1. Erscheinungsformen.
Rn 5
Die im Wirtschaftsleben häufig anzutreffende, gesetzlich aber nicht definierte und geregelte Treuhand ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treuhänder für den Treugeber kraft einer besonderen Vereinbarung (Treuhandabrede) Rechtsmacht über dessen Vermögen (Treugut) ausübt (Bork Rz 1313). Einen typischen Treuhandvertrag gibt es jedoch nicht. Die Rechtsbeziehungen müssen vielmehr nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insb nach dem zugrunde liegenden Auftragsverhältnis bestimmt werden (BGH DNotZ 19, 828 Rz 10). Der Zweck einer Treuhandvereinbarung kann darin liegen, dass der Treuhänder die Vermögenswerte für den Treugeber verwalten soll (Verwaltungstreuhand), oder darin, dass der Treugeber durch das Treuhandgeschäft gesichert werden soll (Sicherungstreuhand). Die Verwaltungstreuhand dient in erster Linie den Interessen des Treugebers und ist daher fremdnützig. Die Sicherungstreuhand ist hingegen eigennützig, weil der Treuhänder vorrangig sein eigenes Sicherungsinteresse verfolgt (Bork Rz 1313). Nach der rechtlichen Struktur werden die Vollmachtstreuhand (Rn 7), die Ermächtigungstreuhand (Rn 8) und die Vollrechtstreuhand (Rn 9) unterschieden (Bork Rz 1316). Dem Wesen der Treuhand wird am ehesten die Vollrechtstreuhand gerecht, die daher auch als ›echte‹ Treuhand bezeichnet wird.
2. Abgrenzung zur Stellvertretung.
Rn 6
IdR handelt der Treuhänder im eigenen Namen und ist deshalb nicht Vertreter iSd §§ 164 ff (BGH WM 12, 1496 Rz 10). Von der mittelbaren Stellvertretung unterscheidet die echte Treuhand sich dadurch, dass jene idR nur auf die Vornahme eines einzelnen Geschäfts gerichtet und der mittelbare Stellvertreter nur kurzfristiger Durchgangserwerber ist, während der Treuhänder typischerweise längerfristig seine nicht nur auf ein bestimmtes Geschäft gerichtete Treuhandfunktion ausübt und von dem Treugeber das Treugut für die gesamte Dauer seiner Tätigkeit übertragen erhält (Neuner AT § 46 Rz 62). Nach dem vom BGH bisher nicht aufgegebenen und im Schrifttum unterschiedlich beurteilten Unmittelbarkeitsprinzip muss dem Treunehmer das Treugut unmittelbar von dem Treugeber übertragen worden sein (BGHZ 155, 227, 231; abl Soergel/Leptien vor § 164 Rz 56).
3. Vollmachtstreuhand.
Rn 7
Bei der sog Vollmachtstreuhand wird die Stellvertretung als Mittel eingesetzt, um die Zwecke der Treuhand zu erreichen, sodass die §§ 164 ff uneingeschränkt Anwendung finden. Nach hL handelt es sich nicht um eine Treuhand im eigentlichen Sinn, sondern um einen Anwendungsfall der unmittelbaren Stellvertretung (Neuner AT § 49 Rz 64; abw BGH WM 64, 318: ›unechte‹ Treuhand).
4. Ermächtigungstreuhand.
Rn 8
Auch bei der Ermächtigungstreuhand bleibt der Treugeber Vollrechtsinhaber. Als solcher ermächtigt er den Treunehmer, in eigenem Namen für ihn tätig zu werden (Bork Rz 1316). Der Treuhänder kann zwar mit unmittelbarer Fremdwirkung über zum Treugut gehörende Gegenstände verfügen (§ 185 I), den Treugeber aber nicht unmittelbar verpflichten. Denn er tritt wie der mittelbare Stellvertreter im eigenen Namen auf und wird daher selbst Geschäftspartei. Ihn selbst treffen daher sämtliche rechtlichen wie auch steuerlichen Auswirkungen seines Handelns (BGHZ 134, 212, 215f). Für die str Anwendung der Grundsätze über den Missbrauch der Vertretungsmacht auf die Ermächtigungstreuhand (s Rn 11) dürfte ein Bedürfnis selten bestehen, weil die Ermächtigung gem § 185 beliebig beschränkt und so ausgestaltet werden kann, dass sich iGgs zur Vollrechtstreuhand das rechtliche Können im Außenverhältnis mit dem rechtlichen Dürfen im Innenverhältnis deckt (Neuner AT § 49 Rz 64). Wie bei der Vollmachtstreuhand stehen die Rechte aus §§ 771 ZPO; 47 InsO nur dem Treugeber, nicht dem Treunehmer zu (Soergel/Leptien vor § 164 Rz 72).
5. Vollrechtstreuhand (echte Treuhand).
Rn 9
Bei der Vollrechtstreuhand erhält der Treuhänder Vermögensrechte zu eigenem Recht übertragen, darf diese aber nicht oder wenigstens nicht ausschließlich in eigenem Interesse ausüben. Diese Rechtsstruktur ist dadurch gekennzeichnet, dass der Treugeber dem Treuhänder nach außen hin ein Mehr an Rechten überträgt, als dieser nach der gleichzeitig getroffenen schuldrechtlichen Abrede ausüben darf (sog fiduziarische Treuhand; BGH NJW 04, 1382, 1383 [BGH 10.12.2003 - IV ZR 249/02]). Die Treuhandabrede wirkt wegen § 137 aber nur im Innenverhältnis zwischen dem Treuhänder und dem Treugeber (MüKo/Schubert Rz 52). Der nach außen uneingeschränkt verfügungsberechtigte Treuhänder ist lediglich schuldrechtlich gebunden, das übertragene Recht nur nach Maßgabe der Treuhandvereinbarung auszuüben (BGH WM 12, 1496 Rz 10). Weil der Treugeber im Innenverhältnis über die Treuhandabrede auf das treuhänderisch gebundene Vermögen weiterhin Einfluss nehmen kann, bleibt ihm das unmittelbar aus seinem Vermögen stammende Treugut wirtschaftlich und haftungsrechtlich zugeordnet (sog wirtschaftliches Eigentum; Bork AT Rz 1316). Deshalb darf ein Schuldner uU gegen eine iRd Treuhandverhältnisses begründete Forderung mit einer Forderung gegen den Treugeber (BGH NJW 90, 982, 990 [BGH 15.01.1990 - II ZR 164/88]) oder gegen eine Forderung des Treugebers mit...