Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Gesetzestext
(1) 1Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen. 2Treffen mit Großeltern Abkömmlinge von Großeltern zusammen, so erhält der Ehegatte auch von der anderen Hälfte den Anteil, der nach § 1926 den Abkömmlingen zufallen würde.
(2) Sind weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.
(3) Die Vorschrift des § 1371 bleibt unberührt.
(4) Bestand beim Erbfall Gütertrennung und sind als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen, so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen; § 1924 Abs. 3 gilt auch in diesem Falle.
A. Allgemeines.
Rn 1
Der überlebende Ehegatte ist neben den Verwandten gesetzlicher Erbe und besitzt ein eigenes Erbrecht, ohne in eine bestehende Ordnung einbezogen zu sein. Die Höhe der Beteiligung am Nachlass bestimmt sich nach dem Güterstand (Lange/Kuchinke § 12 I 1).
Rn 2
Das Erbrecht des Ehegatten soll seine wirtschaftliche Existenz entspr dem Lebenszuschnitt der Eheleute während der Ehezeit sichern (MüKo/Leipold § 1931 Rz 1). Im Fall der Enterbung verbleibt ihm über das Pflichtteilsrecht eine Mindestbeteiligung am Nachlass in Gestalt des Voraus.
Rn 3
Nach § 10 LPartG ist auch der eingetragene Lebenspartner erbberechtigt; dagegen besitzt der Partner einer nichtehelichen (verfestigten) Lebensgemeinschaft kein gesetzliches Erbrecht (Frankf NJW 82, 1885 [LG Frankfurt am Main 19.04.1982 - 2/24 S 297/81]), und zwar auch nicht nach jahrelangen Pflegeleistungen (Berlin FamRZ 79, 503). Eine gesetzliche Regelung (anders als für die Adoption in § 1766a) wurde bislang nicht getroffen und wäre auch im Hinblick auf Art 6 GG problematisch.
B. Voraussetzungen des Ehegattenerbrechts.
I. Bestehende Ehe.
Rn 4
Das Ehegattenerbrecht setzt eine bestehende, wirksame Ehe voraus. Daran fehlt es, wenn die Ehe nicht wirksam geschlossen, aufgehoben oder geschieden wurde.
1. Nichtehe.
Rn 5
Fehlt es an einer wirksamen Eheschließung und kann der Mangel auch nicht nach § 1310 III geheilt werden (vgl § 1310 Rn 6), liegt eine Nichtehe vor. Bei einer Doppelehe hinterlässt der Erblasser zwei Ehegatten, wenn weder die Aufhebung der zweiten Ehe erfolgte noch der Aufhebungsantrag vor dem Erbfall gestellt wurde (MüKo/Leipold § 1931 Rz 11). Beide sind gesetzliche Erben und erhalten den Ehegattenerbteil gemeinsam (KG OLGZ 77, 386).
2. Aufhebung der Ehe.
Rn 6
Die Ehe kann nach § 1313 unter den Voraussetzungen des § 1314 durch ein Beschl aufgehoben werden (§ 1314 Rn 6 ff).
II. Überleben.
Rn 7
Der Ehegatte ist nur dann gesetzlicher Erbe, wenn er den Erbfall des Erblassers erlebt. Sterben die Ehegatten gleichzeitig oder wird dies nach § 11 VerschG (§ 1922 Rn 3) vermutet, entsteht kein Ehegattenerbrecht und kein Zugewinnanspruch (BGH NJW 78, 1855 [BGH 28.06.1978 - IV ZR 47/77]). Derjenige, der sich auf das Überleben eines Ehegatten beruft, trägt hierfür die Beweislast (Staud/Kunzr § 1931 Rz 15).
III. Allgemeine Ausschlussgründe.
Rn 8
Eine Erbberechtigung des überlebenden Ehegatten entfällt, wenn er enterbt wurde, auf sein Erbrecht verzichtet hat oder für erbunwürdig erklärt wurde.
C. Ausschluss des Ehegattenerbrechts.
Rn 9
Durch die Aufhebung der Ehe mit dem Erblasser geht das gesetzliche Erbrecht einschl des Pflichtteilsrechts und das Recht auf den Voraus unter (Abele/Klinger NJW-Spezial 05, 157), weil das Bestehen der Ehe gesetzl Voraussetzung der §§ 1931, 2303, 1932 ist.
Rn 10
Die Ehe kann nur durch einen rechtskräftigen Aufhebungsbeschluss aufgrund eines Antrags eines dazu Berechtigten nach § 1316 mit Wirkung ex nunc aufgelöst werden. Der überlebende Ehegatte behält, auch bei einer aufhebbaren Ehe, sein gesetzliches Erbrecht, wenn der Antrag bis zum Eintritt des Erbfalls nicht gestellt wurde.
Rn 11
Wusste der Ehegatte bereits bei Eheschließung, dass seine Ehe wegen Geschäftsunfähigkeit, Doppelehe, Verwandtschaft, Formverstoß oder Geistesstörung aufgehoben werden kann, ist das gesetzliche Ehegattenerbrecht nach § 1318 V versagt, da er nicht besser gestellt sein soll, als er stünde, wenn noch zu Lebzeiten des Erblassers der Aufhebungsantrag gestellt worden wäre (Grüneberg/Weidlich § 1931 Rz 3).
D. Höhe des Ehegattenerbteils.
Rn 12
Der Erbanteil des Ehegatten beträgt bei bestehender Ehe mindestens ein Viertel. Die genaue Höhe ist nicht nur abhängig von der Nähe konkurrierender Verwandter des Erblassers, sondern auch vom Güterstand der Ehegatten zum Zeitpunkt des Todes (Celle FamRZ 03, 560; für Erbfälle in der früheren DDR Naumbg NotBZ 23, 119).
I. Verhältnis zu den Verwandten.
Rn 13
Neben Verwandten der ersten Ordnung erbt der Ehegatte ¼, I 1. Dieses Viertel erhöht sich im gesetzlichen Güterstand auf ½.
Rn 14
Neben Verwandten der zweiten Ordnung erbt der Ehegatte die Hälfte des Nachlasses. Bei bestehender Zugewinngemeinschaft erhöht sich der gesetzliche Erbteil um ¼ auf ¾. Dies gilt auch dann, wenn beide Eltern des Erblassers bereits verstorben sind und nur ein Elternteil Abkömmlinge als Erben 2. Ordnung hinterlässt (BGH NJW 03, 1796 [BGH 05.02.2003 - XII ZR 29/00]), da ein Eintrittsrecht des Ehe...