Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Rn 5
Erblasserschulden (Nachlassverbindlichkeiten) sind solche Verbindlichkeiten, die der Erblasser noch zu Lebzeiten begründet hat, die vererblich sind (§ 1922 Rz 14 ff). Dabei ist es unerheblich, ob sie auf vertraglicher, außervertraglicher oder gesetzlicher (zivilrechtlicher oder öffentlichrechtlicher) Grundlage beruhen und wann die Folgen eintreten (Rz 2). Ob zu den Erblasserschulden auch Unterhaltsansprüche gehören, hängt im Einzelfall von dem konkreten Unterhaltsanspruch ab (Celle NJW 23, 1895; ausf Krüger/Tellenkamp, ErbR 12, 34). Öffentlichrechtliche Ansprüche können sich aus den Polizei- und Ordnungsgesetzen (vgl Joachim/Lange ZEV 11, 53), aber auch aus Kommunalabgabengesetzen (VG Halle ZEV 11, 92 [BVerwG 04.10.2010 - BVerwG 3 B 17.10]) ergeben.
Rn 6
Zu den Erblasserschulden gehören insb: Betreuerkosten einschl der Betreuervergütung (München FamRZ 06, 508); Steuerschulden (BFH BB 93, 717; die bis zum Todestag des Erblassers entstandene Einkommenssteuer, FG Ddorf ErbR 11, 30, auch wenn sie erst später festgesetzt wird, BFH NJW 12, 3677); Bürgschaftsforderung (BGH WM 76, 808; eine in der Person des Erblassers begründete Bürgschaftsverpflichtung ggü der Bank ist nachlassmindernd zu berücksichtigen, wenn wegen der Überschuldung der Gesellschaft ernsthaft mit der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft zu rechnen ist, FG Münster ErbR 11, 255); Prozesskosten (NK-BGB/Krug § 1967 Rz 61; § 1922 Rn 54); Unterhaltspflichten ggü dem geschiedenen Ehegatten (§ 1586b Rn 1 ff); Versorgungsausgleichsansprüche (Krüger/Tellenkamp ErbR 12, 34); Zugewinnausgleichsforderung nach § 1371 (BFH FamRZ 08, 2109); Abgabe einer Willenserklärung und Auskunftserteilung (BGH NJW 88, 2729; vgl § 1922 Rn 37); vertragliche Rückübertragungspflichten auf den Todesfall (Ddorf ZEV 16, 382); Eintragungsbewilligung des Erblassers (BGHZ 48, 351); Verpflichtung des Erben zur Rückzahlung überzahlten Ruhegehalts eines Beamten (BVerwG MDR 71, 748); Schulden wegen unzulässiger Entnahmen aus Gesellschaftsvermögen (BGH LM § 115 HGB Nr 3) und Wohngeldschulden (jedoch nicht der Fiskus BGH NJW 19, 988), wenn die Eigentumswohnung der Befriedigung der Nachlassgläubiger zugeführt wird (BGH NZM 13, 735 auch Eigenschulden des Erben, wenn er die Wohnung weiter nutzen konnte; BayObLG FamRZ 00, 909) auch wenn diese Schulden erst nach dem Tod durch die Gemeinschaft festgestellt (beschlossen) werden (vgl BGH NJW 12, 316 [BGH 04.11.2011 - V ZR 82/11] bei Testamentsvollstreckung). Erblasserschulden liegen auch in Bezug auf die als Einzelforderungen im Kontokorrent durch Saldoanerkenntnis erloschenen Verbindlichkeiten des Erblassers vor (BGH WM 64, 881). Mietforderungen, die nach dem Tod des Erblassers entstanden sind, sind zunächst Erblasserschulden, wenn das Mietverhältnis nach § 564 gekündigt wurde (BGH NJW 13, 933 [BGH 23.01.2013 - VIII ZR 68/12]; für Wohngeld vgl Herzog NZM 13, 175). Setzt der Erbe das Mietverhältnis fort, sind auch die danach entstehenden Forderungen ebenfalls Erblasserschulden (BGH ZEV 20, 29 [BGH 25.09.2019 - VIII ZR 138/18]).
Rn 7
Für Regressansprüche der Staatskasse wegen der von ihr bezahlten Betreuerkosten haftet der Erbe mit dem Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls abzgl des dem Erben zustehenden Schonbetrages (LG Koblenz, FamRZ 09, 1710). Dies gilt auch bei der Festsetzung unmittelbar gegen den Erben (Frankf NJW 04, 373).
Rn 8
Aus einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft selbst erwachsen grds keine Erblasserschulden (BFH NJW 89, 1696 [BFH 15.06.1988 - II R 165/85]), sofern die Partner keine derartigen Ansprüche, wie zB Unterhalts- oder Versorgungsansprüche vertraglich vereinbart haben. Etwas anderes gilt dort, wo Ansprüche auf gesellschaftsvertraglicher oder bereicherungsrechtlicher Ebene zu bejahen sind (vgl etwa BGH NJW 11, 2880 [BGH 06.07.2011 - XII ZR 190/08]).