I. Verfestige Lebensgemeinschaft (Abs 1).
Rn 3
Die Norm gibt in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebenden Partnern die Möglichkeit der Annahme eines Kindes, sofern ein gemeinsamer Haushalt besteht. Zwar findet sich das Tatbestandsmerkmal einer verfestigten Lebensgemeinschaft bereits in § 1579 Nr 2, dort ist der Begriff allerdings weiter gefasst. Abweichend von der weiten Auslegung des Begriffs in § 1579 Nr 2, wonach auch Paare erfasst sein können, die keinen gemeinsamen Haushalt führen, sind solche nach dem einschlägigen Wortlaut der Norm nicht erfasst. Denn abweichend vom Unterhaltsrecht ist im Adoptionsrecht nicht das gemeinsame Wirtschaften, sondern die Übernahme gemeinsamer Verantwortung für ein Kind entscheidend. Es kommt somit auf das tatsächliche Zusammenleben und nicht etwa auf einen nur formell bestehenden gemeinsamen Wohnsitz an. Bei zwei Personen, die aufgrund beruflicher Mobilität mehrere Haushalte führen, wird das tatsächliche Zusammenleben im Einzelfall besonders zu prüfen sein. Instabile Verhältnisse sollen verhindert werden; die Lebensgemeinschaft soll vergleichbar einer Ehe verfestigt sein (BTDrs 577/19, 9, 10).
Rn 4
Die Lebensgemeinschaft muss auf Dauer angelegt sein, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulassen und sich durch innere Bindungen auszeichnen, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (BVerfG Urt 17.11.92 – 1 BvL 8/87). Dabei setzt die Verfestigung in zeitlicher Hinsicht nicht nur das Bestehen der Beziehung bereits über einen längeren Zeitraum in der Vergangenheit voraus, sondern beinhaltet mit der Erwartung, sie werde auf Dauer Bestand haben, auch ein in die Zukunft gerichtetes Stabilitätselement.
II. Regelbeispiele (Abs 2).
Rn 5
Der Systematik der §§ 1600 III 2, 1685 II 2 folgend nennt II 1 zwei Regelbeispiele, in denen von dem Vorliegen einer solchen Gemeinschaft auszugehen ist. Dies ist zum einen der Fall, wenn die Partner bereits seit mindestens 4 Jahren eheähnlich zusammenleben und einen gemeinsamen Haushalt führen (Nr 1), und zum anderen, wenn sie Eltern eines gemeinsamen Kindes sind und mit diesem eheähnlich zusammenleben (Nr 2). Diese Regelbeispiele sind kein abschließender Katalog. Im Einzelfall kann eine verfestigte Lebensgemeinschaft auch vorliegen, wenn kein Regelbeispiel vorliegt, bspw bei kürzerem Zusammenleben als 4 Jahren, aber längerer Beziehungsdauer und/oder sonstigen konkreten Anhaltspunkten für eine Gemeinschaft im oben definierten Sinne. Es muss im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, ob Anhaltspunkte für ein Abweichen vom Regelfall vorliegen (BTDrs 19/15618, 14).
Rn 6
[nicht besetzt]
Rn 7
Nach der ausdrücklichen Regelung des II 2 ist eine verfestigte Lebensgemeinschaft regelmäßig ausgeschlossen, wenn einer der Partner noch mit einer dritten Person verheiratet ist, selbst wenn er von seinem Ehegatten getrennt iSd § 1567 I lebt. Über § 21 LpartG ist diese Regelung auch für Personen anwendbar, die noch mit einem Dritten in einer Lebenspartnerschaft iSd LpartG verpartnert sind, selbst im Falle einer Trennung nach § 15 V LpartG. Lediglich in besonderen Härtefällen, in denen die Verweigerung der Annahme aufgrund des nur noch formal bestehenden Ehebandes iRe Gesamtabwägung im Hinblick auf das Kindeswohl als unvertretbar zu werten ist, kann trotzdem eine Adoption erfolgen (Naumbg NJW 21, 2742).
III. Annahme des Kindes allein (Abs 3).
Rn 8
Da der Annehmende in den Fällen, in denen abw von der Regel des II 2 eine verfestigte Lebenspartnerschaft trotz bestehender Ehe mit einem Dritten vorliegt, sowohl Partner dieser verfestigten Lebensgemeinschaft als auch formal noch Ehegatte ist, stellt III 1 klar, dass er abw von dem Grundsatz, dass Eheleute nur gemeinsam adoptieren dürfen (§ 1741 II 2), das Kind seines nichtehelichen Partners nur allein annehmen kann.
Rn 9
Die Einwilligung des Ehegatten in die Adoption ist nach III 2 erforderlich, weil seine Rechte durch die Annahme eines Kindes durch seinen Ehegatten berührt werden, insb im Hinblick auf seine unterhaltsrechtliche wie auch erbrechtliche Stellung. Die evtl unberechtigt verweigerte Zustimmung des Dritten kann aufgrund des Verweises in III 2 auf § 1749 I 2 und 3 durch das FamG ersetzt werden. Ist der Dritte, mit dem der Annehmende (noch) verheiratet ist, dauerhaft zur Abgabe einer Willenserklärung außerstande oder unbekannten Aufenthaltes, so ist seine Einwilligung aufgrund des Verweises in III 2 auf § 1749 II nicht erforderlich.