I. Wirksame Bestellung.
Rn 4
Der Vormund muss wirksam bestellt worden sein (Staud/Veit § 1833 aF Rz 20–23).
II. Pflichtverletzung.
Rn 5
Der Vormund muss eine Pflichtverletzung begangen haben, sei es durch Verstoß gegen das allgemeine Gebot, die Vormundschaft treu und gewissenhaft zu führen, sei es durch Zuwiderhandlung gegen eine gesetzlich angeordnete Verpflichtung (auch solche aus Sollvorschriften oder gegen eine konkrete AnO des FamG). Bei der Amtsvormundschaft kann eine unzureichende Personalausstattung des Jugendamtes zu einer Haftung der Trägerkörperschaft wegen Organisationsmangels führen (Soergel/Zimmermann § 1833 aF Rz 4 mwN; vgl nunmehr auch die Fallzahlbeschränkung § 55 II 4 SGB VIII bei der Führung von Vormund-/Pflegschaften pro Fachkraft). Als Pflichtverletzungen kommen zB in Betracht (vgl auch weitere Beispiele bei Staud/Veit § 1833 aF Rz 24 ff): a) Vernachlässigung des regelmäßigen persönlichen Kontakts zwischen Vormund und Mündel (s §§ 1790 III, 1788 Nr 3, 1802 II). b) Bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen zB ein zu niedriger Antrag (Odersky FamRZ 72, 621, 622); die Unterlassung, bei titulierten Forderungen rechtzeitig die Zwangsvollstreckung zu betreiben (KG DAV 75, 439); Nichtberücksichtigung des Währungsverfalls bei Abfindungen (BGH NJW 57, 138 [BGH 24.10.1956 - IV ZR 103/56]). Unterlassene Bemühung des Amtsvormunds, die Passbehörde an der Erteilung eines Passes an einen Unterhaltspflichtigen zu hindern, der sich ins Ausland absetzen will (Nürnbg FamRZ 65, 454). c) Bei der Geltendmachung und Sicherung anderer Ansprüche zB das Führen aussichtsloser Prozesse (Hambg NJW 60, 1207 [OLG Hamburg 14.12.1959 - 8 U 36/59]; Soergel/Zimmermann § 1833 aF mwN); die prüfungslose Hinnahme von Wertgutachten (BGH FamRZ 83, 1220), unterlassene oder verspätete Geltendmachung von Renten oder Sozialhilfeansprüchen des Mündels (Schlesw FamRZ 97, 1427; BGH FamRZ 11, 1144); unterlassene Anmeldung zur Krankenversicherung (Brandbg FamRZ 08, 916; Hamm FamRZ 10, 754; Nürnb NJW 13, 836); Verstreichenlassen von Erwerbs- oder Gewinnmöglichkeiten des Mündels (BGH FamRZ 05, 358; Kobl NJW-RR 04, 1375; Zweibr BtPRax 04, 246), unterlassene Haftpflichtversicherung bei erhöhtem Haftungsrisiko des Mündels (BGH FamRZ 80, 874); nicht bestimmungsgemäße Verwendung von Geldern aus dem Vermögen des Mündels. Soweit der Vormund nach der Art der Geschäfte einzelne Aufgaben delegieren darf, haftet er für die Auswahl und die Überwachung der Hilfspersonen (LG Waldshut-Tiengen FamRZ 08, 916). Eine Genehmigung der Handlungen des Vormunds durch das FamG schließt eine Haftung grds nicht aus, andererseits darf er sich jedoch idR auf Rechtsauskünfte des Gerichts verlassen (BGH FamRZ 83, 1220).
III. Schaden.
Rn 6
Dem Mündel muss durch die Pflichtverletzung ein Schaden entstanden sein. Es gelten die §§ 249 ff. Schädigt das Mündel aufgrund einer Pflichtverletzung des Vormunds einen Dritten, so steht ihm ein Freistellungsanspruch gegen den Vormund zu. Ein Mitverschulden des Mündels führt zur Kürzung des Ersatzanspruchs (§ 254).
IV. Verschulden.
Rn 7
Die Pflichtverletzung muss schuldhaft erfolgt sein, wobei grds auch für Fahrlässigkeit (§ 276 I) gehaftet wird. Dies gilt auch für den Amtsvormund (Nürnbg FamRZ 65, 454). Bei den Sorgfaltsanforderungen wird aber auch der konkrete Lebenskreis von Vormund und Mündel berücksichtigt (Schlesw FamRZ 97, 1427; BGH FamRZ 03, 1924). Unsicherheit oder das Gefühl der Überforderung, etwa bei der Vermögenssorge oder im Bereich der Prozessführung, wirken idR nicht schuldentlastend, sondern begründen lediglich die Pflicht, sich bei Kundigen fachlichen Rat einzuholen (LG Köln FamRZ 06, 1874). Hat der Vormund das Mündel auf längere Zeit in seinem Haushalt aufgenommen, so haftet er wie die Eltern nur für eigenübliche Sorgfalt (§§ 1792 II, 1664).
V. Mehrere Verantwortliche.
Rn 8
Mehrere Verantwortliche (zB Vormund oder Ehegatten als Mitvormünder oder Pfleger neben dem Vormund), haften dem Mündel gem §§ 421 ff als Gesamtschuldner (I 3 iVm § 1826 II). Für die Haftung des Vormundschaftsrichters und Rechtspflegers gelten § 839 iVm Art 34 GG. Vgl auch § 841.
VI. Beweislast.
Rn 9
Gem I 2 trägt der Mündel die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen mit Ausnahme des Verschuldens des Vormunds. Dies entspricht der Beweislastumkehr nach § 280 I 2 (BTDrs 19/24445, 207).