Rn 3
Die Norm nennt in I fünf Voraussetzungen für die Einwilligung in die Sterilisation einer nicht einwilligungsfähigen Person, die kumulativ vorliegen müssen: Nr 1 Verbot der Zwangssterilisation: Die Sterilisation muss dem natürlichen Willen des Betreuten entsprechen (I 1 Nr 1). Dabei reicht jede durch Gestik, Gefühlsäußerungen oÄ zum Ausdruck gebrachte Ablehnung des Eingriffs im Zeitpunkt der Vornahme der Sterilisation (EGMR NJW 17, 2173), auf Geschäfts- oder Einsichtsfähigkeit kommt es dagegen nicht an (MüKo/Schwab § 1905 aF Rz 17). Unerheblich sind auch Interessen der Allgemeinheit oder Dritter (Soergel/Zimmermann § 1905 aF Rz 8). Die Sterilisation von Volljährigen, die nicht in der Lage sind, einen natürlichen Willen zu bilden oder zu äußern, ist somit verboten. Nr 2 Einwilligungsunfähigkeit: Der Betroffene muss dauernd einwilligungsunfähig sein, nur vorübergehende Einwilligungsunfähigkeit genügt nicht (Hamm BtPrax 00, 168, 169). Nr 3 Gefahr einer Schwangerschaft: Es muss aufgrund konkreter Umstände anzunehmen sein, dass es ohne die Sterilisation zu einer Schwangerschaft kommen wird. Sterilisation wegen der abstrakten Möglichkeit des Geschlechtsverkehrs mit ungewollten Folgen genügt nicht (Hamm BtPrax 00, 168; LG Flensburg FamRZ 20, 542). Bloße Erfahrungswerte, dass es bei Personen einer bestimmten Altersgruppe wegen ihrer sexuellen Aktivität vermehrt zu Schwangerschaften kommen kann (BayObLG NJW 02, 149) oder dass die Unterbringung von Betreuten in gemischten Wohngruppen ein erhöhtes Schwangerschaftsrisiko zur Folge haben kann (BayObLG BtPrax 97, 158), genügen nicht. Die Vorschrift gilt für Personen beiderlei Geschlechts (Schwangerschaft einer unter Betreuung stehenden Frau oder bei der Partnerin eines unter Betreuung stehenden Mannes, s Staud/Bienwald § 1905 aF Rz 39). Nr 4 Gefahr für Leben oder Gesundheit: Aus der konkret zu erwartenden Schwangerschaft muss eine Gefahr für das Leben oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung des körperlichen und seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren zu erwarten sein. Die Gefahr kann körperliche oder psychische Ursachen haben. In Betracht kommen zB Herz-Kreislaufschäden bei der Frau, die bereits die Geburt selbst zu einer Gefahr machen, aber auch die Veranlagung zu schweren Depressionen, die sich nach der Geburt verstärken und bis hin zur Selbstmordgefahr führen können (Soergel/Zimmerman § 1905 aF Rz 25–27). Nr 5 Verhinderung der Schwangerschaft: Darüber hinaus dürfen die Gefahren nicht auf zumutbare Weise (etwa durch medikamentöse Behandlung einer Depression oder den Einsatz empfängnisverhütender Mittel) abgewendet werden können. Ein Schwangerschaftsabbruch kommt dabei nicht als zumutbare Alternative in Betracht (MüKo/Schwab § 1905 aF Rz 26; BayObLG BtPrax 01, 204).