Gesetzestext
(1) Die elterliche Sorge eines Elternteils ruht, wenn er geschäftsunfähig ist.
(2) 1Das Gleiche gilt, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. 2Die Personensorge für das Kind steht ihm neben dem gesetzlichen Vertreter des Kindes zu; zur Vertretung des Kindes ist er nicht berechtigt. 3Bei einer Meinungsverschiedenheit geht die Meinung des minderjährigen Elternteils vor, wenn der gesetzliche Vertreter des Kindes ein Vormund oder Pfleger ist; andernfalls gelten § 1627 Satz 2 und § 1628.
A. Allgemeines.
Rn 1
Die Vorschrift benennt die Voraussetzungen, unter denen die elterliche Sorge aus rechtlichen Gründen ruht. Zu den Wirkungen und Rechtsfolgen des Ruhens der elterlichen Sorge vgl §§ 1675, 1678.
B. Abs 1: Geschäftsunfähigkeit eines Elternteils.
Rn 2
Ist ein Elternteil gem § 104 Nr 2 geschäftsunfähig, so ruht seine elterliche Sorge. Dabei reicht eine partielle Geschäftsunfähigkeit aus, wenn sich diese ganz oder teilweise auf den Bereich der elterlichen Sorge erstreckt (Grüneberg/Götz § 1673 Rz 2; Staud/Coester § 1673 Rz 11). Nur vorübergehende Störungen der Geistestätigkeit iSd § 105 II genügen dagegen nicht. Sie stellen vielmehr ein tatsächliches Hindernis für die Ausübung der elterlichen Sorge dar, das wegen seiner kurzen Dauer zwar keine Feststellung des FamG gem § 1674 I zulässt, doch unmittelbar die Rechtsfolge des § 1678 I auslöst oder Maßnahmen des FamG gem § 1693 ermöglicht.
Rn 3
Die elterliche Sorge lebt automatisch wieder auf, wenn der Elternteil seine Geschäftsfähigkeit wiedererlangt – und zwar in vollem Umfang (vgl Karlsr FamRZ 05, 1272). Anders als bei einem tatsächlichen Hindernis bedarf es dafür keines feststellenden Beschlusses des FamG entspr § 1674 II (BayObLG Rpfleger 1968, 22).
C. Abs 2: Beschränkte Geschäftsfähigkeit eines Elternteils.
I. Minderjähriger Elternteil.
Rn 4
Nach II 1 ruht auch die elterliche Sorge eines beschränkt geschäftsfähigen Elternteils. Dabei kann es sich nur um einen minderjährigen Elternteil gem § 106 handeln. Mit Eintritt der Volljährigkeit kann dieser automatisch die elterliche Sorge in vollem Umfang ausüben (vgl Karlsr FamRZ 05, 1272). Die Anordnung einer Betreuung gem § 1896 ff ist für die Geschäftsfähigkeit ohne Bedeutung und wirkt sich deshalb auf die elterliche Sorge zumindest nicht direkt aus (vgl Bienwald FamRZ 94, 484 zu den deshalb auftretenden Problemen). Die Einrichtung einer Betreuung, mit dem Aufgabenkreis der Vertretung des Betreuten in allen dessen Kind betr Angelegenheiten, ist wegen der Höchstpersönlichkeit der elterlichen Sorge und der abschließenden Regelung ihrer Übertragbarkeit unzulässig.
II. Beschränktes Sorgerecht.
Rn 5
Jedoch steht dem minderjährigen Elternteil gem II 2 ein beschränktes Sorgerecht zu, das die Personensorge mit Ausnahme der gesetzlichen Vertretung umfasst. Zur Ausübung dieser tatsächlichen Personensorge ist der minderjährige Elternteil neben dem gesetzlichen Vertreter des Kindes (anderer Elternteil oder Vormund gem § 1678) berechtigt und verpflichtet. Diese Befugnis darf ihm auch nicht durch seine Eltern genommen werden (LG Hamburg FamRZ 81, 309).
III. Meinungsverschiedenheiten.
Rn 6
3 behandelt die Rechte des minderjährigen Elternteils bei Meinungsverschiedenheiten mit dem gesetzlichen Vertreter des Kindes. Ist dies ein Vormund oder Pfleger, so kommt der Meinung des Minderjährigen der Vorrang zu. Ist dagegen der andere Elternteil der gesetzliche Vertreter des Kindes, so folgt aus der Verweisung auf §§ 1627 S 2, 1628, dass die Meinung des Minderjährigen gleichrangig ist und dass die Eltern sich einigen und notfalls das Gericht anrufen müssen.