Rn 2
Grds hat niemand ein Recht auf Offenbarung von Tatsachen, die für eine Annahme grdl waren, noch der Umstände im Einzelfall. Aufgrund der Ausnahmeregelung, dass ohne Zustimmung des Annehmenden und des Kindes keinerlei Auskünfte erteilt werden dürfen, folgt, dass sich das Verbot zunächst gegen Dritte richtet, nicht also das Innenverhältnis zwischen Annehmendem und Kind betrifft.
Rn 2a
Im letztgenannten Verhältnis bestimmt der Annehmende, ob, wann und in welchem Umfang das Kind von der Tatsache und den Umständen der Adoption Kenntnis erhält. Dafür gibt es keine feste Altersgrenze; maßgeblich sind vielmehr die Persönlichkeit des Kindes und der Stand seiner Entwicklung, die Verstandesreife und das individuelle Erziehungskonzept (BGH FamRZ 15, 642 Rz 26). Ein über 16 Jahre altes angenommenes Kind hat ein rechtliches Interesse iSd §§ 62, 63 PStG auf Einsicht in die Personenstandsbücher und Erteilung von Personenstandsurkunden bezüglich seiner leiblichen Vorfahren (München FamRZ 06, 61).
Rn 3
Im Außenverhältnis erfolgt eine Offenbarung nur, wenn Annehmender und Kind zustimmen. Im Hinblick auf die leiblichen Eltern ist zu differenzieren. Waren diese am Verfahren beteiligt bzw wären sie gem § 188 Nr 2 FamFG zu beteiligen gewesen, so steht ihnen auch ein Akteneinsichtsrecht zu (Pöcker in BeckOK BGB, 60. Ed, Stand: 1.11.21, § 1758 Rz 8; für begrenztes Akteneinsichtsrecht dagegen AG Steinfurt Beschl v 9.9.22 – 10 F 251/22, juris). Anders, wenn sie zB im Fall der Volljährigenadoption mit schwachen Wirkungen nicht zu beteiligen waren, dann können sie nur bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses oder der Zustimmung von Annehmendem und Angenommenem Akteneinsicht erhalten (Hamm MDR 12, 52). Die Reichweite des Akteneinsichtsrechts leiblicher Kinder des Annehmenden ist umstritten. Tw wird es beschränkt auf ihre eigenen Stellungnahmen (Kobl FuR 20, 543), tw wird ein Einsichtsrecht in die vollständige Akte bejaht (Brandbg Beschl v 10.1.2023 – 13 WF 190/22, BeckRS 23, 624). Wird durch ein nicht am Verfahren beteiligtes Kind des Annehmenden Akteneinsicht in die Akte einer Volljährigenadoption beantragt, so obliegt dem Gericht aufgrund der Disponibilität des Geheimhaltungsinteresses jedoch eine Prüfungspflicht, ob sich Annehmender und Angenommener überhaupt auf das Offenbarungs- und Ausforschungsverbot berufen oder in die Offenbarung der Annahme ggü dem Antragsteller einwilligen (Brandbg FuR 22, 595). Großeltern eines vom Ehemann der verstorbenen Tochter adoptierten Enkels haben nach Abschluss des Adoptionsverfahrens, an dem sie nicht beteiligt worden sind, regelmäßig kein Recht auf Akteneinsicht (Ddorf FamRZ 14, 1480–1481).
Rn 4
[nicht besetzt]
Rn 5
Das Offenbarungsverbot adressiert alle Personen und Stellen, die im Adoptionsverfahren mitwirken oder sonst auf irgendeine Weise beteiligt sind, somit auch Privatpersonen (MüKoBGB/Maurer 8. Aufl 2020, § 1758 Rz 17). Eine Verletzung ist iRv § 203 StGB strafbewehrt. Das Offenbarungsverbot gilt nicht ggü Personen und Stellen, soweit diese gem § 188 FamFG am Verfahren zu beteiligen sind. So ist bspw ggü den leiblichen Eltern zu beachten, inwieweit diese in eine Inkognito-Adoption gem § 1747 II 2 eingewilligt haben, mit der Folge, dass sie am Adoptionsverfahren nicht mehr zu beteiligen sind (§ 188 I 1 Nr 1b 1 Alt FamFG).
Rn 5a
Das Ausforschungsverbot erstreckt sich auf sämtliche Ermittlungen durch Private, wie Arbeitgeber oder Vermieter, und durch öffentliche Stellen. Im Falle verbotswidrig gestellter Fragen besteht nicht nur die Möglichkeit zur Verweigerung einer Antwort, sondern auch ein Recht zur wahrheitswidrigen Beantwortung (Staud/Helms, 2019, § 1758 Rz 10; MüKoBGB/Maurer, 8. Aufl 2020, § 1758 Rz 25).