1. Gesteigerte Unterhaltsverpflichtung.
Rn 4
Den Eltern obliegt eine erhöhte Arbeitspflicht unter gesteigerter Ausnutzung ihrer Arbeitskraft. Sie sind uU auch verpflichtet, in zumutbaren Grenzen einen Orts- oder Berufswechsel vorzunehmen, wenn sie nur auf diese Weise ihre Unterhaltsverpflichtung erfüllen können. Sie müssen alle zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten ausschöpfen und sogar berufsfremde Tätigkeiten unterhalb ihrer gewohnten Lebensstellung aufnehmen (BGH FamRZ 94, 372). Mangelnde Sprachkenntnisse schaden im Regelfall nicht (BGH FamRZ 14, 637). Die Arbeitszeit beträgt 48 Stunden, soweit dies mit dem Arbeitszeitgesetz vereinbar ist. Im Übrigen gelten die Grundsätze der Zumutbarkeit einer Nebentätigkeit BGH FamRZ 14, 637). Sie haben grds kein Recht, zwecks weiterer Ausbildung einen Beruf aufzugeben und den Unterhaltsbedürftigen der Sozialhilfe zu überantworten (BGH aaO). Kommen sie ihrer gesteigerten Erwerbspflicht nicht nach, wird ihnen ein fiktives Einkommen in der Höhe zugerechnet, wie sie es bei gutem Willen durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnten. Es muss allerdings feststehen oder zumindest nicht auszuschließen sein, dass bei genügenden Bewerbungsbemühungen eine reale Beschäftigungschance bestanden hätte. Zweifel wirken sich zu Lasten des Unterhaltsverpflichteten aus (BGH FamRZ 87, 144). Tatsächlich erzielte Zusatzeinkünfte sind in vollem Umfange bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen. Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit gibt es bei der gesteigerten Unterhaltsverpflichtung nicht (Hamm FamRZ 96, 303). Ob eine Nebenbeschäftigung zumutbar ist, richtet sich nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen (FamRZ 03, 661).
2. Normale Unterhaltsverpflichtung.
Rn 5
Auch wenn eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit nicht besteht, darf ein Elternteil sich nicht durch leichtfertiges unterhaltsbezogenes Verhalten leistungsunfähig machen. In einem solchen Fall sind ihm die alten Einkünfte weiterhin zuzurechnen. Ein Elternteil erfüllt seine Erwerbsobliegenheit, wenn er einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Er ist nicht verpflichtet, eine Nebentätigkeit aufzunehmen. Leistet er Überstunden, können diese gem § 1577 II in entspr Anwendung teilw unberücksichtigt bleiben (vgl BGH FamRZ 83, 886; FamRZ 82, 779). Auch hier können fiktive Einkünfte zugerechnet werden, wenn der Unterhaltsschuldner sich nicht hinreichend intensiv um eine neue Beschäftigung bemüht hat und eine Beschäftigungschance besteht. Ihn trifft dafür die Darlegungs- und Beweislast. Dies gilt auch für den Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente, da diese nur krankheitsbedingte Beeinträchtigungen voraussetzt, die einer Erwerbstätigkeit von mehr als drei Stunden täglich entgegenstehen BGH Beschl v 9.11.16 – XII ZB 27/15).