I. Voraussetzungen.
Rn 1
Die Vorschrift will verhindern, dass der Minderjährige mit fremdverursachten Schulden in die Volljährigkeit eintritt (FAKomm-FamR/Ziegler § 1629a Rz 2). Daher werden alle Verbindlichkeiten erfasst, die Eltern, Vormund, Pfleger oder andere Vertretungsberechtigte durch Rechtsgeschäft oder sonstige Handlungen mit Wirkung für den Minderjährigen begründen (I 1 Hs 1) oder die der Minderjährige selbst aufgrund der ihm erteilten Einwilligung bzw Genehmigung dieser Personen gem §§ 107, 108, 111 eingeht (I 1 Hs 2). Daran ändert auch die gerichtliche Genehmigung nichts (I 1 Hs 2). Ebenso fallen ererbte Schulden in den Anwendungsbereich (I 1 Hs 1). Keine Anwendung findet die Vorschrift aber auf die Kosten, die auf der durch G begründete Bestattungspflicht beruhen (VG Lüneburg FamRZ 22, 1783).
Rn 2
Gem II besteht die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung aber nicht für Verbindlichkeiten, die der Minderjährige iRe Erwerbsgeschäfts nach § 112 oder ausschl zur persönlichen Bedürfnisbefriedigung begründet. Zu letzteren zählen insb Kleingeschäfte des täglichen Lebens, wie der Kauf von Lebensmitteln und Schulutensilien, aber auch von Konsum- und Freizeitartikeln (AG Leipzig FamRZ 08, 84; Grüneberg/Götz § 1629a Rz 7; vgl auch Klüsener Rpfleger 99, 55 ff). Auch Kosten medizinischer Behandlung dienen grds der persönlichen Bedürfnisbefriedigung (AG Norderstedt MDR 01, 513 bei Röntgenuntersuchung); anders aber – mit der Folge des Haftungsprivileg nach I – bei aufwendiger und kostspieliger ärztlicher Behandlung, deren Kosten von der Krankenversicherung nicht vollständig übernommen werden und die den medizinischen Mindestschutz übersteigen (AG Leipzig FamRZ 08, 84 bei besonderer kieferorthopädischer Behandlung m zust Anm Bischof/Löscher).
Rn 3
Für ausschl selbstverursachte Verbindlichkeiten scheidet eine Haftungsbegrenzung gem I aus. Dies gilt für Ansprüche gegen den Minderjährigen aus unerlaubter Handlung gem §§ 823 ff (einschl der Billigkeitshaftung nach § 829), Gefährdungshaftung (Straßenverkehr), Eigentumsrecht gem § 985, ungerechtfertigter Bereicherung gem §§ 812 ff sowie Unterhaltsverpflichtungen gem §§ 1601 ff (Grüneberg/Götz § 1629a Rz 8; FAKomm-FamR/Ziegler § 1629a Rz 5).
II. Wirkungen.
Rn 4
Der volljährig Gewordene kann seine Haftung hinsichtlich der in der Minderjährigkeit entstandenen beschränkungsfähigen Verbindlichkeiten (s.o. Rn 1–3) auf sein Aktivvermögen begrenzen (weitergehend Hager FS Leenen 43, 55 ff bei Schenkung und Erbschaft). Der Volljährige haftet nur noch mit seinem bisherigen Vermögen; Neuerwerb ist haftungsfrei. Um diese Wirkungen auszulösen, muss sich der junge Erwachsene aber auf seine beschränkte Haftung berufen und gem I 2 iVm § 1990 die Erschöpfungseinrede erheben. Zum Schutz in der Zwangsvollstreckung muss er die Aufnahme des Vorbehalts der beschränkten Haftung im Urt gem §§ 780 I, 786 ZPO beantragen (Köln FamRZ 10, 1927); dies ist wegen der Möglichkeit der Vollstreckungsgegenklage nach §§ 781, 785, 767, 786 ZPO nur dann entbehrlich, wenn der Titel noch aus der Zeit der Minderjährigkeit stammt (AG Siegburg FamRZ 10, 1928; FAKomm-FamR/Ziegler § 1629a Rz 6; MüKo/Huber § 1629a Rz 34; aA OLG Köln FamRZ 10, 1927 mit zu Recht abl Anm Melchers FamRZ 11, 1169). Um die Haftungsbeschränkung im Kostenfestsetzungsverfahren geltend machen zu können, muss die Einrede bereits im Erkenntnisverfahren erhoben werden (Köln FamRZ 10, 1927; aA Kobl FamRZ 16, 384). Die weiteren Wirkungen der Geltendmachung der Einrede regeln die entspr anwendbaren §§ 1990, 1991.