I. Vorrang der Elternvereinbarung.
Rn 29
Die Eltern können die Ausgestaltung des persönlichen Umgangs grds selbst bestimmen. Das FamG darf den Umfang und die Ausübung des Umgangsrechts nur dann regeln, wenn die Eltern nicht in der Lage sind eine wirksame und erforderliche Vereinbarung darüber zu treffen (BVerfG FamRZ 95, 86, 87). Die vorrangige Zuständigkeit der Eltern für die Ausgestaltung des Umgangsrechts folgt aus dem natürlichen Elternrecht, das in Art 6 II 1 GG verankert ist. Eine von einer elterlichen Vereinbarung abweichende gerichtliche Umgangsregelung ist nur zulässig, wenn erhebliche Gründe des Kindeswohls dies erfordern (vgl Brandbg FamRZ 14, 1792). Es reicht nicht aus, dass dem Gericht eine bessere als die elterliche Regelung möglich erscheint (Köln FamRZ 82, 1237; vgl auch Staud/Rauscher § 1684 Rz 158). Die Elternvereinbarung darf nicht sittenwidrig sein. Insb ist es unzulässig die Nichtausübung des Umgangsrechts mit einer Freistellung von der Unterhaltspflicht zu koppeln (s.o. Rn 17).
Rn 30
Im Unterschied zu einer gerichtlichen Regelung kann die Umgangsvereinbarung der Eltern nicht sogleich Grundlage für Ordnungsmittel gem § 89 FamFG sein. Dazu ist vielmehr gem §§ 156 II, 86 I Nr 2 FamFG ein gerichtlich gebilligter Vergleich erforderlich (zur alten Rechtslage vgl BGH FamRZ 88, 277; Frankf FamRZ 88, 1315; Bambg 95, 428). Die Billigung setzt voraus, dass das Gericht die Vereinbarung geprüft hat und sie dem Kindeswohl zumindest nicht widerspricht. Die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ist sittenwidrig und daher nichtig (Staud/Rauscher § 1684 Rz 125).
II. Regelungsbedürfnis und -anlass.
Rn 31
Eine Umgangsregelung kann vAw oder auf formlosen Antrag eines Elternteils, eines Personensorgeberechtigten, des Kindes oder auf Anregung des Jugendamts ergehen. Liegt bereits eine gerichtliche Umgangsregelung vor, kann diese unter den Voraussetzungen des § 1696 I ebenfalls auf Antrag oder vAw geändert werden. Ein Regelungsbedürfnis besteht auch, wenn die Eltern lediglich über Einzelheiten der Ausgestaltung des Umgangs streiten oder wenn sie sich zwar einig sind, aber zur Sicherung der Vollstreckungsmöglichkeit eine gerichtliche Anordnung oder gerichtlich gebilligte Vereinbarung wollen (vgl Köln FamRZ 02, 979).
III. Regelungsgrundsätze.
Rn 32
Das FamG soll die Ausgestaltung des Umgangs konkret und umfassend regeln (vgl Hambg FamRZ 22, 360; Frankf 23, 305; Karlsr FamRZ 23, 1876: Teilentscheidung unzulässig). Dazu gehört insb die Bestimmung von Art, Ort, Zeit, Dauer, Häufigkeit, Übergabemodalitäten (Holen und Bringen des Kindes), Ferien- und Feiertagsumgang, Ausfall- und Nachholungsregeln (Brandbg FamRZ 10, 1925, 1926; Saarbr FamRZ 14, 402; Karlsr FamRZ 23, 1026 mAnm Rake) und evtl Überwachungsmaßnahmen (vgl München FamRZ 03, 55; Stuttg FamRZ 07, 1682). Umgangskontakte können nicht davon abhängig gemacht werden, dass die umgangsberechtigte Person gg das Corona-Virus geimpft ist (Nürnbg FamRZ 21, 1123). Der Umgang kann trotz Corona-Pandemie ohne Atemschutzmaske gestattet werden (AG Köln FamRZ 21, 110 bei 2-Jährigem). Das Gericht kann sich nicht darauf beschränken, das Umgangsrecht lediglich dem Grunde nach einzuräumen, auch nicht bei Umgangspflegschaft (Saarbr FamRZ 15, 1928; Frankf FamRZ 21, 1718: Teilentscheidung unzulässig). Vielmehr ist es gehalten, eine Umgangsregelung mit durchsetzbarem Inhalt zu treffen, die vollständig, vollziehbar und vollstreckbar sein muss (Frankf FamRZ 99, 617, 618; 08, 1372; 10, 740; vgl Kobl FamRZ 07, 1682; Oldbg FuR 09, 645; FamRZ 10, 44, 45; Saarbr FamRZ 10, 1922; 11, 826; 12, 646, wonach vAw auch die Umgangsverpflichtung zum Ausdruck kommen muss – zweifelhaft; FamRZ 14, 402; Köln FamRZ 11, 827; Ausnahme nach KG FamRZ 11, 122, wenn 16-Jähriger Umgang von seinen Vorstellungen abhängig machen will). Dies gilt aber nur für eine gerichtliche Entscheidung (vgl Brandbg FamRZ 09, 131, 132: Anfechtbarkeit einer gerichtlich gebilligten nicht vollstreckungsfähigen Umgangsvereinbarung). Kommt dagegen unter maßgeblicher Mitwirkung des Gerichts eine Umgangsvereinbarung zu Stande, brauchen die Einzelheiten der Ausübung des Umgangsrechts nur insoweit geregelt werden, als dies zur Beilegung des Streits der Beteiligten erforderlich ist. Die Auflage, sicherzustellen, dass das Kind während der Umgangskontakte in Gegenwart von einem im Haushalt lebenden Hund nicht unbeaufsichtigt ist, geht der Anordnung der Abwesenheit des Hundes vor (vgl Frankf FamRZ 21, 359).
Rn 33
Bei der Regelung des Umgangs ist das FamG weder an Anträge gebunden noch wird es durch diese in seinen Gestaltungsmöglichkeiten begrenzt (vgl BGHZ 51, 2). Es darf einen Antrag auch nicht einfach ablehnen, sondern muss eine konkrete abweichende Regelung treffen, notfalls den Umgang konkret einschränken oder ausschließen (BGH FamRZ 94, 158, 160; BVerfG FamRZ 05, 1815 f; Naumbg: FamRZ 09, 1417, 1418; Frankf FamRZ 16, 482; Schlesw FamRZ 18, 696; anders Kobl FamRZ 17, 1844 m abl Anm Hammer bei bereits richtiger Umgangswahrnehmung). Etwas anderes gilt aber, wenn der Umgangsberechtigte ein ›Weniger‹ nicht will (BGH FamRZ 05, 1471; Karlsr FamRZ 0...