I. Erstausbildung.
Rn 7
Kinder haben grds nur Anspruch auf eine Ausbildung, nicht auf mehrere. Haben Eltern ihrem Kind eine den Begabungen und Fähigkeiten sowie dem Leistungswillen entspr Ausbildung finanziert, haben sie ihre Unterhaltsverpflichtung erfüllt und müssen dem Kind nicht noch eine weitere ermöglichen (BGH FamRZ 01, 1601; 93, 1057). Zur Erstausbildung gehört auch ein Studium nach praktischer Ausbildung und Abitur, wenn ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang gegeben ist und die Finanzierung des Studiums dem in Anspruch genommenen Elternteil zumutbar ist (vgl dazu iE BGH FamRZ 93, 1057; 89, 853; 01, 1601; 95, 416). Der zeitliche Zusammenhang ist auch gegeben, wenn sich das Kind mehrere Jahre erfolglos um einen Studienplatz beworben hat (BGH Beschl v 3.5.17 – XII ZB 415/16). An der Zumutbarkeit kann es fehlen, wenn der Elternteil nicht mehr damit rechnen musste, noch auf Ausbildungsunterhalt in Anspruch genommen zu werden (BGH Beschl v 3.5.17 – XII ZB 415/16). Demgegenüber liegt in den Fällen Realschule – Lehre – Fachoberschule – Studium im Regelfall eine Zweitausbildung vor, wenn das Kind nicht von vornherein beabsichtigt hatte, nach der Lehre die Fachoberschule zu besuchen und anschließend zu studieren, wobei der Entschluss zu studieren erst während der praktischen Ausbildung gefasst werden muss (BGH FamRZ 91, 320) oder die Eltern mit einem derartigen beruflichen Werdegang des Kindes aufgrund besonderer Anhaltspunkte rechnen mussten (BGH FamRZ 00, 420; Kobl FamRZ 01, 852; BGH FuR 06, 361: Ausreichend ist, wenn die Begabung des Kindes nicht richtig eingeschätzt wurde, wobei Verzögerungen unerheblich sind, die auf einem leichten Versagen des Kindes beruhen – hier: Realschule – Maurerlehre – Fachoberschule – Abitur – Ausbildung Polizeidienst – Prüfungsversagen – Studium der Architektur). Eine Zweitausbildung wird allerdings dann geschuldet, wenn aus beruflichen Gründen ein Berufswechsel erforderlich ist (BGH FamRZ 95, 416), der zunächst erlernte Beruf entgegen objektiver Vorhersehbarkeit keine ausreichende Lebensgrundlage bietet (BGH FamRZ 95, 416), Eltern die Begabungen des Kindes falsch eingeschätzt haben (BGH FamRZ 95, 416; 93, 1057), das Kind gegen seinen Willen in einen seiner Begabung nicht entspr Beruf gedrängt worden ist (BFG FamRZ 89, 853), die Zweitausbildung auf einer intellektuellen Spätentwicklung beruht (BFG FamRZ 00, 420), das Kind unter dem Eindruck von Trennung und Scheidung keinen gefestigten Berufswunsch bilden konnte (Ddorf FamRZ 94, 1546) oder die begonnene falsche Ausbildung auf Bitten der Eltern beendet wird und das Kind dann eine seinen Neigungen und Fähigkeiten entspr Ausbildung aufnimmt (BGH FamRZ 91, 931). Streitig ist die Einheitlichkeit des Ausbildungsganges beim Bachelor- und Masterabschluss (dafür Celle FamRZ 10, 1456; Brandbg FamRZ 11, 1067; Wendl/Klinkhammer § 2 Rz 82; dagegen AG Frankfurt NJW-RR 12, 709; offengelassen Strohal FPR 08, 331).
II. Angemessenheit.
Rn 8
Als angemessen ist eine Berufsausbildung zu verstehen, die der Begabung und den Fähigkeiten, dem Leistungswillen und den beachtenswerten Neigungen des Kindes am besten entspricht, ohne dass es insoweit auf Beruf und gesellschaftliche Stellung der Eltern ankommt, und die sich hinsichtlich ihrer Finanzierung in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält (BGH FamRZ 01, 1601; 93, 1057).
III. Ausbildungsdauer.
Rn 9
Das Kind hat die Obliegenheit, die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit zu beenden (BGH FamRZ 98, 671; Hamm FamRZ 00, 886; Köln FamRZ 00, 1162). Verzögerungen, die auf einem vorübergehend leichten Versagen des Kindes zurückzuführen sind, müssen hingenommen werden (BGH FamRZ 90, 149).
IV. Ausbildungsbeginn.
Rn 10
Die Ausbildung muss nach Abgang von der Schule in einer angemessenen Orientierungsphase aufgenommen werden (BGH FamRZ 98, 671). Bei der Orientierungsphase sind auch Alter, Entwicklungsstand und die gesamten Lebensumstände des Kindes zu berücksichtigen (BGH FamRZ 01, 1601). Eine feste Zeitspanne gibt es nicht. Maßgeblich sind letztlich die Umstände des Einzelfalles, so dass sogar ein Zeitabstand von 3 Jahren nach Beendigung der Schule unschädlich sein kann (BGH FuR 13, 708), wenn das Kind sich fortwährend um einen Ausbildungsplatz bemüht hat. Schwangerschaft des Kindes ist weder als Verzögerung der Ausbildung noch als Verzögerung des Ausbildungsbeginns zu werten (BGH FuR 11, 633).
V. Ausbildungsumfang.
Rn 11
Die praktische Ausbildung ist mit der Gesellen-, Gehilfen- oder Facharbeiterprüfung abgeschlossen. Die Fortbildung zum Meister unterfällt nicht mehr der angemessenen Erstausbildung (Stuttg FamRZ 96, 1435).
VI. Studium.
Rn 12
Das Studium ist mit Fleiß und Zielstrebigkeit zu betreiben, damit es innerhalb angemessener und üblicher Dauer beendet werden kann (BGH FamRZ 92, 1064). Innerhalb dieses Rahmens darf das Kind auch den Studienort wechseln. Der Ortswechsel muss aber der Ausbildung dienen. Entsteht durch den Ortswechsel erhöhter Unterhaltsbedarf des Kindes, kommt es darauf an, ob sich die Finanzierung in den Grenzen der wirtschaftli...