Rn 2
Als Patientenverfügung (I) werden schriftliche Willensbekundungen eines einwilligungsfähigen Volljährigen mit Entscheidungen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe für den Fall der späteren Einwilligungsunfähigkeit bezeichnet (BTDrs 16/8442). Der in einer Patientenverfügung zum Ausdruck kommende Patientenwille ist bindend, wenn der Verfasser Festlegungen gerade für diejenige Lebens- u Behandlungssituation getroffen hat, die nun zu entscheiden ist (BGH FamRZ 16, 1671; 17, 748; 19, 236; 19, 307; 23, 1059), der Wille nicht auf ein Verhalten gerichtet ist, das einem Verbot unterliegt (etwa die aktive Sterbehilfe) oder zur einer Gefahr für Dritte führen würde (LG Osnabrück FamRZ 20, 1125), der Wille in der Behandlungssituation noch aktuell ist und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Patientenverfügung durch äußeren Druck oder aufgrund eines Irrtums zustande gekommen ist (BGH FamRZ 14, 1909; 17, 748; 19, 1810). Die erforderliche Konkretisierung einer Patientenverfügung kann sich im Einzelfall bei einer weniger detaillierten Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen auch durch die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituation ergeben (BGH FamRZ 17, 748; 19 236; 19, 307). Zu den haftungsrechtlichen Folgen lebenserhaltender Maßnahmen in einer Akutsituation trotz Vorliegens einer Patientenverfügung: KG FamRZ 23, 1064. Die Patientenverfügung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (I 1). Weitere formelle Voraussetzungen, wie etwa eine verbindliche ärztliche Beratung vor Abfassung der Patientenverfügung, die Angabe von Zeit u Ort der Abfassung oder eine regelmäßige Aktualisierung sieht § 1827 nicht vor (BTDrs 16/8442; 16/13314). Nach II 1 ist der Betreuer an Behandlungswünsche des Betreuten gebunden (BGH FamRZ 19, 236; 19, 307). Dies gilt auch für den mutmaßlichen Behandlungswillen in den Fällen, in denen ein konkreter situationsbezogener Patientenwille feststellbar ist (BGH FamRZ 17, 748), der etwa wegen fehlender Schriftform (I 1) keine unmittelbare Bindungswirkung ggü dem Arzt entfaltet (BTDrs 16/8442; vgl zum Abbruch lebenserhaltender Behandlung auf Grundlage des mutmaßlichen Patientenwillens: BGH NJW 10, 2963 [BGH 25.06.2010 - 2 StR 454/09]). Nach III ist die Patientenverfügung auch unabhängig von Art der Krankheit und vom Krankheitsstadium verbindlich (BTDrs 16/8442; vgl auch BGH NJW 05, 2385 [BGH 08.06.2005 - XII ZR 177/03]). Nach V 1 ist zum Schutz der Patientenverfügungsfreiheit jeder Zwang zur Abfassung einer Patientenverfügung unzulässig. Darüber hinaus gilt ein Kopplungsverbot (V 2), dh, die Errichtung oder Vorlage einer Patientenverfügung darf nicht zur Bedingung eines Vertragsschlusses (§ 158) gemacht werden (BTDrs 16/8442). Für Bevollmächtigte (V) gelten die I–IV entspr (LG Oldenburg FamRZ 10, 1470).