I. Persönlicher Anwendungsbereich.
Rn 2
Dem Verbot des § 181 unterliegen neben dem rechtsgeschäftlichen auch der gesetzliche (BGHZ 50, 8, 10f) und der organschaftliche (BGHZ 56, 97, 101) Vertreter. Auf die Verwalter fremden Vermögens (s § 164 Rn 14) und den WEG-Verwalter (vor der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft KG NJW-RR 04, 1161, 1162 [KG Berlin 03.02.2004 - 1 W 244/03]; str) ist § 181 zumindest entspr anzuwenden.
II. Gegenständlicher Anwendungsbereich.
Rn 3
Das Verbot des § 181 gilt für das gesamte Privatrecht unter Einschluss des Gesellschaftsrechts, soweit nicht abschließende Sondervorschriften wie die Stimmrechtsverbote in den §§ 34, 450, 451; 47 IV GmbHG; 136 I AktG; 43 III GenG; 25 IV WEG eingreifen. § 181 findet zwar auf Prozesshandlungen keine unmittelbare Anwendung (BGHZ 41, 104, 107). Im Prozessrecht gilt aber der aus dem Parteiengegensatz folgende allg Grundsatz, dass niemand Partei in einem Prozess gegen sich selbst sein kann oder beide Prozessparteien zugleich vertreten kann (BGH NZM 21, 303 [BGH 27.11.2020 - V ZR 67/20] Rz 10; NJW 08, 69 [BGH 02.07.2007 - II ZR 111/05] Rz 57; 96, 658). Dieser Grundsatz findet auch in FGG-Streitsachen, nicht aber bei nicht streitigen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wie Registersachen Anwendung (BayObLG Rpfleger 70, 288; Staud/Schilken Rz 28).
III. Der Tatbestand eines Insichgeschäfts.
1. Rechtsgeschäft.
Rn 4
Das Verbot des § 181 erfasst sämtliche Verträge und ist auch auf einseitige empfangsbedürftige Rechtsgeschäfte wie die Kündigung, den Rücktritt, den Widerruf, die Bevollmächtigung und die Gestattung zum Selbstkontrahieren (BGH WM 91, 1753, 1754 [BGH 17.06.1991 - II ZR 261/89]) sowie auf rechtsgeschäftsähnliche Handlungen wie die Mahnung, die Androhung oder die Fristsetzung (BeckOKBGB/Schäfer Rz 6), nicht aber auf streng einseitige (nicht empfangsbedürftige) Rechtsgeschäfte (BeckOKBGB/Schäfer Rz 9) und reine Realakte (BGH NJW 76, 49 [BGH 18.09.1975 - II ZB 6/74]) anwendbar. Auch auf eine grundbuchrechtliche Messungsanerkennung (Identitätsfeststellung) findet § 181 keine Anwendung (MDR 15, 1413 [BGH 01.10.2015 - V ZB 181/14] Rz 9).
2. Vertreterhandeln auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts.
Rn 5
Der Tatbestand eines Insichgeschäfts setzt voraus, dass der Vertreter auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts aufgetreten ist (Bork Rz 1587). § 181 findet auch auf den vollmachtlosen Vertreter Anwendung (ByObLG Rpfleger 88, 61; Schmitt WM 09, 1784, 1788).
a) Verträge.
Rn 6
Bei Verträgen liegt die erforderliche Personenidentität vor, wenn der Vertreter mit sich selbst in eigenem Namen (Selbstkontrahieren) oder mit sich in fremdem Namen eines Dritten (Mehrvertretung) kontrahiert. Ein Fall des Selbstkontrahierens ist auch dann gegeben, wenn der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH, der einen Anstellungsvertrag mit der KG abgeschlossen hat, mit sich selbst eine Gehaltserhöhung vereinbart (BGH WM 14, 1290 Rz 14). Die für § 181 erforderliche Personenidentität fehlt dagegen, wenn die Vertragspartner durch verschiedene Personen vertreten werden, von denen keine selbst Vertragspartei ist (BGHZ 91, 334, 335). Für die Anwendung des § 181 genügt es, wenn der Vertreter auf einer Seite als einer von mehreren Gesamtvertreter aufgetreten ist (BGH NJW 92, 618). Ein Insichgeschäft ist dagegen ausgeschlossen, wenn Gesamtvertreter einen von ihnen ermächtigen oder bevollmächtigen, das Rechtsgeschäft als Alleinvertreter mit dem anderen Gesamtvertreter abzuschließen (BGHZ 64, 72, 75 f; zur analogen Anwendung des § 181s Rn 10). Das Gleiche gilt, wenn der Vertreter einen Vertrag zugleich in eigenem und fremdem Namen abschließt und dabei auf derselben Seite eines Vertrages steht (BGHZ 50, 8, 10).
b) Einseitige Rechtsgeschäfte.
Rn 7
Bei einseitigen empfangsbedürftigen Rechtsgeschäften und rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen ist der Tatbestand des § 181 erfüllt, wenn der Erklärende und der Erklärungsempfänger identisch sind (BGHZ 94, 132, 137). Hieran fehlt es, wenn der Vertreter die Erklärung insb in den Fällen der §§ 182 I, 1064, 1255 I nicht sich selbst, sondern wahlweise dem Vertragspartner ggü abgibt. Zur analogen Anwendung des § 181 in diesen Fällen s Rn 10.
c) Gesellschafterbeschlüsse.
Rn 8
Im Gesellschaftsrecht findet § 181 nicht nur auf den Gesellschaftsvertrag (Staud/Schilken Rz 22) und auf Rechtsgeschäfte zwischen der Gesellschaft und einzelnen Gesellschaftern Anwendung, sondern grds auch auf Grundlagenbeschlüsse wie eine Änderung des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung (BGH NJW 76, 1538, 1539), die Bestellung des Vertreters zum Organ (BGHZ 112, 339, 341 ff), dessen Aufnahme in die Gesellschaft (Staud/Schilken Rz 22) und die Auflösung der Gesellschaft (BeckOKBGB/Schäfer Rz 13; aA BGHZ 52, 316, 318f) sowie die Bestellung eines Vorstandsmitglieds als Gesellschafter der Tochtergesellschaft (BGH NJW 23, 1350 = ZIP 23, 744). Dagegen ist die Anwendung des § 181 ausgeschlossen bei Beschlüssen, die iRd Gesellschaftsvertrages über Maßnahmen der Geschäftsführung und sonstige gemeinsame Angelegenheiten gefasst werden und bei denen die gemeinsame Verfolgung des im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zwecks im Vordergrund steht (BGHZ 112, 339, 341). Die früher hA, nach der § 181 auf Beschlüsse zur Willensbil...