Rn 26
Zum Umfang der Vertretungsmacht s bereits § 164 Rn 56, 58. Der Umfang der Vollmacht ist gesetzlich nur in wenigen Ausnahmefällen (zB §§ 49, 50, 54, 55, 91 HGB; 60 ff VVG; 81 ff ZPO) geregelt, sodass grds der Vollmachtgeber den Vollmachtsumfang bestimmt. Dieser kann sich auch aus AGB ergeben (BGH NJW 99, 1633, 1635f [BGH 10.02.1999 - IV ZR 324/97]).
I. Auslegungsgrundsätze.
Rn 27
Der Umfang der Vollmacht ist bei Zweifeln durch Auslegung vom Empfängerhorizont (§§ 133, 157) zu ermitteln (BGH MMR 21, 477 [BGH 21.01.2021 - I ZR 17/18] Rz 20). Bei einer Innenvollmacht richtet sich der Umfang der Vollmacht danach wie der Bevollmächtigte als Empfänger der Erklärung diese bei objektiver Würdigung aller Umstände unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen musste. Dabei können auch der Zweck der Vollmacht des zugrunde liegenden Geschäfts zu berücksichtigen sein (BGH NJW 10, 1203 [BGH 14.01.2010 - III ZR 173/09] Rz 8). Stimmen der Wille des Vollmachtgebers und des Bevollmächtigten hinsichtlich des Vollmachtsumfangs überein, kommt eine davon abw Auslegung nicht in Betracht (BGH NJW 99, 486, 487). Für die Auslegung einer externen Vollmacht oder einer nach außen kundgegebenen Innenvollmacht (§§ 171, 172) kommt es darauf an, wie der Vertragspartner das Verhalten verstehen musste (BGH NJW-RR 00, 745, 746 [BGH 23.02.2000 - XII ZR 77/98]). Umstände, die sich nicht aus der Vollmachtsurkunde selbst ergeben, haben außer Betracht zu bleiben, soweit sie dem Vertragspartner nicht bekannt waren (BGH NJW 83, 1906 [BGH 16.03.1983 - VIII ZR 346/81]). Entscheidend ist, welche Bedeutung ein objektiver Betrachter in der Situation des Vertragspartners der Bevollmächtigung beimessen durfte. Das richtet sich va nach dem erkennbaren Zweck und der verkehrsüblichen Bedeutung der Vollmacht (BeckOKBGB/Schäfer Rz 26). Bei einer Bevollmächtigung durch Erklärung an die Öffentlichkeit oder einer Vollmachtskundgabe durch öffentliche Bekanntmachung (§ 171) ist die Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Beteiligten maßgeblich, dh es ist von der objektiven und verkehrsüblichen Bedeutung der Vollmachtserklärung auszugehen (Grüneberg/Ellenberger Rz 5). Die Auslegung einer Vollmacht ist auch am Maßstab von Treu und Glauben zu messen, der va bei außergewöhnlichen Geschäften einschränkend wirkt (BGH NJW 88, 3012 [BGH 18.05.1988 - IVa ZR 59/87]). Bei verbleibenden Zweifeln ist der weniger weit reichende, eindeutig festzustellende Vollmachtsumfang anzunehmen (Köln NJW-RR 01, 652 [OLG Köln 31.03.2000 - 19 U 128/99]).
II. Typische Einzelfälle.
1. Kontovollmacht.
Rn 28
Eine Kontovollmacht berechtigt nur zur Verfügung über ein Kontoguthaben und Inanspruchnahme einer eingeräumten Kreditlinie, aber nicht zu Kreditaufnahmen und -erweiterungen in unbegrenzter Höhe (BGH MDR 53, 345, 346; Köln ZIP 01, 1709, 1710). Das gilt auch für die wechselseitige Bevollmächtigung zur Mitverpflichtung bei einem Oder-Konto und die gegenseitige Bevollmächtigung von gesamtvertretungsberechtigten Gesellschaftern zu Einzelverfügungen über ein Girokonto der Gesellschaft. In diesen Fällen verstoßen Klauseln in AGB, wonach die Kontoinhaber in unbegrenzter Höhe für Kontoüberziehungen haften, gegen die §§ 305c, 307; hierzu bedarf es vielmehr einer zur Kreditaufnahme ermächtigenden Spezialvollmacht (BGH NJW 91, 923, 924; Köln ZIP 01, 1709, 1710f). Dieselben Grundsätze werden auf die in dem Formulartext einer Girokontovollmacht ausdrücklich erteilte Kreditvollmacht angewandt (Köln ZIP 01, 1709, 1710; aA Oldbg WM 96, 997, 999). Zulässig sind aber Klauseln, wonach jedem Kontoinhaber vorübergehende Kontoüberziehungen im banküblichen Rahmen gestattet sind (Brandbg WM 07, 2150). Die Kontovollmacht umfasst das Recht, über das Girokonto mit Hilfe von Schecks zu verfügen (BGH WM 86, 901, 902). Sie gibt aber nicht die Befugnis, das Konto aufzulösen oder auf andere Weise zum Bsp durch Umwandlung des Kontos des Vertretenen in ein Konto des Vertreters in die Vertragsstellung des Vollmachtgebers einzugreifen. Das gilt auch für die transmortale Vollmacht (BGHZ 180, 191 Rz 15 f; str). Auch die Umwandlung eines Oder-Kontos in ein Und-Konto durch einen Mitkontoinhaber setzt idR eine Einigung der Bank mit allen Kontoinhaber voraus (BGHZ 180, 191 Rz 15).
2. Architektenvollmacht.
Rn 29
In der Beauftragung eines bauleitenden Architekten mit der Durchführung eines Bauvorhabens liegt im Zweifel zugleich die Erteilung einer Vollmacht, die auf üblicherweise vom Architekten für den Bauherrn getätigte Geschäfte wie die Vergabe von Bauleistungen (BGH BB 63, 111) beschränkt ist (sog originäre Vollmacht, s BGH NJW 78, 995). Das gilt nicht, wenn sich der Auftrag ausdrücklich nur auf die Einholung von Angeboten erstreckt (Köln NJW-RR 92, 915 [OLG Köln 03.04.1992 - 19 U 191/91]) oder die Vollmacht auf sonstige Weise vertraglich ausgeschlossen ist (Ddorf NJW-RR 96, 1485, 1186 [OLG Düsseldorf 28.06.1996 - 22 U 256/95]). Der Umfang einer Architektenvollmacht ist im Zweifel eng auszulegen. Die Mindestvollmacht erstreckt sich idR nur auf die Vergabe kleinerer Zusatzaufträge, Erteilung von Weisungen, Rüge v...