Rn 17
Der Bote gibt iGgs zum Stellvertreter keine eigene Willenserklärung ab, vielmehr übernimmt er als Erklärungsbote nur den Transport der fremden Erklärung seines Auftraggebers an den Empfänger oder als Empfangsbote den der für seinen Auftraggeber entgegengenommenen, aber nicht an ihn selbst gerichteten Erklärung (BGH NJW 08, 917 [BGH 28.11.2007 - XII ZB 225/05]).
1. Abgrenzung zur Stellvertretung.
Rn 18
Ob Stellvertretung oder Botenschaft vorliegt, ist in Zweifelsfällen durch Auslegung vom Empfängerhorizont (§§ 133, 157) zu ermitteln (BGH NJW 08, 1243 Rz 14). Die Abgrenzung kann in der Praxis schwierig sein (Medicus/Petersen AT Rz 886). Maßgeblich ist nach dem für die Stellvertretung geltenden Offenkundigkeitsprinzip (s Rn 30) das äußere Auftreten der Mittelsperson ggü dem Vertragspartner (BGH NJW 20, 154 [BGH 25.09.2019 - IV ZR 99/18] Rz 32; aA Hueck AcP 152, 432, 433 ff). Botenschaft liegt hiernach vor, wenn sich die Erklärung aus Sicht des Empfängers nicht als eine eigene der Mittelsperson darstellt, weil er als bloßes Transportmittel fungiert und allenfalls hinsichtlich der Transportart und der stilistischen Gestaltung frei ist, in der Sache aber keinerlei Entscheidungsspielraum hat (Neuner AT § 46 Rz 13). Starke Weisungsgebundenheit schließt eine Stellvertretung jedoch nicht unbedingt aus. Auch der nach § 166 II stark weisungsgebundene Vertreter mit ›gebundener Marschroute‹ ist trotz der weit reichenden Vorgaben des Geschäftsherrn, was den Inhalt und die Abgabe der Erklärung angeht, Stellvertreter, wenn er im Außenverhältnis als Vertreter auftritt und die maßgebliche Willenserklärung selbst formuliert (Bork Rz 1346). Aus dem Zusatz ›i.A.‹ folgt nicht bereits, dass der Erklärende lediglich als Bote gehandelt hat (BGH NJW 08, 1243 Rz 15).
2. Abgrenzung zwischen dem Erklärungs- und dem Empfangsboten.
Rn 19
Empfangsbote ist nur derjenige, der vom Adressaten mit der Entgegennahme der Erklärung beauftragt wurde (Hamm NJW-RR 87, 260, 262 [OLG Hamm 30.10.1986 - 15 W 394/86]). Fehlt eine ausdrückliche Ermächtigung des Erklärungsempfängers, ist durch Auslegung (§§ 133, 157) zu ermitteln, ob der Mittler als Empfangs- oder Erklärungsbote anzusehen ist. Maßgeblich hierfür ist, ob die Mittelsperson zur Entgegennahme der konkreten Erklärung für den Empfänger als geeignet und ermächtigt anzusehen ist (s § 130 Rn 17). Fehlt es hieran, ist die Mittelsperson Bote des Erklärenden, der sie in den Erklärungsprozess eingeschaltet hat (Bork Rz 1350).
3. Rechtliche Behandlung.
Rn 20
Das Handeln des Boten ist nur tatsächlicher, nicht rechtsgeschäftlicher Natur. Anders als bei der Stellvertretung (§ 165) braucht der Bote daher nicht (beschränkt) geschäftsfähig sein, es genügt vielmehr die natürliche Einsichtsfähigkeit zur Übermittlung (MüKo/Schubert Rz 70). Andererseits genügt die Wahrung von Formvorschriften durch den Boten nicht. In den Fällen, in denen nur die Hilfsperson die Form wahrt, ist aber im Zweifel Stellvertretung anzunehmen (Bork Rz 1349). Für Willensmängel, Kenntnis und Kennenmüssen kommt es abw von § 166 auf die Person des Geschäftsherrn an (Bork Rz 1358). Das Gleiche gilt für die Auslegung einer durch oder ggü einem Boten übermittelten Willenserklärung (MüKo/Schubert Rz 74). Das Institut der Botenschaft steht grds auch für höchstpersönliche Rechtsgeschäfte zu Verfügung, es sei denn es existieren andere Hindernisse wie etwa das Erfordernis der persönlichen Anwesenheit (BGH NJW 08, 917 [BGH 28.11.2007 - XII ZB 225/05] Rz 15). Daher kann eine Auskunft nach § 260 I auch durch einen Boten, zB einen RA, übermittelt werden (BGH aaO Rz 17). Dagegen finden die Regeln über die Vertretung ohne Vertretungsmacht in den §§ 177 ff (str; s § 177 Rn 5) und das Zurückweisungsrecht gem § 174 (s § 174 Rn 2) auch auf die Botenschaft Anwendung. Zum Zugang einer unter Einschaltung eines Empfangsboten übermittelten Willenserklärung s § 130 Rn 17.
4. Irrtumsfälle.
Rn 21
Nach hM wird der Geschäftsherr gebunden, wenn der Bote oder der Vertreter iR seiner Legitimation (Vollmacht oder Botenmacht) handelt. Gleichgültig ist, ob der Handelnde hierbei als Vertreter oder Bote auftritt. Dogmatische Bedenken müssen ggü dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit zurücktreten (MüKo/Schubert Rz 76 ff). Zur Falschübermittlung durch den Erklärungsboten s § 120 Rn 3.