I. Antragserfordernis.
Rn 6
Ein schriftlicher Antrag eines Elternteils ist Voraussetzung für ein Tätigwerden des Beistands ggü Dritten. Auch bei getrennt lebenden, verheirateten und gemeinsam sorgeberechtigten Eltern ist eine Vertretung des Kindes durch das Jugendamt als Beistand zur gerichtlichen Geltendmachung von Kindesunterhalt zulässig (BGH NJW 15, 232 [BGH 29.10.2014 - XII ZB 250/14]). Für einen wirksamen Antrag muss die Elternschaft feststehen. Dies ist bezüglich der Mutter stets der Fall (§ 1591), auch bereits vor der Geburt des Kindes, § 1714 S 2. Der nichteheliche Vater ist nicht berechtigt, das Jugendamt als Beistand zu beauftragen, seine Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen, da seine Vaterschaft (noch) nicht feststeht. Aufgrund der Beschränkung des Gesetzes auf die Feststellung der Vaterschaft kann auch ein anfechtender Vater für eine Vaterschaftsanfechtungsklage keine Beistandschaft beantragen.
II. Umfang der Beistandschaft.
Rn 7
Wird die Beistandschaft ohne jede Konkretisierung beantragt, betrifft sie die Bereiche der Feststellung der Vaterschaft und die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen. Hiervon erfasst wird auch die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gegen den Pflichtigen, wenn das Kind sich in entgeltlicher Pflege bei einem Dritten befindet, da die Pflegeperson selbst nicht berechtigt ist, Unterhalt ggü dem Unterhaltspflichtigen geltend zu machen. Grds wird das Jugendamt ebenso wie der Beantragende ein tatsächliches und auch rechtliches Interesse daran haben, den Auftrag zu konkretisieren und auch inhaltlich oder zeitlich zu beschränken. Da der Antrag auf einzelne der Aufgaben beschränkt werden kann, ist umstr, ob auch eine Einschränkung der gesetzlich definierten Aufgaben zulässig ist, zB also bei der Vaterschaftsfeststellung die Beschränkung auf eine Klage gegen einen bestimmten Mann (jurisPK/Schmidbauer § 1712 Rz 8). Nach heute wohl überwiegender Ansicht wird eine solche Beschränkung abgelehnt, da anderenfalls eine unzulässige Erteilung von Weisungen an das Jugendamt erfolge (DIJuF-Rechtsgutachten, JAmt 13, 316; MüKoBGB/v Sachsen Gessaphe, 8. Aufl 2020, BGB § 1712 Rz 6).
Rn 8
Die ordnungsgemäße Vertretung des Kindes iRe Unterhalts- bzw Abstammungsverfahrens durch einen Beistand ist gem § 9 Abs 5 FamFG iVm § 56 ZPO vAw oder auf Antrag zu prüfen, sodass kein Bedürfnis des Antragsgegners für die Einsichtnahme in die Beistandschaftsakten besteht (VG München Beschl v 14.2.24 – M 18 E 23.5867, juris).
Rn 9
Überwiegend wird die Rechtsansicht vertreten, dass die Beistandschaft trotz des Gesetzeswortlauts sowohl für die Geltendmachung als auch zur Verteidigung von Rechtspositionen zulässig ist (Naumbg FamRZ 06, 1223). Einigkeit besteht in der Rspr, dass eine im vereinfachten Verfahren bestehende Beistandschaft im Falle eines Unterhaltsherabsetzungsantrages nach § 255 FamFG fortbesteht (Hamm JAmt 04, 144).
Rn 10
Im gerichtlichen Verfahren haben die Verfahrenshandlungen des Beistands nach §§ 173, 234 FamFG Vorrang; der Beistand ist dort der alleinige Vertreter des Kindes, so dass eine Verfahrensführung durch den sorgeberechtigten Elternteil ausgeschlossen ist (Jena FamRZ 14, 965). Besteht eine Unterhaltsbeistandschaft des Jugendamts, so ist ein Antrag des sorgeberechtigten Elternteils auf Festsetzung des Kindesunterhalts folglich unzulässig (Brandbg FuR 17, 674).
Rn 11
Eine verständliche und sehr ausführliche Broschüre ist als Download (Die Beistandschaft) verfügbar unter www.bmfsfj.de; im Postversand kostenfrei anzufordern unter ›Publikationsversand der Bundesregierung, Postfach 481009, 18132 Rostock‹.