Rn 1
§ 1585c stellt klar, dass der Grundsatz der Vertragsfreiheit auch im Unterhaltsrecht gilt (BGH FamRZ 14, 1978; 14, 629). Einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Ehescheidungsfolgen gibt es nicht (BGH FamRZ 04, 601; Hahne DnotZ 04, 84). Erwerbs- und Familienarbeit sind nur insoweit als gleichwertig zu behandeln, als die Ehegatten nicht etwas anderes vereinbart haben (BGH FamRZ 05, 1444). Modifikationen des Grundsatzes der gleichen Teilhabe sind grds nicht ausgeschlossen, wenngleich sie der Inhaltskontrolle (vgl Rn 6) unterliegen, insoweit jedoch nicht mit dem Gebot einer stets strikten Halbteilung. Die Reform des Unterhaltsrechts hat eine früher beginnende Erwerbsobliegenheit des kindesbetreuenden Ehegatten und ein früheres Ende der Unterhaltspflicht bewirkt. Sie hat mit der Aufgabe der Lebensstandardgarantie und der Abschaffung eines festen Altersphasenmodells zu einer verstärken Individualisierung der Unterhaltsberechnung geführt. Dies und die vom BVerfG (FamRZ 11, 436) verworfene Dreiteilungsmethode auf der Bedarfsebene haben in der Praxis zunehmend zu unterhaltsverstärkenden Vereinbarungen (vgl Jüdt FuR 14, 92; 155; Büte FuR 14, 318; 348; 395) geführt.
Die Disponibilität der Scheidungsfolgen (BVerfG FamRZ 01, 343; BGH FamRZ 04, 601) darf allerdings nicht dazu führen, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Regelungen durch vertragliche Vereinbarungen beliebig unterlaufen werden kann. Im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle ist zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung im Scheidungsfall führt, dass ihr – und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse – wegen Verstoßes gegen die guten Sitten die Anerkennung der Rechtsordnung ganz oder teilweise mit der Folge zu versagen ist, dass an ihre Stelle die gesetzlichen Regelungen treten (BGH FamRZ 17, 884; 14, 1978). Hält ein Ehevertrag einer derartigen Wirksamkeitskontrolle stand, ist sodann im Rahmen einer Ausübungskontrolle zu prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht (§ 242), wenn er sich im Scheidungsfall ggü einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, dass diese Rechtsfolge durch den Vertrag wirksam abbedungen sei (eingehend zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen Wellenhofer NZFam 20, 645; Born FF 21, 148; 21, 180; BGH FamRZ 20, 1347; 14, 629). Der BGH (FamRZ 21, 1114) hatte sich mit der Frage zu befassen, in welcher Weise die Inhaltskontrolle eines bereits im Vorverfahren beurteilten Ehevertrages im nachfolgenden Abänderungsverfahren nach § 238 FamFG einer erneuten rechtlichen Prüfung unterzogen werden kann. Das Abänderungsverfahren ermöglicht weder eine neue Festsetzung des Unterhalts noch eine abweichende Beurteilung derjenigen Verhältnisse, die bereits in der ersten Entscheidung eine Bewertung erfahren haben. Daher ist das Gericht im zulässigen Abänderungsverfahren an die Bewertung eines Ehevertrages zur Sittenwidrigkeit nach § 138 (Wirksamkeitskontrolle) im Ausgangsverfahren gebunden, zumal im Abänderungsverfahren lediglich eine Anpassung an veränderte Umstände unter Wahrung der Grundlagen des bestehenden Unterhaltstitels erfolgen kann. Allerdings weist der BGH in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die in einem zweiten Ehevertrag erfolgten Regelungen die Klauseln des ersten Ehevertrages hätten bestätigen können. Demgegenüber kann ein vereinbarter Unterhaltsverzicht einer erneuten Ausübungskontrollen nach § 242 unterzogen werden. Im Vorverfahren war für die Frage, ob der begünstige Ehegatte die ehevertraglichen Klauseln einem Anspruch entgegenhalten konnte, auf den Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe abzustellen. Im Abänderungsverfahren hingegen kann der Umstand eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens abweichend zu beurteilen sein, weil durch den Zeitverlauf weitere Umstände in die Beurteilung für den Ausgleich ehebedingter Nachteile einzubeziehen sind. Hierzu zählen insb die Dauer der erbrachten Unterhaltszahlungen, anderweitige Vermögenszuwendungen, ein ggf verbleibender geringer Unterhaltsbetrag, eine evtl neue Partnerschaft des Berechtigten oder ein geänderter Unterhaltstatbestand (BGH FamRZ 21, 1114; vgl auch KG FamRZ 22, 1614).
Hält ein ehevertraglich vereinbarter Verzicht auf nachehelichen Unterhalt der richterlichen Ausübungskontrolle nicht stand, muss die anzuordnende Rechtsfolge im Lichte der zum 1.1.08 in Kraft getretenen Änderungen gesehen und insb berücksichtigt werden, dass § 1570 nur noch einen auf drei Jahre begrenzten Basisunterhalt vorsieht, der nur aus kind- oder elternbezogenen Gründen verlängert werden kann (BGH NJW 11, 2969). Eine Unterhaltsvereinbarung für die Zeit nach der Scheidung kann vor Eheschließung, während der Ehe und auch nach rechtskräftiger Scheidung getroffen werden (BGH FamRZ 91, 306).
Rn 1a
Verstärkende Unterhaltsvereinbarungen können sinnvoll sein, zB, wenn eine längere Kindesbetreuung durch einen...