Gesetzestext
(1) 1Die Einkünfte des Kindesvermögens, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Vermögens nicht benötigt werden, sind für den Unterhalt des Kindes zu verwenden. 2Soweit die Vermögenseinkünfte nicht ausreichen, können die Einkünfte verwendet werden, die das Kind durch seine Arbeit oder durch den ihm nach § 112 gestatteten selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts erwirbt.
(2) 1Die Eltern können die Einkünfte des Vermögens, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Vermögens und für den Unterhalt des Kindes nicht benötigt werden, für ihren eigenen Unterhalt und für den Unterhalt der minderjährigen Geschwister des Kindes verwenden, soweit dies unter Berücksichtigung der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Beteiligten der Billigkeit entspricht.
A. Bedeutung der Vorschrift.
Rn 1
Die Vorschrift regelt für welche Zwecke und in welcher Reihenfolge die Eltern Einkünfte aus dem Kindesvermögen abw von der Anlagepflicht des § 1642 verwenden dürfen. Die Verwendungsregeln sind aber nur insoweit bindend als sie dem Schutz des Kindesvermögens dienen; den Eltern steht es deshalb frei den Kindesunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Dabei korrespondiert I mit § 1602 II, wonach die Eltern keinen Unterhalt schulden, soweit ihn das Kind aus seinen Vermögenseinkünften und dem Ertrag seiner Arbeit bestreiten kann. Der Sinn des § 1649 erschließt sich erst aus II. Zum einen wird dadurch sichergestellt, dass nur Einkünfte aus dem Vermögen des Kindes und keine anderen von den Eltern und Geschwistern für deren Unterhalt verwendet werden dürfen. Zum anderen dient die Vorschrift dazu, ein unverhältnismäßiges wirtschaftliches Gefälle innerhalb der Familie zu vermeiden.
B. Abs 1: Verwendung der Vermögenseinkünfte des Kindes zur Deckung seines eigenen Unterhalts.
I. Einkünfte aus dem Vermögen.
Rn 2
Unter Einkünften aus dem Vermögen sind hier anderes als in § 1602 II die Bruttoeinkünfte zu verstehen. Deshalb bestimmt I 1, dass zunächst mit den Einkünften die notwendigen Verwaltungsausgaben zu decken sind. Dazu gehören nicht nur die laufenden oder außerordentlichen Kosten, wie Steuern, Versicherungen und Reparaturen, sondern auch Investitionen und Rücklagen, die wirtschaftlich sinnvoll sind. Nur für die so festgestellten verbleibenden Nettoeinkünfte gilt die normierte Verwendungsreihenfolge.
II. Bemessung des Unterhalts.
Rn 3
Die Nettoeinkünfte aus dem Kindesvermögen sind dann wiederum vorrangig für den Unterhalt des Kindes zu verwenden. Dabei kann für die Bemessung des Unterhalts nicht ohne weiteres § 1610 herangezogen werden. Vielmehr ist mit Blickrichtung auf II unter Berücksichtigung der Vermögens- und Erwerbsverhältnisse innerhalb der gesamten Familie zu bestimmen, welchen Teil der Nettoeinkünfte das Kind verständlicherweise für seinen Unterhalt verwenden würde (vgl Staud/Heilmann § 1649 Rz 20). Keinesfalls kann der Lebensstandard der Eltern, finanziert durch die Vermögenseinkünfte des Kindes, höher sein als der des Kindes.
III. Einkünfte des Kindes.
Rn 4
Nur soweit die Vermögenseinkünfte des Kindes zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Vermögens und zur Bestreitung seines Unterhalts nicht ausreichen, können gem I 2 die Einkünfte des Kindes aus eigener Arbeit oder Erwerbsgeschäft (§ 112) verwendet werden. Dies soll verhindern, dass die Eltern Verwaltungskosten und Unterhalt mit dem Erwerbseinkommen des Kindes decken und so die Überschusseinkünfte aus dem Vermögen gem II für sich verwenden können (Staud/Heilmann § 1649 Rz 21).
Rn 5
Reichen die Einkünfte des Kindes aus Erwerbstätigkeit nicht zur Deckung der Verwaltungskosten und des Unterhalts aus, so haben die Eltern die Wahl, wofür sie die Einkünfte verwenden wollen.
C. Abs 2: Verwendung der Vermögenseinkünfte des Kindes zur Deckung des Unterhalts seiner Eltern und Geschwister.
Rn 6
Die unter Beachtung des in I bestimmten Verwendungsvorrangs verbleibenden überschüssigen Einkünfte aus dem Kindesvermögen dürfen gem I 1 von den Eltern für ihren eigenen Unterhalt und denjenigen der minderjährigen Geschwister des Kindes verwendet werden. Ob die Eltern von dieser Befugnis Gebrauch machen, steht in ihrem Ermessen. Deshalb handelt es sich um kein übertragbares Recht der Eltern, auf das Dritte zugreifen könnten. Auch die Geschwister haben keinen Anspruch auf Ausübung (Staud/Heilmann § 1649 Rz 25). Ob man aus der Befugnis des geschiedenen Ehegatten, seinen durch eigene Einkünfte erreichten Lebensstandard unter Zugriff auf das Kindesvermögen zu verbessern, eine Unterhaltsobliegenheit ggü dem Unterhaltsverpflichteten herleiten kann, diesen auf Kosten des Vermögens des Kindes zu entlasten, erscheint im Hinblick auf die gesetzliche Rangvorschrift des § 1609 I sehr zweifelhaft (Celle FamRZ 87, 1038).
Rn 7
Voraussetzung für die Ausübung der Verwendungsbefugnis ist, dass den Eltern die Vermögenssorge zusteht. Von einem Vermögenspfleger können sie nicht die Herausgabe der Überschusseinkünfte verlangen (BayObLG FamRZ 75, 219, 220 [BayObLG 10.01.1975 - BReg. 1 Z 76/74]).
Rn 8
Die Verwendung der Überschusseinkünfte für den eigenen Unterhalt und denjenigen der Geschwister muss der Billigkeit entspr. Dies gilt insb auch für den Umfang der Inanspruchnahme. Dabei ist wie beim Unterhalt des Kindes nach I (s.o. Rn 3) nicht der Maßstab des gesetzlichen Verwandtenunterhalts der §§ 1601 ff heranzuziehen, sondern unter Berücksichtigung de...