Rn 29
Sind die tatsächlichen Wohnkosten des unterhaltsverpflichteten Ehegatten höher als in den Selbstbehaltsätzen ausgewiesen, ist zunächst zu prüfen, ob dem Unterhaltsverpflichteten aufgrund der Mietbelastung ein Anspruch auf Wohngeld zusteht (Bambg FamRZ 93, 66). Maßgeblich ist dabei nicht das tatsächliche Wohngeld, sondern der Anspruch auf Wohngeld. Ein solcher Anspruch ist jedoch nach dem Wohngeldgesetz nur in den seltensten Fällen gegeben, weil die Unterhaltszahlungen, die das verfügbare Einkommen erheblich beeinträchtigen, in § 12a WoGG nur unzureichend berücksichtigt werden.
Rn 30
Als nächstes ist zu prüfen, ob die Überschreitung des Wohnkostenanteils durch den Unterhaltsverpflichteten vermeidbar ist (KG FamRZ 94, 1047). Der Unterhaltsverpflichtete ist gehalten, sich um eine preisgünstigere Wohnung zu bemühen. Er hat darzulegen und zu beweisen, dass er dieser Obliegenheit nachgekommen ist.
Rn 31
Bewohnt der Unterhaltsverpflichtete die Wohnung nicht allein, sondern mit anderen Personen, haben diese sich an den Mietkosten zu beteiligen. Bei Erwachsenen geschieht die Aufteilung idR nach Köpfen. Bei Kindern ist danach zu unterscheiden, ob ihnen Unterhalt gewährt wird. In die Tabellenbeträge nach der Düsseldorfer Tabelle ist ein Mietaufwand von 20 % eingearbeitet (KG FamRZ 94, 1047). Dies lässt es gerechtfertigt erscheinen, 20 % des Barunterhalts zur Deckung der Mietkosten zu berücksichtigen.
Bei Kindern, für die kein Unterhalt gezahlt wird, erscheint es angemessen, die Hälfte der auf einen Erwachsenen umzulegenden Mietkosten anzusetzen.
Letzte Voraussetzung ist, dass die danach berücksichtigungsfähigen Mietkosten den in die Selbstbehaltsätze eingearbeiteten Wohnkostenanteil erheblich überschreiten (BGH FamRZ 84, 1000).
Rn 32
Die Erhöhung des notwendigen Selbstbehalts aufgrund der Mietaufwendungen des Unterhaltsverpflichteten kommt insbesondere dann in Betracht, wenn dieser nach der Trennung in der früheren Ehewohnung wohnen bleibt und gezwungen ist, die Miete weiterzuzahlen. Da die Miete der Ehewohnung im Regelfall den Warmmietanteil von 580,00 EUR übersteigt und es in den seltensten Fällen möglich ist, das Mietverhältnis sofort zu beenden, muss das Existenzminimum des Unterhaltsverpflichteten solange durch Erhöhung des Selbstbehalts sichergestellt werden, wie dieser gezwungen ist, die höhere Miete zu entrichten. Solange es ihm nicht möglich oder zumutbar ist, das Mietverhältnis zu beenden, darf ihm nicht der Vorwurf gemacht werden, er hätte sich um eine preisgünstigere Wohnung bemühen müssen. Ihn trifft zwar die Obliegenheit, mit allen Mitteln, auch durch Stellung eines Nachmieters, das Mietverhältnis zu beenden, solange ihm jedoch die Fortdauer des Mietverhältnisses nicht vorzuwerfen ist, muss seiner Verpflichtung, die Miete weiter zu zahlen, durch Erhöhung des Selbstbehalts Rechnung getragen werden. Insbesondere wird man eine Kündigung vor Ablauf des Trennungsjahres nicht verlangen können.