Rn 13
Der Vertreter hat für den wegen fehlender Vertretungsmacht nicht wirksam zustande gekommenen Vertrag einzustehen. Ist ein Teil des Rechtsgeschäfts von der Vertretungsmacht gedeckt und ist dieser Teil nach § 139 wirksam, erstreckt sich die Haftung nur auf den anderen von der Vertretungsmacht nicht gedeckten Teil (BGHZ 103, 275, 278). Dasselbe gilt wenn der Vertretene das Rechtsgeschäft analog § 139 nur teilw genehmigt (s § 177 Rn 7; BGH NJW 88, 1378 [BGH 24.02.1988 - VIII ZR 145/87]).
I. Wahlrecht des Vertragspartners (Abs 1).
1. Kenntnis des Vertreters und Rechtsnatur des Wahlrechts.
Rn 14
Aus II ergibt sich, dass der Vertreter nur dann auf das positive Interesse nach I haftet, wenn er den Mangel der Vertretungsmacht gekannt hat. Nach Maßgabe des § 166 II muss er sich die Kenntnis des Vertretenen zurechnen lassen (Köln NJW-RR 90, 760). Weil II dispositiv ist, kann der Vertreter durch eine Individualvereinbarung, nicht aber durch AGB (§ 309 Nr 11 lit b) auch eine von seinem Kenntnisstand unabhängige Garantiehaftung übernehmen (Erman/Maier-Reimer/Finkenauer Rz 17). Bei der in I eröffneten Alternative handelt es sich nach hM um ein Wahlschuldverhältnis iSd §§ 262 ff (Staud/Schilken Rz 13; aA für elektive Konkurrenz Grüneberg/Ellenberger Rz 5). Der Vertragspartner ist an die einmal getroffene Wahl gebunden (MüKo/Schubert Rz 35). Das Wahlrecht beschränkt sich gem § 265 von Anfang an auf Schadensersatz, wenn die Erfüllung durch den Vertreter unmöglich ist (Saarbr NJW-RR 09, 1488, 1490; BeckOKBGB/Schäfer Rz 19). Das gilt insb bei einem Vertrag über eine höchstpersönliche Leistung und einem dinglichen Rechtsgeschäft (Neuner AT § 51 Rz 24).
2. Erfüllung.
Rn 15
Wählt der Vertragspartner Erfüllung, wird der Vertreter zwar nicht selbst Vertragspartei (BGH NJW 71, 429, 430 [BGH 20.11.1970 - IV ZR 1188/68]), zwischen ihm und dem Vertragspartner wird aber ein gesetzliches Schuldverhältnis begründet, dessen Inhalt durch das Vertretergeschäft bestimmt wird (Neuner AT § 51 Rz 23). Der vollmachtlose Vertreter hat dem anderen Teil das zu gewähren, was dieser bei Wirksamkeit des Vertrages von dem Vertretenen fordern könnte (BGH NJW 04, 744 [BVerfG 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01]). Dem Vertragspartner stehen gegen den Vertreter daher alle Primär- und Sekundäransprüche aus diesem Vertrag zu. Die für den Erfüllungsanspruch bestellten Sicherheiten haften dem Dritten jedoch nicht (MüKo/Schubert Rz 39). Auch eine Schiedsklausel gilt nicht (BGH NJW 77, 1397). Der Vertreter wird zwar nicht selbst Vertragspartei, wird aber im Hinblick auf den Erfüllungsanspruch dieser gleichgestellt (BGH NJW 70, 240, 241 [BGH 14.11.1969 - V ZR 97/66]; Neuner AT § 51 Rz 25). Er kann daher Gegenrechte insb aus den §§ 320, 323 ff (BGH NJW 01, 3184 [BGH 26.04.2001 - VII ZR 222/99]) sowie alle Einreden und Einwendungen geltend machen, die dem Vertretenen zugestanden hätten, wenn dieser den Vertrag genehmigt hätte. Insb kann er ein verbraucherschützendes Widerrufsrecht etwa nach § 355 ausüben (BGH NJW-RR 91, 1074, 1075), den Vertrag anfechten (BGH NJW 02, 1867, 1868), sich auf die frühestens mit dem Entstehen des Anspruchs aus § 179 beginnende Verjährung (BGHZ 73, 266, 269 f: BGH NJW 04, 477) oder eine tarifliche Ausschlussfrist (BAG NJW 07, 1378, 16f) berufen und Gewährleistungsansprüche geltend machen (Köln NJW-RR 90, 760). Erbringt der Vertreter die von dem Vertretenen geschuldete Leistung, kann er auch die Gegenleistung verlangen (vgl MüKo/Schubert Rz 38).
3. Schadensersatz.
Rn 16
Wählt der Vertragspartner Schadensersatz, ist er so zu stellen, wie er stünde, wenn das Rechtsgeschäft für den Vertretenen wirksam geworden und gehörig erfüllt worden wäre (Bork Rz 1628). Der Vertreter schuldet jedoch nicht Naturalrestitution iSd §§ 249 ff, da dies der Erfüllung gleichkäme. Er hat vielmehr das Interesse des Vertragspartners in Geld zu ersetzen. Bei einem gegenseitigen Vertrag besteht der Schaden nach der gemischten Differenztheorie idR in der Differenz zwischen dem Wert der Leistung, die der Vertragspartner hätte fordern können, und dem Wert der von ihm ersparten Gegenleistung (Neuner AT § 51 Rz 27). Der Schaden ist nach allg Grundsätzen abstrakt oder konkret zu berechnen (MüKo/Schubert Rz 44). Der Vertreter hat dem Vertragspartner auch die Kosten für einen Vorprozess gegen den Vertretenen zu ersetzen (Ddorf NJW 92, 1176, 1177 [OLG Düsseldorf 29.11.1991 - 22 U 149/91]).
II. Beschränkung auf das negative Interesse (Abs 2).
Rn 17
Kannte der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht, haftet er dennoch auf das negative Interesse. Auf ein Verschulden des Vertreters kommt es nicht an (BGHZ 105, 283, 285). Unerheblich ist auch, ob der Mangel der Vertretungsmacht für ihn erkennbar war (s Rn 12). Der Vertragspartner ist so zu stellen, wie er stünde, wenn er mit dem Vertreter nie in Kontakt getreten wäre und das fragliche Geschäft nicht vorgenommen hätte (Bork Rz 1631). Die Haftung ist jedoch durch das Erfüllungsinteresse begrenzt. Wie im Falle des I umfasst auch die Haftung nach II die Kosten für einen Vorprozess gegen den Vertretenen (BeckOKBGB/Schäfer Rz 23). In der Insolvenz des Vollmachtgebers (§ 168 Rn 10) trifft den Vertreter bei unverschuldeter ...