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Ergibt die Wirksamkeitskontrolle, dass einzelne Klauseln eines Ehevertrages schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens nach § 138 I nichtig sind, so ist nach § 139 idR der gesamte Vertrag nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, das er auch ohne die nichtigen Klauseln geschlossen sein würde (BGH FamRZ 06, 1097; FamRZ 05, 1444). Auch wenn einzelne Regelungen in einem Ehevertrag noch akzeptabel sind, kann sich aus der Gesamtschau eine objektiv bedenkliche Belastung eines Ehegatten ergeben, sofern keinerlei Kompensation für den Ausschluss gesetzlich vorgesehener Scheidungsfolgen vorgesehen ist (BGH FamRZ 20, 1347; 18, 577; 17, 884; eingehend Grziwotz NZFam 20, 650).
Ein Rechtsgeschäft kann auch ohne den sittenwidrigen Teil aufrechterhalten werden, wenn dies dem mutmaßlichen Parteiwillen entspricht (ausf zur Teil- oder Gesamtnichtigkeit bei Eheverträgen Grziwotz NZFam 20, 650). Voraussetzung ist, dass sich der Sittenverstoß eindeutig auf einen abtrennbaren Teil beschränkt und iÜ gegen den Inhalt des Vertrages keine Bedenken bestehen (BGH FamRZ 06, 1097; 05, 1444). Der unwirksame Verzicht auf Trennungsunterhalt (§§ 1364 IV 4; 1360a III, 1614 I; vgl BGH FamRZ 14, 629) muss jedenfalls dann nicht die Unwirksamkeit eines Verzichts auf nachehelichen Unterhalt zur Folge haben, wenn die Parteien das Rechtsgeschäft auch ohne den unwirksamen Teil abgeschlossen hätten (BGH FamRZ 20, 1347). Wegen der Nichtidentität von Trennungs- und nachehelichem Unterhalt (BGH FamRZ 81, 242) wird man bereits unterschiedlicher Meinung darüber sein können, ob eine Vereinbarung einerseits über den Trennungs- andererseits über den nachehelichen Unterhalt überhaupt als einheitliches Rechtsgeschäft iSd § 139 anzusehen ist. Nur wenn man diese Frage bejaht, wird es einer Auslegung des mutmaßlichen Parteiwillens bedürfen. In der Praxis wird man oftmals nur zu einer Teilnichtigkeit gelangen. Wünschen Parteien, dass einzelne Vertragsbestimmungen jedenfalls Bestand haben sollen, empfehlen sich Sicherungsklauseln, insb salvatorische Klauseln. Derartige salvatorische Klauseln sollten jedoch nicht standardisiert verwendet werden, sondern individuell formuliert sein (BGH FamRZ 20, 1347 und Bergschneider FamRZ 20, 1351). Sie können relevant werden, wenn sich die Gesamtnichtigkeit aus der Anwendung des § 139 ergibt (BGH FamRZ 14, 629; 13, 269; 05, 1444). Sind bezüglich einzelner Regelungen ungleiche Verhandlungspositionen der Ehegatten bei Vertragsschluss nicht erkennbar, kommt eine bloße Teilnichtigkeit des Vertrages in Betracht (BGH FamRZ 13, 269). Bei der Prüfung ist zu beachten, ob ein enger Zusammenhang zwischen den Regelungen besteht, also ein Einheitlichkeitswille der Ehegatten vorlag und der Vertrag nachher ein einheitliches Rechtsgeschäft darstellt. Es besteht eine tatsächliche Vermutung für den Einheitlichkeitswillen bei Aufnahme mehrerer Vereinbarungen in einer Urkunde (BGH FamRZ 14, 629). Ist ein Einheitlichkeitswille anzunehmen, muss nach den Regeln der ergänzenden Vertragsauslegung geprüft werden, ob die Ehegatten die übrigen Regelungen so auch bei Kenntnis der Nichtigkeit der einzelnen Regelung getroffen hätten (Wendl/Dose/Wönne § 6 Rz 650). Dies kann aber fraglich sein, wenn die nichtige Regelung mit einer oder mehreren anderen an sich wirksamen Regelungen in einem inneren Zusammenhang steht. Wird in einem reinen Scheidungsfolgenvertrag dagegen ein vollständiger Verzicht in einer Folgesache durch Leistung in einer anderen Folgesache kompensiert, kann dies dagegen gerade die Wirksamkeit des gesamten Vertrages zur Folge haben. Ist aber ein Ehevertrag, der auch Unterhaltsregelungen enthält, für den Bedürftigen im Rahmen einer Gesamtwürdigung oder ausnahmslos nachteilig, ohne dass berechtigte Belange der anderen Vertragspartei dies rechtfertigen, erfasst die Nichtigkeitsfolge trotz Vorliegens einer salvatorischen Klausel notwendig den gesamten Vertrag (BGH FamRZ 18, 577). In diesem Fall führen salvatorische Klauseln zu einer Beweislastumkehr. Der Vertragspartner, der sich auf die Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung beruft, ist entgegen § 139 darlegungs- und beweispflichtig (BGH NJW 03, 347 [BGH 24.09.2002 - KZR 10/01]). Dieser Ehegatte, muss die Vermutung, dass der Vertrag auch ohne den nichtigen Teil noch eine ausgewogene und von den Parteien gewollte Regelung enthält, widerlegen. Die salvatorische Klausel kann kombiniert werden mit einer Wirksamkeitsklausel. Diese regelt im Einzelnen, welche Vertragsbestimmungen im Verhältnis zueinander für den Fall der Unwirksamkeit einzelner Klauseln jedenfalls Bestand haben sollen. Ergibt sich die Sittenwidrigkeit der getroffenen Abreden bereits aus der Gesamtwürdigung eines Vertrages, dessen Inhalt für eine Partei ausnahmslos nachteilig ist und dessen Einzelregelungen durch keine berechtigten Belange der anderen Partei gerechtfertigt werden, so erfasst die Nichtigkeitsfolge den gesamten Vertrag. Für eine Teilnichtigkeit bleibt in diesem Fall kein Raum. Eine salvatorische Klausel ändert daran nichts (BGH FamRZ 08...