I. Verhältnis des Vertragspartners zum Vertretenen.
1. Eintritt der Rechtsfolgen des Vertretergeschäfts in der Person des Vertretenen.
Rn 74
Die primäre Wirkung der Stellvertretung besteht nach dem Repräsentationsprinzip (Rn 1) darin, dass dem Vertreter die von dem Stellvertreter abgegebene (I 1) oder entgegengenommene (III) Willenserklärung zugerechnet wird, sodass er auf der Rechtsfolgenseite so behandelt wird, als habe er diese Erklärung selbst abgegeben. Zurechnungsgrund ist die Vertretungsmacht des Vertreters oder die nachträgliche Genehmigung durch den Vertretenen nach §§ 177 I, 184 (Bork Rz 1653f). Die Rechtsfolgen treten unmittelbar, dh ohne die Person des Vertreters als Durchgangsstadium in der Person des Vertretenen ein. Wenn es sich um den Abschluss eines Vertrages handelt, erlangt der Vertretene in jeder Hinsicht die Stellung einer Vertragspartei. Neben dem Erfüllungsanspruch stehen dem Vertretenen auch alle weiteren Rechte aus dem Vertragsverhältnis wie zB Schadenersatzansprüche und das Recht auf Rücktritt, Anfechtung (s Rn 75), Kündigung und Gewährleistung zu (MüKo/Schubert Rz 230 ff).
2. Anfechtungs- und Widerrufsrecht des Vertretenen.
Rn 75
Während es für die Frage, ob ein Willensmangel vorliegt, gem § 166 I grds allein auf die Person des Vertreters ankommt (s § 166 Rn 4), steht das Anfechtungsrecht auch wegen in der Person des Vertreters liegenden Willensmängeln idR allein dem Vertretenen zu. Der Vertreter ist jedoch zur Anfechtung im Namen des Vertretenen berechtigt, wenn sich seine Vertretungsmacht auf die Anfechtung erstreckt (Neuner AT § 49 Rz 72f). Eine Ausn gilt bei der Vertretung ohne Vertretungsmacht. Weil diese den Vertretenen nicht bindet und der Vertretene daher kein Bedürfnis zur Anfechtung hat, ist mit einer verbreiteten Ansicht auch dem aus § 179 in Anspruch genommenen Vertreter ohne Vertretungsmacht ein Anfechtungsrecht zuzubilligen (BGH WM 91, 860, 861 [BGH 13.03.1991 - XII ZR 71/90]; aA Soergel/Leptien Rz 12).
Rn 76
Dieselben Grundsätze gelten für ein verbraucherschützendes Widerrufsrecht (§§ 312g, 485, 495). Während sich die Voraussetzungen für das Entstehen des Widerrufsrechts nach dem Rechtsgedanken des § 166 I grds nach der Situation des Vertreters bei Abschluss des Vertretergeschäfts richten, entscheidet über die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 grds allein der Vertretene (Neuner AT § 49 Rz 73). Insb für das Vorliegen einer Haustürsituation (§ 312 I 1) kommt es auf die Situation des Vertreters bei Vertragsschluss, nicht aber auf die des Vertretenen bei Vollmachtserteilung an (BGH WM 07, 440 Rz 20). Hat der Vertreter ohne Vertretungsmacht gehandelt und der Vertretene die Genehmigung verweigert, kann der Vertreter das Widerrufsrecht anstelle des Vertretenen ausüben (BGH WM 91, 860, 861f [BGH 13.03.1991 - XII ZR 71/90]). Dagegen bestimmt sich die Verbrauchereigenschaft iSd § 13 nach der Person des Vertretenen, da es ein Gewerbetreibender ansonsten in der Hand hätte, in den Genuss des Widerrufsrechts zu kommen, indem er einen Verbraucher als Vertreter einsetzt (MüKo/Schubert § 164 Rz 235).
3. Zurechnung des Vertreterhandelns.
Rn 77
Der Vertretene muss sich eine arglistige Täuschung oder Drohung der Vertreters ggü dem Geschäftspartner zurechnen lassen (BGH NJW 06, 1586, 1587 [BGH 11.01.2006 - VIII ZR 364/04]; NJW-RR 87, 59, 60 [BGH 17.04.1986 - III ZR 246/84]), denn der Vertreter ist nicht ›Dritter‹ iSv § 123 II (BGH NJW 96, 1051 [BGH 20.11.1995 - II ZR 209/94]). Das durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen begründete gesetzliche Schuldverhältnis (§§ 280, 311 II, 241 II) trifft grds den Vertretenen. Der Vertretene hat nicht nur für selbst verschuldete Pflichtverletzungen, sondern gem § 278 auch für Pflichtverletzungen seines Vertreters einzustehen (Neuner AT § 49 Rz 94). Juristische Personen haften für das Verschulden ihrer Organe nach den §§ 31, 86, 89. IRd deliktischen Haftung hat der Vertretene für das Handeln des Vertreters nach den §§ 31, 831 einzustehen.
4. Keine Beschränkung der Rechtsmacht des Vertretenen.
Rn 78
Die Macht des Vertretenen zu eigenen Rechtsgeschäften in derselben Sache ist durch die Vertretungsmacht nicht beschränkt (MüKo/Schubert Rz 235). Zur sog verdrängenden Vollmacht s § 167 Rn 2. Bei kollidierendem Handeln gilt für Verfügungsgeschäfte das Prioritätsprinzip. Verpflichtungsgeschäften sind grds wirksam, der Vertretene hat es jedoch zu vertreten, dass er nicht beide erfüllen kann (MüKo/Schubert Rz 235 ff). Kommt es dagegen zum doppelten Vertragsschluss mit demselben Vertragspartner, so kann dieser sich gem § 242 auf den späteren Vertragsschluss nicht berufen (Staud/Schilken § 164 Rz 10).
II. Verhältnis des Vertragspartners zum Vertreter.
Rn 79
Im Verhältnis zwischen Vertreter und Vertragspartner treten grds keine Rechtsfolgen ein. Etwas anderes gilt aber dann, wenn sich der Vertreter ausdrücklich oder stillschweigend etwa durch Bürgschaft, Schuldmitübernahme oder Garantie neben dem Vertretenen zur Leistung verpflichtet oder wenn er den Vertrag zugleich in eigenem und fremdem Namen abschließt (BGHZ 95, 98, 100; BGH WM 97, 1431). Zur Wirksamkeit von entspr Haftungsklauseln in AGB s BGHZ 104, 95, 98 ff. Eine eigene Haftung des Vertreters aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis kann ausnahmsweise aus § 311 III begründet sein. Für eine Eigenhaftung des Vertreters als Sa...