Recht zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen sein soll (BGH NJW-RR 09, 927 [BGH 01.04.2009 - XII ZR 95/07]).
Rn 25
Die Rechtsstellung des Begünstigten, der mit Eintritt der Bedingung automatisch in die übertragene Rechtsposition (bei der auflösenden Bedingung: wieder) eintritt, ist nach Maßgabe der §§ 160 ff gegen Leistungsstörungen, Zwischenverfügungen und Bedingungsvereitelung geschützt. Diese Position wird als Anwartschaft uU auch als Anwartschaftsrecht beschrieben, ohne dass aus diesem Begriff weitere Rechtsfolgen abgeleitet werden sollten (§ 161 Rn 12 ff).