1. Einwendungsausschluss.
Rn 47
Die Rechtsfolge der Duldungs- und Anscheinsvollmacht besteht darin, dass sich der Vertretene auf das Fehlen der Vertretungsmacht nicht berufen kann und so behandeln lassen muss, als ob er eine echte Vollmacht erteilt bzw ein vollmachtloses Auftreten genehmigt hätte. Die Vollmacht kraft Rechtsscheins steht daher einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht gleich (BGH NJW 83, 1308, 1309 [BGH 20.01.1983 - VII ZR 32/82]). Hiergegen wird von einem Teil der Lehre für die Anscheinsvollmacht geltend gemacht, dass ein nur fahrlässig veranlasster Rechtsschein außerhalb des kaufmännischen Geschäftsverkehrs keine ausreichende Grundlage für eine rechtsgeschäftliche Bindung bilde, sondern allenfalls eine Haftung des Vertretenen auf das negative Interesse aus cic begründen könne (Staud/Schilken Rz 31, 44). Nach aA trifft den Vertretenen nur die Verpflichtung, das schwebend unwirksame Vertretergeschäft nach § 177 I zu genehmigen (Peters AcP 179, 214, 238 ff). Gegen diese Ansichten spricht, dass dem Gesetz und insb den §§ 171 f ein derart begrenztes Verständnis der Privatautonomie nicht zugrunde liegt. Auch die §§ 171 f erfassen vielmehr Fälle eines nur fahrlässig verursachten Rechtsscheins. Im Geschäftsverkehr besteht zudem ein über die Haftung auf das negative Interesse hinausgehendes Bedürfnis nach Vertrauensschutz. Die Rechtsscheinhaftung kann aber nicht weitergehen als die Haftung ginge, wenn der Schein der wirklichen Rechtslage entspräche (BGH NJW 98, 2897 [BGH 18.05.1998 - II ZR 355/95]).
2. Anfechtbarkeit.
Rn 48
Zur Anfechtbarkeit einer bereits vollzogenen Vollmacht s bereits Rn 15. Nach früher hM ist eine Rechtsscheinvollmacht nicht anfechtbar, weil sie nicht auf einem rechtsgeschäftlichen, sondern auf einem tatsächlichen Verhalten des Vertretenen beruht (BeckOKBGB/Schäfer Rz 20). Hiergegen spricht, dass eine Rechtsscheinvollmacht nicht strenger binden kann als eine schlüssige Bevollmächtigung. Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, ist daher der vordringenden Ansicht zu folgen, dass auch eine Rechtsscheinvollmacht anfechtbar ist (Bork Rz 1559). Die Rechtsscheinhaftung kann aber nicht mit der Begründung beseitigt werden, man habe sich über die Rechtsfolgen seines Verhaltens geirrt.
3. Haftung des Vertreters aus § 179.
Rn 49
Die hM lehnt eine Anwendung der §§ 177 ff ab, wenn der Vertretene den Vertrag nach den §§ 170 ff oder den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht gegen sich gelten lassen muss, weil der Vertragspartner nicht schutzwürdig sei (BGH NJW 83, 1308, 1309 [BGH 20.01.1983 - VII ZR 32/82]). Dagegen räumt ein Teil der Lehre dem Vertragspartner ein Wahlrecht zwischen den Grundsätzen der Rechtsscheinvollmacht und § 179 ein (Staud/Schilken Rz 44). Hierfür spricht, dass die Rechtsscheinvollmacht nur zu einem Einwendungsausschluss zugunsten des Vertragspartners führt, auf den dieser verzichten kann (Bork Rz 1547). IÜ verdient der Vertragspartner auch bei Vorliegen einer Rechtsscheinvollmacht Schutz vor den Risiken einer unsicheren Rechts- und Beweislage. Hinzu kommt, dass auch in den Fällen der §§ 15 I, III HGB und der gewohnheitsrechtlichen Rechtsscheinhaftung aufgrund der Publizität des Handelsregisters ein entspr Wahlrecht besteht (Neuner AT § 50 Rz 112).