Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Rn 5
Der Erblasser muss vor dem Tod die Ehescheidung bzw -aufhebung beantragt haben, dh der Scheidungsantrag muss dem anderen Ehegatten vor dem Tod des Erblassers zugestellt sein (§§ 113 I 2, 124 FamFG, §§ 253, 261 I ZPO; BGHZ 111, 329).
Rn 6
Unschädlich ist auch, wenn ein örtlich unzuständiges FamG angerufen wurde, weil der Wille zur Beendigung der Ehe auch in diesem Fall hinreichend zum Ausdruck gekommen ist (Staud/Werner § 1933 Rz 5).
Rn 7
Die gleichen Rechtswirkungen treten ein, wenn der überlebende Ehegatte den Antrag gestellt und der Erblasser der beabsichtigten Beendigung der Ehe zugestimmt hat. Die Zustimmung ist Prozesshandlung und muss im Verfahren durch einen Anwalt des Antragsgegners (Köln NJW 13, 2831) oder durch ihn selbst (kein Anwaltszwang) erklärt werden, indem er sie zu Protokoll der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts erklärt (BayObLG FamRZ 96, 66; zu den erforderlichen Angaben vgl Rn 12). Die Zustimmung im Rahmen einer Scheidungsvereinbarung genügt dagegen nicht. Die Zustimmungserklärung kann auch iRd Verfahrenskostenhilfeverfahrens vor Rechtshängigkeit eines Scheidungsantrags erklärt werden; sie wird aber erst mit der Zustellung des Scheidungsantrags beim anderen Ehegatten wirksam (Zweibr NJW 95, 601 [OLG Zweibrücken 25.11.1994 - 3 W 165/94]). Die Abgabe der Erklärung im Schriftsatz des bevollmächtigten Anwalts genügt den formalen Anordnungen (Frankf NJW-RR 90, 136 [OLG Hamm 14.09.1989 - 3 UF 13/89]). Nicht erforderlich ist, dass der Ausdruck ›Zustimmung‹ verwendet wird (Köln ZEV 03, 326); diese kann vielmehr durch Auslegung der abgegebenen Erklärung festzustellen sein (Saarbr FamRZ 92, 109).
Rn 8
Das Nichtbetreiben einer Ehescheidungsklage über einen längeren Zeitraum kann wie eine Klagerücknahme aufzufassen sein (zB 10 Jahre: Hamm FGPrax 21, 86), auch wenn keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr besteht und das Verhalten als endgültige Aufgabe des Scheidungswillens zu werten ist (anders Köln FamRZ 12, 1755).
Rn 9
In Bezug auf die Rechtshängigkeit gelten die allgemeinen prozessualen Regeln, wobei aber eine analoge Anwendung des § 167 ZPO ausscheidet, dh eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Einreichung des Ehescheidungsantrags bei Gericht kommt nicht in Betracht (BayObLG FamRZ 90, 666; BGHZ 111, 329). Infolgedessen genügt es für den Ausschluss des Ehegattenerbrechts nicht, wenn die Zustellung des Ehescheidungsantrags des überlebenden Ehegatten ›alsbald‹ nach dem Tod des Erblassers erfolgt, weil es bei der aufgrund der Zustellung des Ehescheidungsantrags eintretenden Rechtshängigkeit weder um eine Fristwahrung zur Erhaltung eines Rechts noch um die Verjährungsunterbrechung geht (BayObLG NJW-RR 90, 517), der Scheidungsantrag muss mithin zugestellt sein (Köln FamRZ 12, 1755).
Rn 10
Mit der Rücknahme des Ehescheidungsantrags oder der rechtskräftigen Antragszurückweisung entfallen die Rechtswirkungen des § 1933 (BGH FamRZ 74, 649 f; Naumb NJW-RR 15, 1100). Dies gilt nicht, wenn die Rücknahme nach dem Erbfall erfolgt (Naumb NJW-RR 15, 1100 [OLG Naumburg 30.03.2015 - 2 Wx 55/14]) oder im Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch kein rechtskräftiges Urt vorliegt, weil der Erblasser zB ein Rechtsmittel eingelegt hat; dies gilt auch, wenn der Erblasser nur aufgrund seines Ablebens kein Rechtsmittel mehr einlegen konnte (str vgl FA-KommErbR/Scholz/Löhnig § 1933 Rz 5).