I. Nichtvorlage einer Vollmachtsurkunde.
Rn 3
Das Zurückweisungsrecht besteht nicht, wenn der Vertreter bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts eine Vollmachtsurkunde vorlegt hat. Insoweit gelten dieselben Anforderungen wie an die Vorlage der Vollmachtsurkunde iSd § 172 Rn 4. Ein Unterbevollmächtigter muss auch die Hauptvollmacht vorlegen (BGH NJW 13, 297 [BGH 25.10.2012 - V ZB 5/12] Rz 10).
II. Zurückweisung.
Rn 4
Die Zurückweisung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die unverzüglich, dh ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 I) ggü dem Vertreter oder dem Vertretenen zu erfolgen hat (Staud/Schilken Rz 7) und selbst nach § 174 zurückgewiesen werden kann. Die Erklärung des Bevollmächtigten muss eindeutig, also gerade wegen der fehlenden Vorlage der Vollmachtsurkunde zurückgewiesen werden (BAG ZIP 03, 1161, 1163). Eine Erklärung kann neben einer Beanstandung gem § 180 2 auch eine Zurückweisung gem § 174 enthalten, sofern aus ihr eindeutig hervorgeht, dass das Bestehen der Vollmacht bemängelt und zugleich das Rechtsgeschäft wegen der fehlenden Vorlage einer Vollmachtsurkunde zurückgewiesen werden soll (BGH NJW 13, 297 [BGH 25.10.2012 - V ZB 5/12] Rz 9). Dagegen genügt es nicht, wenn der Gekündigte nur die Kündigungsbefugnis des Kündigenden und damit das Vorliegen einer wirksamen Bevollmächtigung bestreitet, nicht aber deren Nachweis fordert (BAG NZA-RR 07, 571 [BAG 19.04.2007 - 2 AZR 180/06] Rz 38). Für die Frage, ob eine Zurückweisung unverzüglich erfolgt ist, gelten die zu § 121 entwickelten Grundsätze entspr. Die Zurückweisung muss nicht sofort erfolgen. Dem Erklärungsempfänger ist vielmehr eine gewisse Zeit zur Überlegung und Einholung eines Rates durch einen Rechtskundigen einzuräumen. Maßgeblich für die Länge der Frist sind die Umstände des Einzelfalles. Die Zurückweisung ist rechtzeitig, wenn sie nach 3 Tagen erfolgt (BAG ZIP 92, 497, 499; falls ein Wochenende dazwischenliegt BAG NZA 08, 377 Rz 47). Sie kann aber schon nach 6 (BGH WM 17, 2256 Rz 26) bis 12 Tagen (BGH NJW 01, 220, 221) verspätet sein. Dagegen ist nach aA eine Überlegungsfrist von insgesamt 2 Wochen nicht zu lang (Schäder ArbRB 07, 151, 152). Liegen Feiertage dazwischen, kann die Zurückweisung dagegen auch nach 10 Tage noch rechtzeitig sein (LAG Mecklenburg-Vorpommern NZA-RR 09. 528, 529),
III. Ausschluss des Zurückweisungsrechts gem S 2 (Inkenntnissetzung).
Rn 5
Das Zurückweisungsrecht besteht nicht, wenn der Vollmachtgeber den Erklärungsempfänger auf andere Weise über die Bevollmächtigung in Kenntnis setzt. Erforderlich hierfür ist eine bewusste und zumindest auch an den Dritten gerichtete Mitteilung der Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber (MüKo/Schubert Rz 22), die auch konkludent erfolgen kann (BAG NZA 06, 980 [BAG 12.01.2006 - 2 AZR 179/05] Rz 36). Eine zufällige Kenntniserlangung genügt den Anforderungen des 2 nicht (Staud/Schilken Rz 11). Insb soll ein Aushang am ›schwarzen Brett‹ nicht ohne Weiteres ausreichend sein (LAG Berlin DB 07, 468, 470). Weil 2 keine Nachforschungen vom Erklärungsempfänger verlangt, reicht es auch nicht, eine Vertretungsregelung ins Intranet zu stellen (BAG NZA 08, 377 Rz 50). Für eine Inkenntnissetzung iSv 2 genügt es dagegen, wenn der Vertreter eine Stellung bekleidet, mit der üblicherweise eine Vollmacht verbunden ist, die auch das konkrete Rechtsgeschäft umfasst (BGH WM 08, 2252 Rz 11). Das gilt insb für die Befugnis des Personalabteilungsleiters, Prokuristen oder Generalbevollmächtigten zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen (BAG NZA 08, 377 Rz 49; zur str Stellung eines Niederlassungsleiters s LAG Berlin DB 07, 468, 469 mwN), nicht aber für die Kündigungsvollmacht von untergeordneten Arbeitnehmern, die nur zur Vertretung des Personalabteilungsleiters berufen sind (BAG BB 98, 539, 540; NZA 97, 1343, 1345 [BAG 20.08.1997 - 2 AZR 518/96]). Nach diesen Grundsätzen kann auch der RA einem Angestellten kündigen, ohne die Vollmacht eines Scheinsozius vorzulegen (BAG NJW 97, 1867, 1868 [BAG 06.02.1997 - 2 AZR 128/96]). Das gilt dagegen nicht, wenn sich ein Insolvenzverwalters von einem Sozius vertreten lässt (BAG KTS 03, 159, 164 [BAG 18.04.2002 - 8 AZR 346/01]). Nicht ausreichend für eine Inkenntnissetzung iSv 2 ist es, wenn der Vertreter den Anstellungsvertrag mit dem gekündigten Arbeitnehmer unterzeichnet hat (BAG AP Nr 7 zu § 174, 1071). Die Zurückweisung verstößt gegen § 242, wenn der Vertreter mit der Abwicklung des Vertragsverhältnisses betraut war und die gesamte Korrespondenz geführt hat (KG BB 98, 607). Gleiches kann gelten, wenn der Vertreter innerhalb einer st Geschäftsverbindung wiederholt Handlungen für den Vertreter vorgenommen hat und der Vertragspartner diese ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde gegen sich gelten ließ (BGH WM 08, 2252 Rz 15; München NJW-RR 97, 904). Der Vorlage einer Vollmachtsurkunde bedarf es ferner nicht bei der Kündigung eines Mietvertrages durch einen Hausverwalter, der für den Vertretenen den Mietvertrag abgeschlossen hat (Frankf NJW-RR 96, 10; aA MüKo/Schubert Rz 26).