I.
Rn 1
Die elterliche Sorge ruht, wenn dies durch das FamG festgestellt wird. Die Feststellung hat gestaltungsähnliche Wirkung, die unabhängig von ihrer sachlichen Richtigkeit eintritt (BayObLG FamRZ 88, 867, 868). Deshalb handelt es sich um einen Fall der rechtlichen Verhinderung auf Grund richterlichen Feststellungsbeschlusses (Staud/Coester § 1674 Rz 2).
II. Voraussetzung.
Rn 2
für die Feststellung des Ruhens ist, dass der betr Elternteil die elterliche Sorge tatsächlich längere Zeit nicht ausüben kann. Entscheidend ist die Prognose für die Zukunft. Die bislang verstriche Zeit kann lediglich ein Indiz dafür sein. Ist die Ausübung voraussichtlich nur über einen kurzen Zeitraum nicht möglich, liegt eine tatsächliche Verhinderung vor, die der Feststellung des Ruhens nicht zugänglich ist, jedoch ebenfalls die Rechtsfolge des § 1678 I auslöst. Die Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge kommt aber nur in Betracht, wenn die Aussicht besteht, dass sie nach Wegfall des tatsächlichen Hindernisses wieder ausgeübt werden kann (Hamm FamRZ 96, 1029, 1030; aA Staud/Coester § 1674 Rz 8: auch bleibende Verhinderungen).
Rn 3
Die längere körperliche Abwesenheit eines oder beider Elternteile, insb bei Auslandsaufenthalt (praktisch relevant bei sog ›unbegleiteten Minderjährigen‹, die ohne Eltern nach Deutschland einreisen), führt nicht automatisch zu einem tatsächlichen Ausübungshindernis iSd § 1674 I. Vielmehr ist stets im Einzelfall zu prüfen, ob dem abwesenden Elternteil nicht ausreichende Möglichkeiten der Einflussnahme und Steuerung verblieben sind. Dies ist anzunehmen, wenn telefonisch, brieflich oder mit anderen modernen Kommunikationsmitteln Kontakt gehalten wird und auf Grund des Alters des Kindes oder der Einschaltung eines Bevollmächtigten vor Ort eine ausreichende Einwirkungsmöglichkeit besteht (Ddorf FamRZ 20, 261 bejaht bei Maßregelvollzug; vgl im umgekehrten Fall LG Duisburg DAVorm 89, 719). Der abwesende Elternteil muss entweder im Wege der Aufsicht oder durch jederzeitige Übernahme der Personen- und Vermögenssorge zur eigenverantwortlichen Ausübung in der Lage sein. Von entscheidender Bedeutung ist dabei welche andere Person mit der Ausübung seines Teils der elterlichen Sorge betraut ist (BGH FamRZ 05, 29; Saarbr FamRZ 10, 2084, 2085). Insb wenn dem anderen Elternteil durch gemeinsame Absprache die Ausübung der elterlichen Sorge überlassen wird, ist für die Feststellung des Ruhens kein Raum (BGH FamRZ 05, 29; Staud/Coester § 1674 Rz 11). Dagegen fehlt es an einer ausreichenden Einwirkungsmöglichkeit etwa bei einem albanischen Minderjährigen, der bei seinem Onkel in Deutschland wohnt, während die Eltern in Albanien leben und wegen bestehender Ausreiseschwierigkeiten für längere Zeit keine Möglichkeit haben mit dem Kind direkten Kontakt aufzunehmen und in Ausübung ihrer elterlichen Sorge auf die Erziehung und Entwicklung des Kindes Einfluss zu nehmen (LG Frankenthal Rpfleger 1994, 251). Eine theoretische Kommunikationsmöglichkeit reicht nicht aus, ebenso wenig die tatsächliche Obhut eines Dritten, der nicht zur gesetzlichen Vertretung des Kindes befugt ist (Köln FamRZ 92, 1093: Minderjähriger in Obhut des älteren Bruders).
Rn 4
Wegen fehlender Einwirkungsmöglichkeit ist auch der Elternteil, der sich noch längere Zeit in Strafhaft befindet, nicht in der Lage seine elterliche Sorge verantwortlich auszuüben (BayObLG NJW 75, 1082; Dresd FamRZ 03, 1038; Brandbg FamRZ 09, 237; 1683; 20, 2010: hier aber Entzug der Sorge notwendig; aA Frankf FamRZ 07, 753); kann im Maßregelvollzug anders sein (Ddorf FamRZ 20, 261). Das Feststellen des Ruhens bei Strafhaft ist gegenüber dem Entzug des Sorgerechts als milderes Mittel vorrangig (Dresd FamRZ 03, 1038; Saarbr FamRZ 22, 965; aA Kobl FamRZ 12, 726). Bei Untersuchungshaft gilt dies nur, wenn eine sich anschließende längere Strafhaft wahrscheinlich ist (BayObLG NJW 75, 1082 [BayObLG 23.12.1974 - BReg. 1 Z 106/73]). Dagegen ist ein Krankenhausaufenthalt wegen seiner vorübergehenden Natur und der bestehenden Einflussmöglichkeiten regelmäßig kein – zumindest aber kein über längere Zeit – bestehendes Hindernis für die Ausübung der elterlichen Sorge.
Rn 5
Ein tatsächliches Ausübungshindernis, das zur Feststellung des Ruhens der elterlichen Sorge führt, kann auch dann vorliegen, wenn ein Elternteil geistig oder psychisch behindert ist, ohne dass bereits die Schwelle der Geschäftsunfähigkeit erreicht wird. Insoweit ist § 1674 I Auffangtatbestand zu § 1673. Ein Elternteil kann auch dann an der Ausübung der elterlichen Sorge tatsächlich verhindert sein, wenn er von dem anderen – geistesgestörten – Elternteil, dessen elterliche Sorge ruht, psychisch derart abhängig und ihm in einem Maße hörig ist, dass er die elterliche Sorge tatsächlich nicht mehr in eigener Verantwortung ausüben kann (BayObLG FamRZ 81, 595); ggf ist § 1666 vorrangig (Ddorf FamRZ 20, 261).
Rn 6
Gem § 1751 I 1 ruht auch die elterliche Sorge des Elternteils, der in die Annahme zur Adoption wirksam eingewilligt hat oder dessen Einwilligung e...