Rn 21
Nach der Rspr des BGH sind einem Bankangestellten, der einen disparischen Scheck mit einem Scheckbetrag von mindestens 5.000 DM hereinnimmt, die in den Kontounterlagen verfügbaren Informationen über den Arbeitgeber des Einreichers zuzurechnen (BGHZ 135, 202, 208). Bei der Entgegennahme der Zahlung des Drittschuldners einer gepfändeten Forderung durch die Bank ist dieser das Wissen sowohl der den Pfändungsvorgang bearbeitenden als auch der mit der Zahlung befassten Stelle zuzurechnen, sodass die Bank für einen Übererlös gem § 819 I verschärft haftet (Bambg ZIP 07, 571, 573). Die Bank verletzt ihre Pflichten aus einem bestehenden Beratungsvertrag, wenn sie den Anlageinteressenten nicht über aufklärungsbedürftige Umstände informiert, die einem ihrer Vorstände bekannt sind (BGHZ 173, 23 Rz 13). Die bezogene Bank verletzt ihre Pflicht zu vollständigen Auskunftserteilung, wenn sie auf Nachfrage der Inkassobank eine Schecksperre nichtmitteilt (Frankf NJW-RR 07, 1121). Das Wissen, das Mitarbeiter einer Bankfiliale bei der verantwortlichen Aushandlung einer Rahmenfinanzierung erlangt haben, begründet bei der anschließend von einer anderen Filiale derselben Bank herausgereichten Einzelfinanzierung einen zur Aufklärung verpflichtenden konkreten Wissensvorsprung der Bank (BGHZ 173, 23 Rz 12; zur filialübergreifenden Zurechnung der bei Kreditverhandlungen erlangten Kenntnisse eines Filialleiters s BGH NJW 89, 2879, 2880). Die Erklärungen des Filialleiters einer Bank anlässlich der Unterzeichnung einer Bürgschaftsurkunde gelten bei der späteren Hereinnahme von Nachfolgebürgschaften durch eine andere Filiale als dieser bekannt (BGH WM 04, 720, 722). Die Kenntnis des Vorstandsmitglieds oder eines anderen Wissensvertreters einer Bank über die Eröffnung von Insolvenzverfahren oder Sicherungsmaßnahmen im Vorfeld der Insolvenz begründen die eine Leistung mit schuldbefreiender Wirkung ausschließende Kenntnis der Bank von der Verfügungsbeschränkung iSd § 82 1 InsO (BGH WM 06, 194, 196; zur Zurechnung der Kenntnis eines Geschäftsführers einer GbR von entspr Verfügungsverboten s BGHZ 140, 54, 61 ff). Wird ein zur Regulierung eines vor Insolvenzeröffnung eingetretenen Versicherungsfalls übersandter Scheck erst nach der Eröffnungsanzeige eingelöst, muss die Versicherungsgesellschaft sich so behandeln lassen, als habe sie Kenntnis von der Insolvenzeröffnung gehabt, wenn sie nicht darlegt, dass aufgrund der von ihr geschaffenen Organisationsstruktur eine kurzfristige Kenntnisnahme der Eröffnungsanzeige möglich war (BGHZ 182, 85 Rz 17). Wenn eine Behörde von anderen Behörden desselben Landes Informationen einholt, um eine Schuld des Landes im Wege der Aufrechnung tilgen zu können, ist ihr die Kenntnis einer dieser Behörden vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners gem § 133 InsO zuzurechnen (BGHZ 190, 201 Rz 24). Eine Wissenszurechnung kraft Organisationspflicht ist auch im Verhältnis zwischen der Einkaufs- und Verkaufsabteilung (BGH NJW 96, 1205, 1206 [BGH 31.01.1996 - VIII ZR 297/94]) und den unterschiedlichen Niederlassungen (Schlesw NJW-RR 05, 1579, 1580 [OLG Schleswig 18.08.2005 - 5 U 11/05]) eines Gebrauchtwagenhändlers, nicht aber im Verhältnis zwischen dem Liegenschaftsamt und dem Bauamt einer Gemeinde möglich (BGHZ 117, 104, 106 ff). Die Grundsätze der Wissenzurechnung kraft Organisationspflicht sind auf das Verhältnis zwischen Testamentsvollstrecker und Erben nicht übertragbar (BGH NJW-RR 21, 1068 Rz 21). Gleiches gilt grds im Verhältnis zwischen Grundstücksverkäufer und Hausverwaltung (BGH NJW-RR 21, 1068 [BGH 19.03.2021 - V ZR 158/19] Rz 22) sowie zwischen dem Anbieter markenrechtsverletzender Waren und Dritten, die mit der Warenlagerung beauftragt wurden (BGH MMR 21, 481 [BGH 21.01.2021 - I ZR 20/17]). Der Zurechnung des Wissens, das jemand als Mitglied des Aufsichtsrats einer AG erlangt hat, steht dessen Verschwiegenheitsverpflichtung gem § 116 I iVm § 93 I 2 AktG entgegen (BGH WM 16, 1031 Rz 30; BKR 16, 341 Rz 29, 345 Rz 29; GWR 16, 341 Rz 28). Weitergehend zur Einschränkung der Wissenszurechnung aufgrund von Datenschutz und Geheimhaltungspflichten s Fassbender/Neuhaus WM 02, 1253, 1256; Hellmann/Thomas WM 02, 1665, 1670 ff. Zur Problematik der sog Chinese Walls s Schröter Neues Schuldrecht, aaO, 163, 179 ff.