Rn 2
Minderjährige und privilegierte volljährige Kinder gemäß § 1603 II 3 sind nunmehr ggü Ehegatten vorrangig. Dies bedeutet, dass das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten zunächst um die Kindesunterhalte zu bereinigen ist. Soweit das dann noch verfügbare Einkommen den ggü dem Ehegatten oder dem Anspruch aus § 1615l geltenden Selbstbehalt, der in beiden Fällen identisch ist, übersteigt, sind die Unterhaltsberechtigten auf dem zweiten Rang zu befriedigen. Auf dem zweiten Rang befinden sich zunächst die Ehegatten, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Falle einer Scheidung gewähren. Damit sind die mit dem Unterhaltsverpflichteten zusammen lebenden Ehegatten gemeint. Hier ist hypothetisch zu prüfen, ob diese im Falle einer Scheidung wegen Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt wären. Voraussetzung ist also, dass der Ehegatte tatsächlich einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt gemäß § 1570 hat. Soweit er einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgeht und darüber hinaus unterhaltsberechtigt ist, handelt es sich ausschließlich um Aufstockungsunterhalt nach § 1573 II, so dass dieser Ehegatte auf dem dritten Rang steht, es sei denn, ein Teil des Einkommens ist überobligatorisch und wird nur teilweise oder gar nicht angerechnet (BGH FamRZ 14, 1987). Gleiches gilt dann, wenn der Ehegatten den vollen Unterhalt erhält, weil es ihm trotz ausreichender Erwerbsbemühungen nicht gelungen ist, eine Arbeitsstelle zu finden. In diesem Falle beruht der Unterhaltsanspruch auf § 1573 I und ebenfalls nicht auf § 1570. Ist der Ehegatte allerdings sowohl nach § 1570 als auch nach § 1573 II unterhaltsberechtigt, stützt sich also der Unterhaltsanspruch auf gemischten Anspruchsgrundlagen, ändert sich an der zweiten Rangstelle des Ehegatten nichts, weil er wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt ist. Da es in dem Gesetzeswortlaut nicht ›soweit‹ heißt, ist ausreichend, wenn ein Teil des Unterhalts auf § 1570 beruht (BGH FamRZ 14, 1987).
Rn 3
Auf der zweiten Rangstufe stehen ferner Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer. Bei der Beurteilung der Ehedauer sind die Nachteile im Sinne des § 1578b I 2 und 3 zu berücksichtigen. Hat also der Ehegatte ehebedingte Nachteile erlitten (vgl dazu § 1578b Rn 3), sind andere Maßstäbe anzulegen, als wenn ehebedingte Nachteile nicht gegeben sind. Bei der Frage, der Ehedauer wird insbesondere im Hinblick auf die BGH-Rechtsprechung (vgl § 1578b Rn 4) auch das Alter des unterhaltsberechtigten Ehegatten zu berücksichtigen sein. Der BGH (FuR 08, 542) hat eine lange Ehe (28 Jahre im entschiedenen Fall) abgelehnt, weil ehebedingte Nachteile nicht gegeben waren. Letztlich wird man sagen können, dass immer dann, wenn eine Unterhaltsbegrenzung in Betracht kommt, nicht von einer Ehe von langer Dauer auszugehen sein dürfte. Ist der bedürftige Ehegatte mit dem Unterhaltsverpflichteten verheiratet, besteht die Möglichkeit, dass die Ehe durch ihre Fortdauer zu einer Ehe von langer Dauer wird. Es ist also möglich, in den zweiten Rang ›hineinzuwachsen‹. Ebenso ist es möglich, dass der Ehegatte mit Wegfall des Betreuungsunterhalts aus der zweiten Rangstufe herausfällt.
Die zweite Rangstufe gilt ferner für Elternteile, die wegen Betreuung eines Kindes nach § 1615l unterhaltsberechtigt sind.
Rn 4
Auf der dritten Rangstelle stehen die Ehegatten, die nicht unter Nr 2 fallen. Dazu gehören also die Ehegatten, die wegen Betreuung eines Kindes nicht unterhaltsberechtigt sind und deren Ehe auch nicht von langer Dauer war. Die Frage ist, ob diese Bestimmung verfassungsgemäß ist. Da die Ehe gemäß Art 6 GG unter dem besonderen Schutz des Staates steht, dürfte es problematisch sein, dass die finanzielle Grundlage einer Ehe durch einen Unterhaltsanspruch nach § 1615l wegen der Vorrangigkeit zerstört werden kann. Geht aus einem Ehebruch ein Kind hervor und ist die Ehe des Unterhaltsverpflichteten nicht von langer Dauer und kinderlos, würde der Anspruch nach § 1615l dem Anspruch der mit dem Unterhaltspflichtigen verheirateten Ehefrau im Rang vorgehen, so dass für die Ehe bei Einkünften des Pflichtigen von etwa 2.000 EUR nur noch die Hälfte des Einkommens zur Verfügung stände.
An vierter Rangstelle stehen die nicht privilegierten volljährigen Kinder. Es folgen die Enkelkinder, Eltern und sonstige Verwandte.