Gesetzestext
(1) Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert.
(2) Hat der Vertreter den Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt, so ist er nur zum Ersatz desjenigen Schadens verpflichtet, welchen der andere Teil dadurch erleidet, dass er auf die Vertretungsmacht vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Teil an der Wirksamkeit des Vertrags hat.
(3) 1Der Vertreter haftet nicht, wenn der andere Teil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste. 2Der Vertreter haftet auch dann nicht, wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war, es sei denn, dass er mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat.
A. Normzweck und Anwendungsbereich.
Rn 1
§ 179 knüpft an § 177 an und normiert für den Fall, dass der Vertretene die Genehmigung des Vertretergeschäfts verweigert, eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht (BGH NJW 21, 1242 [BGH 19.11.2020 - I ZR 110/19] Rz 65: ›gesetzliche Garantenhaftung‹), die einen Ausgleich für das enttäuschte Vertrauen des Vertragspartners über den Bestand der Vollmacht gewähren soll und deshalb gerechtfertigt ist, weil der Vertreter dem Risiko eines Mangels der Vertretungsmacht näher steht als der Vertragspartner (vgl BGH NJW 00, 1407 [BGH 02.02.2000 - VIII ZR 12/99]; Bork Rz 1619). Die Haftung aus § 179 wird durch die Sondervorschriften der §§ 54 Abs 2; 41 I 2 AktG; 11 II GmbHG (BeckOKBGB/Schäfer Rz 18) verdrängt. Die weitergehende Vorschrift in Art 8 1 WG schließt II, nicht aber III aus (BGH WM 72, 904, 906). § 179 ist analog anzuwenden, wenn die Genehmigung des Vertrages daran scheitert, dass der Vertretene nicht voll geschäftsfähig ist und der Vertreter das dem Vertragspartner verschwiegen hat (Staud/Schilken Rz 21). Das Gleiche gilt, wenn der Vertreter einen Vertrag namens einer nicht, noch nicht oder nicht mehr existierenden Person oder einer noch zu benennenden, später aber nicht benannten Person abschließt (BGH NZG 13, 672 Rz 1; ZIP 12, 2362 Rz 34). Ein solcher Fall liegt auch vor, wenn der Handelnde im Namen einer unselbstständigen Einheit eines Rechtsträgers auftritt (BGH NZG 13, 672 [BGH 05.02.2013 - VIII ZR 276/12] Rz 2). Nach diesen Grundsätzen haften auch Betriebsratsmitglieder, die als Vertreter des Betriebsrats mit einem Beratungsunternehmen eine Beratung vereinbaren, die zur Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrates gem § 111 BetrVG nicht erforderlich ist (BGH ZIP 12, 2362 Rz 35f). Zur Rechtsscheinhaftung des Handelnden analog § 179 bei unternehmensbezogenen Geschäften s § 164 Rn 35.
B. Reguläre Haftungsvoraussetzungen.
I. Vertretung ohne Vertretungsmacht.
Rn 2
S § 177 Rn 2 ff.
II. Verweigerung der Genehmigung.
Rn 3
Der Vertreter ohne Vertretungsmacht haftet erst, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrages verweigert hat und dieser dadurch endgültig unwirksam wurde. Unerheblich ist, ob die Verweigerung der Genehmigung durch Erklärung des Vertretenen erfolgt oder nach § 177 II fingiert wird.
III. Kein Haftungsausschluss gem Abs 3.
1. Kenntnis oder Kennenmüssen des Vertragspartners (S 1).
Rn 4
Die Haftung des Vertreters ohne Vertretungsmacht entfällt, wenn der Vertragspartner bei der Vornahme des Vertretergeschäfts den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 122 II). Grob fahrlässige Unkenntnis des Mangels der Vertretungsmacht kommt nur in Betracht, wenn der Vertragsgegner beim Vertragsschluss entweder tatsächlich Zweifel an dem Bestand der Vertretungsmacht hatte oder es jedenfalls erkennbare Anhaltspunkte für eine fehlende Vertretungsmacht gab (BGH NJW 21, 1242 [BGH 19.11.2020 - I ZR 110/19] Rz 67; NJW-RR 05, 268 [BGH 09.11.2004 - X ZR 101/03]). Ohne besondere Veranlassung besteht nach der gesetzlichen Risikoverteilung keine allg Nachforschungs- und Erkundigungspflicht des Vertragspartners über den Bestand und den Umfang der Vollmacht (BGH NJW 01, 2626, 2627). Handelt der Vertreter für einen noch nicht existierenden Rechtsträger, genügt die Kenntnis des Vertragspartners vom Fehlen der Vertretungsmacht; nicht erforderlich für den Haftungsausschluss ist die Kenntnis bzw das Kennenmüssen von der fehlenden Existenz des vertretenen Rechtsträgers. Dem Vertreter ist die Berufung auf III nur dann versagt, wenn der andere Teil aufgrund besonderer Umstände auf das Wirksamwerden des Vertrages vertrauen durfte (BGHZ 178, 307 Rz 10 ff), wie das etwa bei der Haftung des Gründers einer noch nicht entstandenen KG (BGHZ 63, 45) oder dem Tätigwerden des Treuhänders für eine noch nicht gebildete Bauherrengemeinschaft der Fall sein kann (BGHZ 105, 283, 286f). IÜ gelten die gleichen Grundsätze wie zu § 173.
2. Beschränkte Geschäftsfähigkeit des Vertreters (S 2).
Rn 5
War der Vertreter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, steht das der Wirksamkeit des Vertretergeschäfts zwar nicht entgegen (§ 165). Aus § 179 haftet der vollmachtlose Vertreter in diesen Fällen aber nur, wenn er mit Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hat. Auf die Zustimmung sind die §§ 182 ff entspr anwendbar (MüKo/Schubert Rz 59). Eine Haftung des geschäftsunfähigen...